Nachhaltigkeit Der Nachhaltigkeits-Rechner

Lebensmittelhandel und -hersteller stellen hohe Summen bereit für Nachhaltigkeits-Projekte in den Bereichen Ökologie und Soziales. Was bringen die Maßnahmen den Unternehmen jedoch an ökonomischen Vorteilen? Die LP fragte nach.

Freitag, 19. September 2014 - Management
Bettina Röttig
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Am 19. August diesen Jahres war es wieder soweit: Die Welt beging den Earth Overshoot Day. Ein klangvoller Name für eine ernüchternde Tatsache, denn ab diesem Zeitpunkt verbrauchen wir bereits mehr Ressourcen als die Erde für das Gesamtjahr produzieren kann. Alarmierend ist das Datum vor allem im Zeitvergleich, denn der Stichtag fällt jedes Jahr auf einen früheren Termin, noch im Jahr 2000 war der sogenannte Welterschöpfungstag für Anfang November berechnet.

Die Nachricht beweist einmal mehr die Dringlichkeit wirtschaftlichen Handelns. Besonders gefragt ist dabei aus Sicht der Verbraucher die Ernährungswirtschaft. Und diese hat in den vergangenen Jahren reagiert. Im Fokus der Kommunikation rund um das Thema Nachhaltigkeit stehen jedoch stets soziale und ökologische Projekte. Doch wie steht es um die dritte Säule des Nachhaltigkeits-Modells – die Ökonomie? Ist Nachhaltigkeit bereits Wirtschaftsfaktor?

Welchen Einfluss Nachhaltigkeits-Kommunikation auf Unternehmen bzw. auf deren Stakeholder hat, zeigt eine Umfrage von Grayling Pulse unter Kommunikationsexperten aus dem März 2013. Mehr als 30 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass CSR-Aktivitäten Einfluss auf die Reputation des Unternehmens haben, deutlich weniger gehen davon aus, dass diese der Mitarbeiter- und Stakeholder- (18 bzw. 15 Prozent) sowie der Kundenbeziehung (14 Prozent) zugute kommt, während die wenigsten (6 Prozent) von einem Effekt auf den Umsatz des Unternehmens ausgehen.

Die LP hat nach dem Kosten-Nutzen-Faktor nachhaltigen Wirtschaftens in der Branche gefragt. Erwartungsgemäß geben sich viele Unternehmen auf Anfragen nach harten Fakten hin sehr bedeckt. Doch einige Projekte zeigen, wie es um das grüne Konto bestellt ist.

Effizientere Technik, nachhaltige Pilotmärkte oder Produkte schlagen in Lebensmittel-Einzelhandel sowie bei Herstellern auf der Kostenseite zu Buche. Hinzu kommen Investitionen in soziale Projekte, Kommunikationsmaßnahmen und viele weitere Bereiche. Wie tief greifen die einzelnen Unternehmen in die Tasche, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen? Welcher Nutzen lässt sich monetär, welcher ideell benennen? Und ab wann zahlt sich Nachhaltigkeits-Engagement für ein Unternehmen aus?

„Ich bin davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit das Potenzial hat, zu einem Wirtschaftsfaktor zu werden“, erklärt Dr. Daniela Büchel, Leiterin Corporate Responsibility, Corporate Marketing und Public Affairs der Rewe Group. Nachhaltigkeits-Engagement sei eine Investition in die Zukunft. „Natürlich verfolgen wir als Handels- und Touristikunternehmen klare wirtschaftliche Ziele. Diese erreichen und langfristig wachsen können wir aber nur, wenn wir Ressourcen schonen, mit Mitarbeitern ebenso wie mit Partnern fair und vertrauensvoll umgehen und einen Beitrag für die Gesellschaft leisten“, so Büchel. Einen Strich können die Kölner nicht unter ihre vielfältigen Nachhaltigkeits-Posten ziehen, interne Messungen zeigten jedoch, dass sich das Nachhaltigkeitsimage der Gruppe sukzessive verbessere, u. a. auch durch Nominierungen für öffentlichkeitswirksame Auszeichnungen. Messbar ist auch der Erfolg des Sortiments unter dem Pro-Planet-Label. Mittlerweile tragen mehr 500 Produkte das Label und erzielten damit einen Umsatzanteil im hohen einstelligen Prozentbereich, heißt es aus Köln.

Bei der Edeka Südwest lassen sich weder Investitionen in das grüne Maßnahmenpaket noch dessen Nutzen konkret beziffern, sagt Christhard Deutscher, Leiter der Unternehmenskommunikation der Regionalgesellschaft. Die Investitionen würden auf Großhandels-Ebene und in den Märkten getätigt und beträfen z. B. Projekte wie die Zertifizierung zum Audit Beruf und Familie, Entwicklungskosten für neue Produkte der Regionalmarke „Unsere Heimat – echt & gut“ und energetische Sanierungen von Märkten. Zwar lasse sich der ökologische Nutzen bei Projekten im Bereich Umwelt und Energie anhand von Einsparungen im Energiebereich ablesen – an CO2-Einsparungen oder am Einsatz alternativer Energien als Ersatz für fossile Brennstoffe – andere, zum Beispiel ökonomische oder soziale Dimensionen, ließen sich dagegen jedoch weitaus schwieriger messen. „Unser Engagement wird von unseren Kunden honoriert und wir sehen darin einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil für Edeka Südwest“, betont Deutscher dennoch.

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Jan Niewodniczanski, Bitburger Braugruppe
Bild öffnen „Der ökologische Nutzen lässt sich z. B. anhand von Energie- und CO2-Einsparungen ablesen, die soziale Dimension lässt sich schwieriger messen.“
Christhard Deutscher, Edeka Südwest
Bild öffnen „Verringert man z. B. den CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotte, lässt sich schwer ermitteln, ob ein Kunde aufgrund dessen bewusst mehr bei Tegut einkauft.“
Reiner Rausch, Tegut