Licht Tageslicht: Großes Plus mit kleinen Schattenseiten

Natürliches Licht wird im Lebensmittelhandel nicht nur aus Energiespargründen gern eingesetzt. Unkontrollierte Strahlung kann allerdings problematisch für manche Warengruppen sein.

Mittwoch, 10. Juli 2013 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Tageslicht: Großes Plus mit kleinen Schattenseiten
Bildquelle: Moskopp

Lebensmittelhändler setzen in Deutschland inzwischen häufig auf Tageslichtfronten, wenn sie einen neuen Markt bauen. Das hat viele Vorteile. Zum einen können auf diese Weise Energiekosten in erheblichem Maße eingespart werden. Zum anderen lassen sich die Abverkaufszahlen in diesen Bereichen deutlich steigern, wie diverse Studien aus den USA belegen (für Deutschland hat das EHI dies noch nicht untersucht). Dass die Kunden mehr in den Einkaufswagen legen, mag daran liegen, dass sie sich in einem solchen Umfeld besonders wohl fühlen. „Natürliches Licht ist immer noch die schönste Lichtquelle“, räumt selbst Jan Oberfranc vom Beleuchtungsunternehmen Bäro ein.

Doch Tageslichteinfall hat auch seine Tücken für das Lichtkonzept des Marktes. „Es ist unberechenbar in Bezug auf Nutzungsdauer und Intensität“, sagt Oberfranc. „Wo Tageslicht ist, ist es sehr hell, das kann Kunstlicht nicht auffangen“, erklärt Ralph Kensmann, Geschäftsführer des Lichtplanungsbüros Start-Design und Moderator der Arbeitsgruppe LED am Europäischen Handelsinstitut (EHI) in Köln. Das Auge müsse sich erst adaptieren. Deshalb sei es auch nicht sinnvoll, der natürlichen Helligkeit durch übertrieben erhöhte Beleuchtungsstärken entgegenwirken zu wollen. „Vereinfacht ausgedrückt, muss der Lichtplaner das Tageslicht sogar erst einmal ignorieren, da das Lichtkonzept auch in der dunklen Tageszeit funktionieren muss“, sagt Oberfranc. Nötig sei eine tageslichtabhängige Lichtsteuerung, um automatisch auf die Veränderung der Sonnenlichteinstrahlung reagieren zu können. „Dafür braucht es Lichttechniken wie LED, die eine Dimmung und Steuerung zulassen“, führt er aus.

Ein Nachteil von Tageslicht ist laut Kensmann, dass es aus einer Richtung kommt und Wärme sowie UV-Strahlung die Ware verfärben oder beschädigen können. Dies sei besonders problematisch, wenn die Fenster in der Decke angebracht seien, weil der Lichteinfall je nach Sonnenstand wechselt. Für einen Aldi-Markt in Rastatt hat Start-Design, spezialisiert auf die Qualitätssicherung der Lebensmittel durch Kunst- und Tageslicht, eine Lösung gefunden, die mit dem Deutschen Lichtdesign-Preis 2012 ausgezeichnet wurde. „Die Lamellen im Scheibenzwischenglas stehen so, dass die direkte Sonnenstrahlung zurückreflektiert wird, das diffuse Tageslicht aber durchgeht“, erläutert Kensmann. So sei die Ware vor Beschädigungen sicher.

Ist der Tageslichteinfall unkontrolliert, halten unempfindliche Warengruppen wie Konservendosen laut Oberfranc am ehesten längere Sonnenbestrahlung aus. Schneller Schaden nehmen können nach Aussage von Kensmann nicht nur Süßwaren, Weine und Spirituosen, Frischeartikel wie Fleisch, Wurst, Käse und Fisch sowie Molkereiprodukte, sondern auch Obst und Gemüse. Auch Kosmetika, Babynahrung und Marmeladen sind besser im Kunstlicht aufgehoben.

Allerdings hat auch künstliche Beleuchtung einen Einfluss auf Lebensmittel. „LED haben in diesem Zusammenhang den Vorteil, dass sie keine UV- und Infrarot-Strahlung abgeben und daher eine deutlich geringere Gefahr der Warenschädigung besteht“, sagt Oberfranc. Doch je nach Strahlungsintensität können Leuchtdioden genauso wie alle anderen Leuchtenarten auch zu Verfärbungen bei Lebensmitteln, zum Beispiel zur Vergrauung von Fleisch- und Wurstwaren, oder bei verpackten Waren zu Kondensation führen, gibt Kensmann zu bedenken. „Die Kombination aus Licht und Sauerstoff kann erheblichen Qualitätsverlust bedeuten“, sagt er. Er empfiehlt, auf den Abstrahlungswinkel zu achten, in dem das Licht auf die Verpackung trifft. Die richtige Beleuchtung allein helfe am Ende jedoch wenig. Bei im Lebensmittel-Einzelhandel verbreiteten transparenten Kunststoffverpackungen hänge es letztlich außer von der Qualität des Produkts selbst zusätzlich stark von der Qualität der verwendeten Oberflächenfolie ab, wie stark die chemische Reaktion, die sogenannte Photooxidation, ausfalle, wenn das Licht auf die Verpackung trifft.

Bild: Tageslicht zu integrieren, wird im LEH immer beliebter. Ein Beispiel ist der Frida-Markt in der Tolkewitzer Straße in Dresden.