Lebensmittel-Forum Logistik Kosten runter

Eine speziell auf die Food-Branche ausgerichtete Fachtagung vermittelte aktuelles Know-how und praxiserprobte Strategien rund um das Thema Nachhaltigkeit und Effizienz in der Lebensmittel-Logistik.

Donnerstag, 15. Dezember 2011 - Management
Udo Mett
Artikelbild Kosten runter
Michael Sternbeck
Bildquelle: iStockphoto

Mehr als 50 Experten aus der Konsumgüterindustrie, aus dem Einzelhandel und aus der Logistik-Branche zählte die Teilnehmerliste des 5. Lebensmittel-Forums Logistik, einer Gemeinschaftsveranstaltung der Deutschen Logistik-Zeitung (DVZ) und der Lebensmittel Praxis im vergangenen Monat in Düsseldorf. Im Mittelpunkt der Fachreferate standen Strategien zur Effizienzsteigerung, zur Qualitätssicherung und zur Nachhaltigkeit.

Michael Sternbeck vom Lehrstuhl für Supply Chain Management & Operations an der Katholischen Universität Eichstätt Ingolstadt lieferte einen wissenschaftlichen Beitrag zur Verbesserung der Logistikprozesse im Lebensmittel-Einzelhandel. Dazu präsentierte er die Ergebnisse einer aktuellen Studie, aus der sich konkrete Ansätze für die Optimierung der Lebensmittel-Logistik ergeben, wie z. B. die Anpassung der Versandgebindeeinheiten, die Festlegung optimaler Filial-Belieferungsmuster und Liefer-Zeitfenster oder die Ladenlayout-orientierte Bestückung von Paletten und Rollcontainer.

Wie dies in der Praxis aussehen kann, erläuterte Customer Logistics Director bei Mars Deutschland Romald Heuvelmans . Zentraler Bestandteil der „Mars-Agenda 2017“ ist die Entwicklung von Kooperationsstrategien in der Logistik mit dem klaren Ziel, gemeinsam mit anderen Konsumgüterherstellern, Handelsunternehmen und Logistik-Dienstleistern Kostensenkungspotenziale zu erschließen. Denn, so Heuvelmans Überzeugung, bei isolierter Vorgehensweise seien in der Industrie bzw. im Handel nur relativ geringe Kostensenkungen möglich. Durch Kooperation hingegen ließen sich in der Logistik Kostenvorteile von mindestens 25 Prozent erzielen, woran Industrie und Handel jeweils zur Hälfte partizipieren könnten. Heuvelmans: „Das Geld liegt auf dem Boden, man muss es nur aufsaugen.“ Auf der Liste der Kooperationen mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten, aber immer mit dem Ziel der Kostensenkung und Qualitätssicherung, stehen bei Mars alle Größen des deutschen Einzelhandels, wie die Metro, Edeka, Rewe und Kaiser’s Tengelmann.

Einem internationalen Kooperationsansatz folgt die multi-modale Transport Sharing Initiative in der Konsumgüterindustrie, die Dr. Christoph Windheuser  von Capgemini Deutschland vorstellte. Bei der Initiative steht die Einsparung von Energie und damit die Reduzierung von CO2-Emissionen im Mittelpunkt. Erreicht werden soll dies im Kern durch die Bündelung von Transporten und die Nutzung von Wasser- und Schienenwegen. Erste Versuchstransporte von Großbritannien, Frankreich, Belgien und Deutschland in Richtung Osteuropa erbrachten eine Absenkung der CO2-Emissionen um bis zu 46 Prozent, gleichzeitig wurden die Ladekapazitäten der Lkw besser ausgenutzt (um 2 bis 4 t je Lkw). Im Rahmen der Anfang kommenden Jahres startenden Pilotphase wird ein neutraler Partner (ILO – Independent Logistics Optimiser) eingesetzt, der die internationalen Transporte nach wettbewerbsrechtlichen Kriterien in Zusammenarbeit mit der Industrie und Logistik-Dienstleistern koordiniert. Für Ende 2012 ist die Ausweitung der Transport-Initiative auf den Massenbetrieb geplant.

Besondere logistische Anforderungen werden an den Transport von Frische-Produkten mit kurzen Mindesthaltbarkeitsfristen gestellt. Über die technologischen Trends speziell bei Kühl-Sattelaufliegern, vor allem im Hinblick auf Effizienz und Qualitätssicherung, informierte Frank Nordhoff  vom Fahrzeugwerk Bernard Krone. In seinem Vortrag wurde die hohe technische Komplexität sichtbar, die mit der Entwicklung, dem Bau und der Ausstattung moderner Kühl-Auflieger verbunden ist. Im Kern geht es darum, beim Anhängerbau durch den Einsatz neuer Werkstoffe und Verfahren Gewicht einzusparen, die Aerodynamik und Isolation zu verbessern, die Kühlluftführung zu optimieren und die Laderaumkapazitäten effektiver zu nutzen. Zum Einsatz kommen darüber hinaus LED-Technik für die Beleuchtung, Solar- und Rekuperationstechnik für die Gewinnung bzw. Rückgewinnung von Energie sowie Telematik-Systeme für die Fahrstreckenoptimierung.

Die EHEC-Krise vom Sommer 2011 und der Dioxin-Skandal Anfang des Jahres zeigten einmal mehr die hohe Bedeutung einer lückenlosen Kontrolle der gesamten Lieferkette. Der Einsatz moderner Informationstechnologie auf breiter Ebene kann zur Sicherheit von Lebensmitteln einen wichtigen Beitrag leisten, wie Dr. Christian Plenge, Head of Architecture, QA & Innovation, von der Metro Systems, am Beispiel der Metro Group deutlich machte. Im Rahmen ihrer Future Store-Initiative testet die Metro Auto-ID-Systeme wie die RFID-Technologie im Hinblick auf die schnelle und zuverlässige Rückverfolgbarkeit von Ware. Zur eindeutigen, artikelgenauen Kennzeichnung könnte die SGTIN (Serialised Global Trade Item Number) als weltweiter Identifikationsstandard einen wesentlichen Beitrag leisten. Sie ist allerdings global betrachtet noch wenig verbreitet. Plenge erklärt dies unter anderem damit, dass regulatorische Vorgaben für die Lebensmittelsicherheit nicht auf Anwendungsmöglichkeiten der Auto-ID Technologien abgestimmt sind. Zudem existiere bisher aufgrund der Komplexität und Mehrstufigkeit der Lebensmittelkette kein allgemein gültiger Anwendungsrahmen für die Erhöhung der Lebensmittelsicherheit durch Auto-ID. „Flächendeckend verwendet wären SGTIN ein Quantensprung für die Leben smittelsicherheit“, gab sich Plenge überzeugt.

Rückverfolgbarkeit, Lebensmittelsicherheit und Qualitätssicherung entlang der Lebensmittel-Lieferkette ist Ziel des QS-Prüfsystems für Lebensmittel. Dr. Annette Förschler, Projektmanagerin bei der QS GmbH in Bonn, beschrieb Konzept und Verbreitung des QS-Prüfzeichens und erläuterte die besonderen Herausforderungen, denen sich ihr Institut im Zuge der EHEC-Krise stellen musste. QS führte Sonder-Audits durch und nahm Proben von Produkten, Oberflächen und Wasser. Aufgrund der Erfahrungen mit der EHEC-Krise wurden schließlich auch die QS-Richtlinien ergänzt und angepasst. Künftig wird es einen für Logistik-Dienstleister verbindlichen speziellen QS-Leitfaden Transport geben. In Verdachtsfällen oder bei Gefahr in Verzug kann QS bei den QS-zertifizierten Logistik-Dienstleistern ein Sonder-Audit durchführen und hat das Recht, im Bedarfsfall Geschäftspapiere einzusehen.

„Unser Norden“ ist die Eigenmarke der Coop eG, mit der die Genossenschaft in ihren über 180 Verbrauchermärkten und SB-Warenhäusern die regionale Herkunft der Ware in den Vordergrund stellt, dies vor allem bei Frische-Produkten. Wie die Coop den dadurch bedingten logistischen Anforderungen gerecht wird, machte Markus Lange, Geschäftsführer der Coop Logistik GmbH, in seinem Vortrag deutlich. Bei der Auswahl regionaler Lieferanten stünden neben einem hohen Anspruch an die Qualität der Ware kurze Transportwege im Fokus. Dies mit dem Ziel, Transportzeiten zu verkürzen und Kraftstoff einzusparen. Ein moderner Fuhrpark und Programme zur Tourenoptimierung für die Belieferung der Märkte sind weitere wesentliche Bausteine der Coop im Sinne höherer Effizienz und Nachhaltigkeit, der sich das Unternehmen auch in vielen anderen Bereichen verpflichtet fühlt.

Provokant war schließlich der Vortrag von Karl-Heinz Gimmler  zur Rechtslage und Vertragsgestaltung. Der Düsseldorfer Spezialanwalt für Kontraktlogistik und Logistik-Outsourcing klärte über die Fallstricke im Logistik-Vertragsrecht auf. Versäumnisse könnten durchaus die Existenz von Unternehmen gefährden oder zumindest unerwartet hohe Haftungsansprüche auslösen. Wohl wissend, dass die Relevanz der Thematik in der Praxis durchaus anerkannt werde, es jedoch in den meisten Fällen an der notwendigen Konsequenz und Umsetzung fehle, empfahl Gimmler eindringlich, bei der Ausgestaltung von Logistik-Verträgen fachanwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen.

Das Konzept des Lebensmittel-Forums Logistik, mit einem auf einen Veranstaltungstag konzentrierten Programm und mit Experten-Vorträgen aus Forschung und Praxis neue, strategische Ansätze für mehr Effizienz in der Lebensmittel-Logistik zu vermitteln, hat sich auch in diesem Jahr bewährt. Das 6. Lebensmittel-Forum Logistik ist deswegen bereits geplant, und zwar für den 8. November 2012 in Düsseldorf.?

Bildquelle: Oliver Schmauch, iStockphoto

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Die speziell auf die Food-Branche ausgerichtete Tagung vermittelte praxiserprobte Strategien.
Bild öffnen Michael Sternbeck
Bild öffnen Ronald Heuvelmanns
Bild öffnen Dr. Christoph Windheuser
Bild öffnen Frank Nordhoff
Bild öffnen Dr. Christian Plenge
Bild öffnen Dr. Annette Förschler
Bild öffnen Markus Lange
Bild öffnen Karl-Heinz Gimmler
Bild öffnen Parallel zum Logistik-Forum präsentierte die CSB System AG an ihrem Stand IT-Lösungen für die Food-Branche.
Bild öffnen Die Pausen und das Get-Together nach der Veranstaltung nutzten die Teilnehmer des Forums für bilaterale Gespräche und Diskussionen.