Rüschens Kolumne Ein Label für den Klimawandel

Die Verbraucher wollen Produkte kaufen, die einen geringen CO2-Fußabdruck verursachen. Doch dazu braucht es eine Kennzeichnung.

Freitag, 19. Januar 2024 - Management
Prof. Dr. Stephan Rüschen
Artikelbild Ein Label für den Klimawandel
Bildquelle: Getty Images

Der Klimawandel lässt sich nur durch eine Reduktion der CO2-Emissionen verlangsa-men. Unsere Ernährung verursacht nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft rund 37 Prozent der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen. Somit ist jeder Einkauf, der den sogenannten Fußabdruck von Lebensmitteln berücksichtigt, ein wichtiger Hebel bei der Reduktion dieser klimaschädlichen Gase. In der Sprache der Wirtschaftslehre ausgedrückt kann man formulieren: Verbraucher könnten durch ihr Kaufverhalten die Transformation in den Wertschöpfungsketten gezielt beschleunigen.

Doch wie sieht das Verbraucherverhalten in der Praxis tatsächlich aus? Zwei Studien der DHBW Heilbronn haben sich Ende 2023 mit der Relevanz von CO2 bei der Kaufentscheidung und einer zweckmäßigen Kennzeichnung beschäftigt:

Die Studie „Attitude-Behavior-Gap im LEH“ zeigt auf, dass der Fußabdruck für die Kunden zumindest beim Lebensmitteleinkauf nur eine sehr geringe Rolle spielt. Themen wie Tierwohl, Lebensmittelverschwendung und Regionalität sind als Nachhaltigkeitskriterien deutlich wichtiger.

Nur geringe Relevanz
CO2 hatte unter 13 Nachhaltigkeitskriterien sogar die geringste Relevanz. Dies ist insofern nicht überraschend, als Verbraucher das Thema Fußabdruck von Lebensmitteln am Ort des Verkaufs nicht nachvollziehen können. Zum einen ist die Berechnung für jedes Lebensmittel komplex, zum anderen fehlt aber auch eine Kennzeichnung. Eine Orientierungshilfe wäre aber für Verbraucher sinnvoll, damit eine Veränderung des Lebensmittelkonsums einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten kann.

In einer zweiten Studie „Vermittlung relevanter Nachhaltigkeitsinformationen“ haben die Autoren der DHBW Heilbronn festgestellt, dass Verbraucher eine möglichst einfache und plakative Kennzeichnung des CO2-Ausstoßes von Produkten bevorzugen. Eine ampelartige Kennzeichnung oder eine Umrechnung der CO2-Äquivalente in gefahrene Autokilometer sehen die Befragten als verständlich an: So ausgewiesen, würden sie die Faktoren in ihre Kaufentscheidung miteinbeziehen können.

Die Politik muss handeln
Die Politik diskutiert vehement Werbeverbote und Begrenzung von Shrinkflation und Skimpflation. Es gilt, die CO2-Kennzeichnung mit derselben Intensität voranzutreiben. Das hätte einen wichtigeren Impact auf die aktuellen Herausforderungen. Handel und Hersteller sollten gemeinsam die Kennzeichnung in die Hand nehmen, einen gemeinsamen Standard definieren und umsetzen. Nachhaltigkeit ist eine gemeinsame Aufgabe und eignet sich nur bedingt als Spielball der Marktwirtschaft.
Welchen Fußabdruck verursacht ein Produkt? 
Für den Verbraucher ist das kaum nachvollziehbar.