Fleisch-Sprechstunde Zeit für die Kunden

Fleischsommelier Thomas Richter beantwortet Fragen seiner Kunden zum Thema Fleisch in einer Fleischsprechstunde. Das Event dient zur Kundenbindung und ist eine Investition in die Zukunft.

Freitag, 25. März 2022 - Management
Jens Hertling
Artikelbild Zeit für die Kunden
Bildquelle: Thomas Richter

Einen Kittel trägt Thomas Richter, Leiter der Frischeabteilung bei Bungert in Wittlich, immer. Wenn er aber alle zwei Wochen seine Fleischsprechstunde an der Frischetheke bei Bungert abhält, ist dies trotzdem ganz anders als in einer Arztpraxis. „Die Kunden wollen sich mit mir nicht über Krankheiten austauschen, sondern über Fleisch.“ Thomas Richter ergänzt: „Ich tüftle an dieser Idee schon seit fünf Jahren. Ich möchte den Kunden einfach nur die verschiedenen Fleischprodukte näherbringen.“

Die Fleischsprechstunde gestalten Richter und sein Team selbst, indem sie ein Thema vorgeben. „Vor Kurzem hatten wir den Kunden Mangalitza Schweinefleisch aus den Wäldern rund um Remagen vorgestellt“, berichtet Richter. Die Mangalitzas, auch ungarische Wollschweine genannt, sind von allen Hausschweinerassen die engsten Verwandten der Wildschweine. Das Fleisch sei cholesterinarm, enthalte Omega-3-Fettsäuren und die Qualität des Fetts sei mit der des Olivenöls vergleichbar, so Richter. Das Fleisch der Mangalitza-Schweine schmeckt saftig und ist nicht so trocken wie das Fleisch aus Massentierhaltung. „In den letzten Jahren wurden Schweine zunehmend so gezüchtet, dass sie kaum noch Fett haben, doch es stellte sich heraus: Ohne Fett wird das Fleisch geschmacklos“, so Richter.

Bei einer weiteren Fleischsprechstunde, die das Thema Wild behandelte, wussten laut Thomas Richter viele Kunden nicht, was sie mit dem Fleisch von Wild anfangen sollten. „Viele Kunden denken bei Wild nur an einen Braten. Bei der Sprechstunde konnte ich den Kunden aber sogar paniertes Wildschweinschnitzel schmackhaft machen“, berichtet Thomas Richter. Weitere Themen in dieser Sprechstunde waren unter anderem die Zubereitung von Wildschweinspießchen und -Burgern.

Den Preis des Produkts erklären
Einer der großen Vorteile der Fleischsprechstunde sei, dass sich das Personal Zeit für die Kunden nehmen könne, so Richter. An der Theke sei immer der Druck für den Verkäufer hoch, da schon der nächste Kunde warte. Dann würden die Kunden sich nicht trauen, etwas zu fragen, so Richter. Bei der Fleischsprechstunde gebe es auch schon einmal Gespräche, die über 15 Minuten hinausgingen.

Ein weiteres Problem laut Richter ist, dass viele Kunden den Preis eines exklusiven Wagyu-Steaks nicht verstehen. „Bei der Sprechstunde kann ich den Kunden genau erklären, wie der Preis eines Wagyu-Steaks zustande kommt“, sagt Richter.

Kundenbindung im Blick
Zweimal schon hat ein Koch an der Fleischsprechstunde teilgenommen; er konnte die perfekte Zubereitung einzelner Fleischsorten aufzeigen. „Das ist Kundenbindung par excellence“, weiß Fleischexperte Richter.

Gleichzeitig möchte Richter mit seiner Sprechstunde gegen die Verramschung des Produkts „Fleisch“ vorgehen. Fleisch sei ein hochwertiges Lebensmittel, doch durch günstige Angebote werde oft das Gegenteil vermittelt, so Richter. „Als wir unsere Steaks aus der Eifel vorgestellt haben, waren am nächsten Tag die Produkte Eifel-Roastbeef und Eifel-Filet ausverkauft.“ Laut Richter liegt es daran, dass die Verbraucher gern regionale Produkte kaufen wollen, sich aber nicht trauen. Die Fleischsprechstunde sei eine perfekte Gelegenheit, den Kunden heimisches Fleisch näherzubringen, so der Fachmann.

Plan: Regelmässiges Event
Die Fleischsprechstunde soll regelmäßig alle 14 Tage stattfinden, immer Freitag von 14 bis 16 Uhr und Samstag von 10 bis 14 Uhr, wenn laut Richter die Besucherfrequenz im Markt am größten ist. Werbung erfolgt immer Anfang der Woche mit einem Plakat im Markt und am Donnerstag wird der Termin über Facebook gepostet. Laut Richter wächst die Resonanz auf die Sprechstunde von Termin zu Termin. Waren in der ersten Sprechstunde noch 15 Kunden zum Thema „Wagyu“, hat sich die Zahl laut Richter bei der zweiten Sprechstunde zum Thema „Wild“ verdoppelt. „Ein Inhaber sollte das Event nicht bis zum letzten Euro kalkulieren. Und: Wir machen Kunden zu Fans.“

Das Projekt sei eine Investition in die Zukunft. Wichtig sei deshalb, Kompetenz zu zeigen, nah am Kunden zu sein und Gesicht zu zeigen. „Wir wollen ein wenig dazu beitragen, dass Fleisch wieder zu dem Lebensmittel wird, das es eigentlich sein sollte: etwas Besonderes.“