Kaufentscheidungen Werdet digital

Kaufentscheidungen von Konsumierenden werden immer stärker durch Werte beeinflusst. Wer sich noch nicht drauf eingestellt hat, sollte es schnell tun.

Donnerstag, 02. Dezember 2021 - Management
Reiner Mihr
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Bildquelle: GfK

Dass sich der Konsum coronabedingt verändert, ist inzwischen Allgemeinwissen. Doch was tut sich genau? Oliver Schmitz (Foto) verantwortet seit September 2019 den Bereich Retail der GfK in Deutschland und Österreich. Er konzentriert sich heute darauf, Handelsunternehmen dabei zu unterstützen, mithilfe relevanter und umsetzungsorientierter Daten und Insights bessere Entscheidungen zu treffen.

Herr Schmitz, was sind die wichtigsten Trends?
Oliver Schmitz: Wir sehen, dass Kaufentscheidungen von Verbrauchern zunehmend von deren Werten beeinflusst werden. Rund zwei Drittel aller Konsumenten suchen Händler danach aus, ob deren geschäftliches Handeln den eigenen Wertvorstellungen entspricht. Nachhaltigkeit ist dabei aktuell für das Gros der Verbraucher der wichtigste Aspekt. Verbraucher fragen sich: Welche Transportwege hatte mein Produkt? Kann ich plastikfrei einkaufen? Wie groß ist die Auswahl an Bioprodukten? Darüber hinaus sind Personalisierung und der Ausdruck von Individualität für die immer hybrider werdenden Zielgruppen-Segmente ein weiteres zentrales Bedürfnis.

Konkreter?
Dem muss der Händler beispielsweise – auch beim Online-Kauf – durch individuelle Beratung, personalisierte Angebotskommunikation und individualisierte Produkte gerecht werden können. Nicht zuletzt: In einer immer komplexer werdenden Welt wollen die Menschen, dass Einkaufen möglichst einfach und völlig unkompliziert ist. Konsumenten wünschen sich eine durchweg positive, reibungslose Customer Experience entlang der gesamten Customer Journey.

Was sind die Konsequenzen?
Händler müssen – sofern nicht längst geschehen – dringend an der Entwicklung und Umsetzung ihrer ganz eigenen, zukunftsfähigen Digitalisierungs-Strategie arbeiten. Die Pandemie hat die Notwendigkeit zur Digitalisierung des Handels um ein Vielfaches beschleunigt. Der Trend zur Nutzung digitaler Kontaktpunkte und Einkaufsmöglichkeiten zieht sich durch sämtliche Generationen: Selbst die älteren Generationen nutzen digitale Medien wie soziale Netzwerke oder gehen inzwischen online shoppen.

Und wer dem nicht folgt?
Wer die Digitalisierung verschläft, wird von der Konkurrenz abgehängt werden. Schließlich sind viele der disruptiven Veränderungen, die wir in der jüngsten Zeit gesehen haben, gekommen, um zu bleiben.
Auch ganz grundsätzlich geht es darum, den Kunden, seine Bedürfnisse und Wertvorstellungen in den Mittelpunkt zu stellen. Dafür muss der Händler natürlich seine Kunden und ihre individuellen Anforderungen kennen und auch verstehen, um passende Strategien zu entwickeln.

Pandemie-Gewinner E-Commerce. Welche Möglichkeiten hat der stationäre Händler?
E-Commerce hat im ersten Halbjahr 2021 ein deutliches Wachstum verzeichnet. Während der Online-Umsatz für technische Gebrauchsgüter um 56 Prozent gewachsen ist, sahen wir im FMCG-Markt – wenn auch natürlich auf deutlich geringerem Niveau – ein Wachstum von 26 Prozent. Gleichzeitig sehen wir im Nonfood-Bereich, dass Omnichannel-Händler überproportional vom Online-Wachstum profitieren. Die Online-Umsätze mit techni‧schen Gebrauchsgütern der Omnichannel-Händler sind mit einem Zuwachs von 78 Prozent deutlich stärker gewachsen als der Online-Umsatz der reinen Online-Händler, der sogenannten Pure Player. Im „phygitalen“ Handel – also physischer, kombiniert mit digitalem Handel – liegt das größte Wachstumspotenzial. Der heute noch rein stationäre Händler sollte demnach frühzeitig auf ein Omnichannel-Konzept setzen und die Stärken, die eine physikalische Präsenz bietet, ausspielen.