Verkaufskonzept Mit dem Bus zur Butter

Weil bei Telefonbestellungen von Senioren oft „das falsche Produkt“ geliefert wurde, unterstützt Kaufmann Michael Siebert selbstbestimmtes Einkaufen jetzt mit Shuttlebussen.

Dienstag, 20. Juli 2021 - Management
Linda Ewaldt
Artikelbild Mit dem Bus zur Butter
Bildquelle: Hans Still

Am liebsten daheim: Senioren wollen meist möglichst lange in ihrem vertrauten Umfeld wohnen bleiben. Damit das auch mit Gehbehinderung oder Arthrose in den Gelenken gelingt, sind sie auf gut zu erreichende Lebensmittelmärkte angewiesen – schwierig gerade im ländlichen Umfeld.

Rewe-Kaufmann Michael Siebert bietet deswegen einen besonderen Service an. Mit drei Bussen, alle mit der gleichen Werbung für seinen Markt bemalt, fährt er von montags bis freitags durch sein Einsatzgebiet im ländlichen Teil von Berlin. Hier sammelt er die wartenden Senioren ein, um sie zu seinem Markt zu fahren. Dort können sie dann ihren gesamten Wocheneinkauf tätigen. Die Idee ist nicht neu, auch Globus und Hit ließen vor Corona schon ihre Busse fahren. Aber: „Bei uns ist die Idee eigentlich aus der Not heraus entstanden“, erzählt Kaufmann Siebert im Gespräch. „Wir haben irgendwann mit Telefonbestellungen angefangen. Der Andrang war seitens der Senioren schon nach kürzester Zeit so groß, dass meine Mitarbeiter nur noch damit beschäftigt waren, Bestellungen auszuliefern.“ Und es gab noch ein weiteres Problem: „Die Kunden hatten sehr genaue Vorstellungen von ihrem Einkauf, manchmal brachten wir dann also die falsche Buttermarke oder die falsche Packungsgröße bei der Schokolade mit. Das mussten wir dann alles umtauschen. Irgendwann war das ganze logistisch einfach nicht mehr zu stemmen.“

Nächster Halt: Seniorenresidenz
Die Busse machen da einen deutlich geringeren Aufwand, und mit ihnen hat Siebert den Nerv der Zeit getroffen. Im Moment betreut er elf Ortsteile rund um Berlin mit seinen Touren direkt zum Markt, das zwölfte Einzugsgebiet soll bald dazukommen. Die Akquise neuer Gebiete gestaltet sich herausfordernd, es dauert eine Weile, ehe die ältere Kundschaft Vertrauen gefasst hat. Ist das Eis jedoch gebrochen, belohnen die meisten Kunden den Kaufmann mit einer verlässlichen Treue.

Aber nicht nur Senioren, die in ihren eigenen Wohnungen und Häusern leben, nehmen das Angebot von Siebert gerne in Anspruch. Viel Zuspruch erhält er auch von Bewohnern und Mitarbeitern aus der nahe gelegenen Seniorenresidenz, die er gezielt anfährt.

„Wir holen die Bewohner hier direkt ab. Viele sind nicht mobil, und die öffentliche Anbindung ist eher schlecht“, sagt Siebert. „In unserem Markt können die Kunden dann alles einkaufen, was sie brauchen. Zum Beispiel Süßigkeiten oder einmal die Lieblingsmarmelade zum Frühstück.“ Der Kaufmann sagt von sich selbst, dass er den Aufwand mit diesem Serviceangebot vor allem aus sozialem Engagement macht. Er möchte Senioren ein gewohntes, vollständiges Einkaufserlebnis bieten. Aber natürlich führt der Service auch zu einem zusätzlichen Umsatzplus. Nicht zuletzt, weil auch die Seniorenresidenz als Unternehmen und deren Mitarbeiter ebenfalls gerne die Einkäufe über seinen Markt erledigen. „Eine feste Kooperation gibt es nicht. Aber die Seniorenresidenz schätzt den Service, die Einkäufe geliefert zu bekommen und bequem per Rechnung zu bezahlen.“ Und für das Personal sind die gelieferten Einkäufe in ihrem anstrengenden Job eine willkommene Zeitersparnis.
Tatsächlich scheint Sieberts Service auf seine Kunden entlastend zu wirken, denn so manches Alltagsproblem wird durch den Bus-Shuttle oder auch den Lieferservice behoben. Je nach Standort sind die Alternativen für mobilitätseingeschränkte Senioren ausbaufähig.