Planet Retail Auf der Seidenstraße

China forciert den Ausbau der sogenannten „neuen Seidenstraße“. Zielder Chinesen ist es nicht nur, den eigenen Markt attraktiver zumachen, sondern auch selbst neue Märkte zu erschließen.

Sonntag, 11. Juni 2017 - Management
Tatjana Wolff
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Der chinesische Präsident Xi Jinping hat vor kurzem Delegierte aus allen Nationen der Welt nach Beijing eingeladen, um über seine Initiative „One Belt, One Road“ (OBOR) zu sprechen. Dieses Projekt, welches bereits 2013 gestartet wurde und auch unter dem Namen „neue Seidenstraße“ bekannt ist, beinhaltet zahlreiche Infrastruktur-Investionen wie unter anderem eine Bahnstrecke, die Güter von China über weite Teile Zentralasiens – bis nach Westeuropa (unter anderem Duisburg oder London) bringt.

Die Autorin

Tatjana Wolff ist Analystin bei Planet Retail. Sie berichtet im Wechsel mit Boris Planer und Franziska Schmidt über Entwicklungen im internationalen Handel.

Doch was treibt China um, das – wie sicherlich eine Mehrheit von im Ausland aktiven Nationen ebenfalls – nicht unbedingt dafür bekannt ist, sich großartig um die Belange seiner Partner sondern vielmehr um die eigenen Interessen zu kümmern? Mit dieser Initiative baut der Riese aus Fernost zusätzliche Kapazitäten für seinen Export in Länder der eigenen Region auf beziehungsweise aus. Aber auch auf sogenannte westliche Märkte. China, ein Land in dem auch 2050 weit mehr als 1 Mrd. Menschen leben werden, ist erpicht darauf auch in Zukunft für ein ausreichendes Wirtschaftswachstum zu sorgen, was das Erschließen/Verbessern von Absatzmärkten mit einbezieht.

Außerdem knüpft China damit Verbindungen zu zahlreichen Schwellenländern. Ein durchaus kluger Schritt in Anbetracht dessen, dass Pakistan, Kasachstan oder auch Kenia die Märkte von Morgen sind. Diesen Punkt sollten natürlich nicht nur deutsche, sondern generell westliche Hersteller nicht aus den Augen verlieren, wenn es darum geht mit ihren Marken wettbewerbsfähig in Zukunftsmärkten zu sein. Eine Pionierstellung im FMCG-Markenbereich kann in vielen Konsumentenmärkten in denen das Vertrauen in die Qualität eines Produktes sehr wichtig ist, ausschlaggebend über seine Marktstellung sein.

Auch Russland, welches nach wie vor von europäischen Sanktionen betroffen ist und gerade drei Jahre der Rezession hinter sich hat, wird ebenfalls ein Freund dieser wachsenden Verbindung zu anderen Märkten sein. Verbesserte Infrastrukturen können es dem Land erlauben die Abhängigkeit von manchen Importen aus dem Westen zu reduzieren oder sogar gänzlich aufzuheben.

Selbst wenn in China produzierte Güter stetig auf der Qualitätsskala empor steigen, so ist das Land bisher noch nicht dafür bekannt Lebensmittel oder andere Produkte des täglichen Bedarfs in die EU zu importieren. Im Gegenteil, nicht nur Rossmann oder Dm haben Kunden aus Fernost, die während ihres Europaaufenthaltes ganze Regale mit Babynahrung oder Kosmetika leer kaufen. Um diesen Konsumenten entgegenzukommen, sind nicht nur diese beiden deutschen Einzelhändler auf der chinesischen Internetplattform Tmall vertreten. Der deutlich strengere Standard in Bezug auf Produktsicherheit hilft Herstellermarken sowie auch eigenen Produkte zu vermarkten. Neben Unternehmen wie Costco oder Sainsbury’s ist dort seit diesem Jahr auch Aldi und nun ebenfalls Lidl vertreten. Während Aldi seine Produkte über die Lieferkette aus Australien bedient, bezieht Lidl seine Waren zentral aus Deutschland

Alibaba, Tmalls Mutterfirma , auf der anderen Seite ist allerdings auch stark damit beschäftigt außerhalb seines Heimatmarktes zu expandieren. So berichtete der chinesische Online-Plattformbetreiber, dessen Umsatz übrigens mehr als doppelt so groß ist wie der von Amazon, unlängst, nicht weniger als 100 Mio. Kundenallein in Spanien zu haben.

Also: Auch wenn eine echte Konkurrenz im Bereich von Lebensmitteln oder anderen Konsumgütern aus China aktuell noch weit entfernt scheint, dies wird sich ändern. China hat schon oftmals bewiesen, dass es besser im langfristigen Planen ist als andere Länder. Der Ausbau dieser neuen Seidenstraßen muss folglich als Schritt in die Zukunft gesehen werden. Eine Zukunft, in der China noch weitaus mehr mit seinen vielfältigen Exporten in andere Regionen der Welt drängen wird als es das gegenwärtig ohnehin schon tut.

In Zeiten, in denen viele ehemalige Vorreiter der Globalisierung, wie beispielsweise die USA deutliche Anti-Globalisierungszeichen aussenden, oder in denen in vielen europäischen Ländern Stimmen nach mehr unabhängigem Handeln laut werden, ist es wichtig den Konsumenten klar zu machen, dass nur eine starke EU dazu in der Lage ist Standards zu setzten. Es ist wichtig nicht in die Position zu kommen, wo sie diese erst (neu) verhandeln oder sich gar aufdrängen lassen muss.