Discount An Aldi und Lidl kommt niemand vorbei

Die Discounter modernisieren Läden wie Sortimente und nähern sich dem Vollsortiment an. Doch ähnliche Angebote verwässern das Profil. Wie viele Anbieter braucht es noch?

Dienstag, 29. April 2014 - Management
Sonja Plachetta
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Nach einer Schwächephase in den vergangenen Jahren haben die Discounter 2013 ihren Marktanteil nach Berechnungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) wieder gesteigert, auf fast 44 Prozent. Während manch einer fast schon das Ende des Siegeszugs der Billiganbieter gekommen sah, arbeiteten diese akribisch an der Verbesserung ihres Angebots. Sie investierten zuletzt Millionen von Euro in die Modernisierung ihrer Filialen und Sortimente, vor allem Aldi und Lidl. Deutlich erkennbar ist der Ausbau des Frischeangebots, u. a. durch die Installation von Backstationen. Es werden mehr Bio- und regionale Produkte sowie gluten- oder laktosefreie Artikel eingelistet, auch Convenience nimmt einen größeren Raum ein. Eine Premium-Eigenmarke, die besonders vor Festtagen in Szene gesetzt – und gern von einem bekannten Koch beworben – wird, gehört inzwischen zum guten Ton. Qualität wird noch stärker in die Fokus gerückt, wie etwa jüngst bei Netto Marken-Discount, das sein Weinsortiment um Flaschen renommierter Winzer aus Europa ausgeweitet hat. Und wer Markenartikel kaufen will, muss nicht mehr unbedingt zum Vollsortimenter fahren, selbst bei Aldi findet sich inzwischen z. B. Coca-Cola im Regal.

Statt dass die Supermärkte sich den Discountern anpassen, wie sie es etwa vor 15 Jahren versucht haben, als reihenweise Bedientheken geschlossen wurden, kopieren inzwischen die Discounter erfolgreich im Vollsortiment erprobte Konzepte. Matthias Queck vom Brancheninformationsdienst Planet Retail glaubt aber nicht, dass es zu einer permanenten Annäherung kommt. Es handele sich vielmehr um eine ständige Weiterentwicklung: „Beide laufen in die selbe Richtung – hin zu mehr Mehrwert.“ Die Vollsortimenter entwickelten ständig neue Ideen, damit die Discounter hinterherlaufen müssten. Für Aldi sei jede Weiterentwicklung ein Zugeständnis ans eigene Harddiscount-Konzept, während Lidl schon länger mit dem Vollsortiment sympathisiere.

Klar ist: Unumstrittener Preisführer ist nach wie vor Aldi. Wenn in Essen und Mülheim der Rotstift angesetzt wird, wie zuletzt bei mehreren Produktgruppen geschehen, zieht die Konkurrenz sofort mit der Preissenkung nach. Dauerhaft unterbietet diese Preise aber laut Queck niemand: „Für einen Billigpreisdiscounter unter den Aldi-Preisen ist kein Platz.“

Auch so ist fraglich, ob alle Wettbewerber gut genug aufgestellt sind, um dem Preisdruck auf Dauer standzuhalten. „Aldi und Lidl sind so stark. Gegen diese beiden muss eigentlich jeder andere verblassen“, sagt Queck. Schwierigkeiten sieht er, wenn überhaupt, auf die beiden Platzhirsche nur dann zukommen, wenn sich der Online-Lebensmittelhandel etablieren sollte. „Denn im Online-Handel gelten die Regeln des Discounts nicht.“

Auch ein anderer Handelsexperte, der namentlich nicht genannt werden will, hält Aldi durch seine Konsequenz langfristig für die Nummer 1. Lidl schaffe sich dagegen durch die Annäherung ans Vollsortiment zu viel Komplexität, wodurch die Kosten explodieren könnten. Auch habe Lidl Sortimentsexperimente, etwa bei Babynahrung und Kosmetik, teuer bezahlt.

Für die anderen Discounter sieht er dagegen mittelfristig kaum eine Zukunft: „Penny, Netto und Norma haben kein für die Verbraucher eindeutig erkennbares Profil.“ Besonders kritisch sieht er die Entwicklung der zu Rewe und Edeka gehörenden Anbieter Penny und Netto. Rewe und Edeka hätten eine „Schere im Kopf“, ihre eigentliche Stärke sei das Vollsortiment und nicht der Discount. Und dass es einem Discounter nicht gut tue, in einen Konzern eingebunden zu sein, sei bei Plus und Kaiser’s Tengelmann zu beobachten. Rewe-Chef Alain Caparros sieht das naturgemäß anders. „Wir können Discount“, sagte er jüngst bei der Rewe-Bilanzpressekonferenz und verwies auf den Erfolg von Penny International. Doch Penny Deutschland macht weiter Verluste, viele Synergien mit Penny International gibt es nicht, und der Turnaround ist erst für 2016 angepeilt.

Matthias Queck von Planet Retail schätzt die Lage dagegen anders ein: „Der Wettbewerb im Discount funktioniert ganz gut. Wir haben fünf bundesweite Anbieter – das ist mehr als im Vollsortiment.“