Tierwohl Forschung mit Tierliebe

Das Thema Tierwohl ist auch am Kosmetikregal ein bedeutendes Kaufkriterium. Dabei besteht jedoch noch Aufklärungsbedarf zu Themen wie Tierversuche und vegane Formulierungen.

Donnerstag, 20. Februar 2020 - Hersteller
Bettina Röttig
Artikelbild Forschung mit Tierliebe
Bildquelle: Getty Images

Tierwohl ist Käufern von Schönheitsmitteln hierzulande ein echtes Anliegen. „Vegane Kosmetik- und Naturkosmetikprodukte liegen seit Jahren im Trend, Tierversuchsfreiheit wird von Kosmetik generell erwartet beziehungsweise vorausgesetzt“, sagt Sabine Kästner, Sprecherin des Naturkosmetikherstellers Laverana (Lavera). Interessant: Der Aspekt Tierwohl steht im Drogeriesegment für Frauen stärker im Vordergrund als für Männer, Unterschiede gebe es auch je nach Produktkategorie, weiß man bei L‘Oréal. Am relevantesten sei das Thema beim Kauf von Gesichtspflegeprodukten. Dabei seien die Themen „vegan“ - also der Verzicht auf jegliche Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs - und „tierversuchsfrei“ für einen Teil der Konsumenten miteinander verknüpft: „71 Prozent der Naturkosmetik-Verwender und 38 Prozent der Verwender konventioneller Kosmetik interpretieren ‚vegan‘ als ‚tierversuchsfrei‘ – obwohl dies nicht unbedingt miteinander einhergeht“, heißt es aus Düsseldorf.

Um möglichst viele interessierte Konsumenten zu erreichen und zugleich aufzuklären, sind Kommunikationsmaßnahmen erforderlich. Dass Tierversuche für Kosmetika in der EU seit einigen Jahren vollständig verboten sind, ist vielen Verbrauchern nicht bewusst. So erhält Laverana hierzu immer wieder Nachfragen und setzt auf Hinweise auf den Verpackungen, um direkt am Point of Sale zu verdeutlichen, dass man gegen Tierversuche ist. Weleda hingegen hat sich gegen eine entsprechende Auslobung auf den Produkten entschieden, „weil das für uns Werbung mit einer Selbstverständlichkeit wäre“.

Eine Website, die transparent zu diesen Themen informiert, hat L‘Oréal entwickelt (https://lounge.loreal-paris.de/blickindentiegel). Hierüber erfahren Verbraucher mehr über das Engagement des Unternehmens, dass sich seit mehr als 40 Jahren für die Entwicklung alternativer Testmethoden einsetzt. So haben die Teams in den Laboren des Konzerns menschliche Haut nachgebildet und seit 1979 als alternative Testmethode zu Tierversuchen eingesetzt.

Auch Beiersdorf fokussiert sich nach eigenen Angaben seit 35 Jahren darauf, Alternativen zu Tierversuchen zu entwickeln. Ein Durchbruch gelang beispielsweise 1992 mit der Basis-Methode des sogenannten 3T3-Neutral Red Uptake Phototoxizitätstests. Heute sei der Test zur Verträglichkeitsprüfung neuer Inhaltsstoffe unter dem Einfluss von UV-Licht weltweit Standard und der erste In-Vitro-Test, der auch beispielsweise in China anerkannt wurde, betont man in Hamburg. Ein wichtiger Meilenstein, denn heute arbeiten die global agierenden Hersteller daran, Verbote von Tierversuchen nach Beispiel der EU weltweit durchzusetzen.

Testmethoden weiterentwickeln
Hierfür setzt sich auch Unilever ein. 2018 hat sich der Konzern für die Marke Dove weltweit verpflichtet, keine Tierversuche durchzuführen oder durchführen zu lassen. Für diese Maßnahme tragen Dove-Produkte seit 2019 das PETA-Cruelty-Free-Logo auf der Verpackung. Zusätzlich unterstützt Unilever die Initiative #BeCrueltyFree der globalen Tierschutzorganisation Humane Society International, um Gesetzesreformen in Schlüsselmärkten zu erwirken, die Tierversuche für Kosmetika unterbinden. Unilever bringt zudem seine Expertise in die Weiterentwicklung alternativer Testmethoden ein, die von Unternehmen und Aufsichtsbehörden auf der ganzen Welt angewendet werden können.

Auch auf den Produkten von Naturkosmetik-Hersteller Logocos steht das Cruelty-free-Logo. Die L‘Oréal-Tochter hat sich dazu entschlossen, China so lange als Absatzmarkt zu meiden, bis man auch dort tierversuchsfreie Produkte anbieten könne. Diesen Weg geht auch Laverana.

Wer Kosmetik sucht, die jegliche Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs ausschließt, greift zu Produkten, die als vegan gekennzeichnet sind. Hier kommen beispielsweise weder Honig noch Bienenwachs zum Einsatz. Laverana hat in vielen Produkten der Marke Lavera tierische Inhaltsstoffe durch pflanzliche Alternativen ersetzt. So enthalten Lippenbalsamstifte oder Baby-Wundschutzcreme zum Beispiel anstelle von Bienenwachs oder Lanolin heute eine alternative pflanzliche Ölkomposition aus kontrolliert biologischem Anbau, darunter Carnaubawachs, Kakaobutter, Sheabutter, Olivenöl, Mandelöl, Kokosnuss- und Sojaöl sowie Nachtkerzenöl und Beerenwachs.

Die vegane Produktentwicklung für grüne Kosmetik stellt Hersteller jedoch vor Herausforderungen. In der Naturkosmetik sei man auf Rohstoffe angewiesen, die aus Naturstoffen gewonnen werden, betont Herteller Weleda. Insgesamt setzen die Schweizer nach eigenen Angaben relativ wenige Rohstoffe ein, die von Tieren stammen. Vor allem auf Bienenwachs und seine Derivate sowie Wollwachs könne man in vielen Produkten nicht verzichten, weil es für die entsprechenden Rohstoffe noch keine pflanzlichen Alternativen mit genau denselben Eigenschaften gebe. Dabei geht es auch darum, wie sich ein Inhaltsstoff in der Komposition verhält. Auch können keine Rohstoffe eingesetzt werden, die aus Mineralöl gewonnen werden (Beispiel Paraffine). Viele Weleda-Produkte sind dennoch vegan. Eine Problematik, die indirekt mit Tierwohl zu tun hat, beschäftigt die Schweizer: Palmöl. Weleda verwendet Palmöl aus nachhaltigem und kontrolliert biologischem Anbau, um der Zerstörung des Regenwaldes entgegenzuwirken und kooperiert mit einer NGO, die auf Borneo Regenwald und Orang Utans schützt.