Süßwaren Besser werden

Die deutsche Süßwarenindustrie verstärkt ihr Engagement für Nachhaltigkeit. Das gilt für Rohstoffe wie Kakao oder Palmöl ebenso wie für die Verpackung und reicht bis zu Maßnahmen für die gesamte Produktion.

Dienstag, 10. März 2020 - Süßwaren
Andrea Kurtz
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Bildquelle: Robert Alberti

Katjes ging in die Offensive: Nach „100 % veggie“ Fruchtgummi und Lakritz sowie der ersten veganen Schokolade mit Haferdrink (Chocjes) stellt der Hersteller seine Produktionsstandorte in diesem Jahr erstmals klimaneutral – durch die Förderung zertifizierter Klimaschutzprojekte. „Als eines der ersten Unternehmen unserer Branche kompensieren wir unsere Emissionen in Anlehnung an die Ziele des Kyoto-Protokolls freiwillig“, sagt Katjes-Chef Bastian Fassin. Gefördert werden zertifizierte Projekte in Indien, Kenia, Ruanda und Peru, die nicht nur zum Klimaschutz, sondern unter anderem auch zum Gesundheitsschutz, zur Bildung und zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen sollen.

Schon durch den Verzicht auf tierische Gelatine konnte das Unternehmen den CO2-Ausstoß für einzelne Produkte um bis zu 20 Prozent reduzieren. Seit 2012 arbeitet das Unternehmen kontinuierlich an Maßnahmen zur Reduzierung und Vermeidung von CO2, unter anderem durch den Einsatz moderner Kältetechnik und die Stromerzeugung im eigenen Blockheizkraftwerk. Bis zum Jahr 2030 will Katjes die produktionsbedingten CO2-Emissionen nahezu halbieren.

Verpackung im Test
Ritter Sport stellte bei der ISM kürzlich einen Test vor: Eine wasserbasierte Papierverpackung für die quadratische Schokolade. Der Prototyp ist derzeit im Test. 500 Exemplare wurden über den Blog an Tester verschickt, die sich vorher melden konnten. Die erste Resonanz ist gut, das Ergebnis wird voraussichtlich im März vorliegen. Nur nachwachsende Rohstoffe für die Papierverpackung – für die noch dazu die besten Entsorgungssysteme bereitstehen – zu nutzen, findet Ritter Sport bestechend. „Unsere Verpackung muss recyclingfähig sein, das Produkt optimal schützen können und den Transport sichern,“ erklärt Ritter-Sport-Kommunikationsfrau Petra Fix. „Wir bewegen uns hier immer in einem Spannungsfeld zwischen optimalem Produktschutz einerseits und bestmöglicher Umweltverträglichkeit andererseits.“
Bisher wird für alle Sorten eine Schlauchbeutel-Einstoffverpackung aus Polypropylen genutzt, die recyclingfähig ist und optimalen Produkt- und Aromaschutz bietet, da sie praktisch licht- und geruchsundurchlässig ist. Im Vergleich zu traditionellen Schokoladenverpackungen erlaubt ihr minimales Gewicht eine Packstoffeinsparung von 1.000 Tonnen pro Jahr. Darüber hinaus wird zusätzlich Kunststoff reduziert, in dem beispielsweise die würfelförmige Verpackung nur noch aus Papier hergestellt wird.

„Unser oberstes Ziel ist die Kreislauffähigkeit, deshalb setzen wir auch nicht auf ein kompostierbares Material zum Beispiel aus Stärke, weil das immer bedeuten würde, dass Energie und Rohstoffe für die einmalige Verwendung eines Materials – man muss es so deutlich sagen – verschwendet würden“, erklärt Fix.

„Klimaschutz und ressourcenschonende Herstellungsprozesse stehen beim Verbraucher hoch im Kurs“, erklärt der Lebensmitteltechnologie Dr. Enrico Careglio den Trend.

Spielerisch nachhaltig sein
Bonbonhersteller Cavendish & Harvey fokussiert mit seinen Dosen- und Glas-Verpackungen im Rahmen seiner Kampagne „Love taste, recycle waste“ derzeit auf den Trend zum kreativen Recycling. Zu 99 Prozent können die Verpackungen dem Metall- und Glaskreislauf zugeführt werden; das will Geschäftsführer Frank Gemmrig zusätzlich betonen. Dafür wurde eine neues Label geschaffen, das am PoS und auf der Webseite kommuniziert wird. Dort und auf den Social-Media-Kanälen stehen einfache Ideen, wie aus den Dosen und Gläsern selbst neue Produkte hergestellt werden können.

Aufgabe für alle
Nachhaltige Projekte wie bei Katjes sind insbesondere beim Kakao bei vielen Herstellern ebenfalls in der Mache. 2018 hatte der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) seine bisherigen Nachhaltigkeitsziele heraufgesetzt. Der Verband empfiehlt seinen Mitgliedern, den Anteil an nachhaltig zertifiziertem Kakao in den in Deutschland verkauften Süßwaren auf 75 Prozent im Jahr 2025 zu erhöhen. Im Jahr 2018 erreichte der Anteil an nachhaltig zertifiziertem Kakao 62 Prozent. Bei der ersten Erhebung des BDSI für das Jahr 2011 lag dieser Anteil bei nur etwa drei Prozent. Als neuer Partner für den Eisatz von fair gehandeltem Kakao kommt jetzt neben den großen Playern wie unter anderem Lambertz, Riegelein/Rübezahl/Gubor, Gunz oder Manner auch Zentis dazu. Plus: Die Werbemittelbranche, verantwortlich für Präsent oder Betthupferl etwa von CD-Lux, Kalfany Süße Werbung, Vogel‘s Süße Werbe Ideen oder Jung Since 1812, setzt künftig verstärkt auf nachhaltigen Kakao. „Der Handel stellt ganze Kategorien um“, ist Fairtrade-Chef Dieter Overath erfreut. „Dieses Uptrading greift auch immer mehr auf die Handelsmarken über.“

Starker Fokus auf Palmöl
Ähnliches gilt auch für das in der Süßwarenproduktion eingesetzte Palmöl. Rund 90 Prozent des in der deutschen Süßwarenindustrie verwendeten Palmöls ist bereits heute nachhaltig zertifiziert. Damit nimmt die deutsche Süßwarenindustrie eine führende Rolle ein. „Die Unternehmen der Süßwarenindustrie setzen sich verantwortlich für den Umwelt- und Artenschutz bei der Palmölproduktion ein, auch wenn Palmöl in der deutschen Süßwarenindustrie im Verhältnis zum Gesamtverbrauch sowohl national (neun Prozent) wie auch weltweit (0,2 Prozent) in vergleichsweise geringen Mengen zum Einsatz kommt“, so der BDSI.

Ernährungstrend 2020

Achtsamkeit, Umwelt und Tierschutz sind für Kunden wichtig

  • 29 Prozent der Deutschen folgen einer bestimmten Ernährungsgewohnheit, weil diese nachhaltiger ist.
  • Zwei von drei Verbrauchern legen vor dem Supermarktregal besonderen Wert auf Umwelt (60 Prozent) und Tierschutz (61 Prozent).
  • 71 Prozent der Verbraucher geben an, beim Lebensmitteleinkauf auf wenig Verpackung zu achten – das sind zehn Prozentpunkte mehr als noch vor drei Jahren.
  • Relevanter werden zudem: Regionalität (2019: 66 Prozent, 2016: 63 Prozent), Tierschutz (2019: 61, 2016: 55), Umweltschutz (2019: 60, 2016: 56) und Fair-Trade (2019: 48 Prozent, 2016: 45 Prozent).
  • Mehr als die Hälfte der Deutschen (52 Prozent) achtet beim Lebensmitteleinkauf darauf, dass die gekauften Produkte ein Gütesiegel haben. Fast die Hälfte der Verbraucher legt Wert auf eine Fair-Trade-Kennzeichnung (49 Prozent) der Produkte. Es folgen Bio-Siegel (41 Prozent) und Labels für eine regionale Herkunft der Artikel (39 Prozent). (Quelle: Nielsen)