Corona Offene Kommunikation

In der Corona-Krise haben Händler und Manager andere Prioritäten. Die Mitarbeiter geraten dabei schnell in den Hintergrund, wie Motivationstrainer Andreas Nemeth erläutert.

Freitag, 24. April 2020 - Management
Jens Hertling
Artikelbild Offene Kommunikation
Bildquelle: Andreas Nemeth

„Führungskräfte sind momentan enorm gefordert. Neben den zusätzlichen organisatorischen Aufgaben in der Krise, müssen sie auch noch die Mitarbeiter bei der Stange halten und dafür sorgen, dass diese weiterhin motiviert eine Top-Leistung abliefern“, sagt Andreas Nemeth, Coach und Motivationstrainer aus Bad Kissingen.

Die erste Regel zur Mitarbeitermotivation von Nemeth lautet deshalb „Offenheit und Transparenz“. Was wir von den Politikern erwarten, erwarten Mitarbeiter von ihren Führungskräften: Also nicht um den „heißen Brei“ herumreden, sondern die Fakten auf den Tisch legen. „Wenn längere Öffnungszeiten oder eventuell auch Kurzarbeit ein Thema sind, empfehle ich, dies offen zu kommunizieren und natürlich auch zu begründen.“

Die zweite Regel des Motivationscoachs ist, mit großem Verständnis für die Ängste und Sorgen der Mitarbeiter auf sie zu zugehen. Sich in deren Lage zu versetzen und vorhandene Ängste nicht vom Tisch zu wischen, sondern diese ernst zu nehmen und gegebenenfalls darauf zu reagieren.

Als dritte Regel nennt Nemeth die „Kommunikation der offenen Tür“. Das heißt, den Mitarbeitern zu signalisieren, dass diese jederzeit zu ihren Führungskräften kommen können, wenn sie etwas auf dem Herzen haben: „Das ist manchmal anstrengend, gibt ihnen jedoch das Gefühl, dass man sich um sie kümmert und wichtig nimmt.“

Warum ist das Hauptaugenmerk auf die Mitarbeiter so wichtig?
Alexander Nemeth: Mitarbeiter halten das Rad am Laufen. Ohne motivierte Mitarbeiter kann kein Unternehmen die Krise erfolgreich bewältigen. Gerade im Lebensmittel-Einzelhandel sind Mitarbeiter großen Herausforderungen ausgesetzt. Zum einen ist da der erhöhte Anspruch der Kunden, zum anderen die eigene Angst vor Ansteckung.

Die Inhaber sind gut beraten, die Kommunikation zu ihren Mitarbeitern nicht nur am Laufen zu halten, sondern systematisch zu gestalten und zu managen. Was denkt der Coach darüber?
Die Situation ändert sich täglich. Daher ist es wichtig, den Mitarbeitern „Just in Time“ aktuelle Veränderungen und Entscheidungen des Unternehmens mitzuteilen. Hierzu bieten sich regelmäßige Zeiten für die Informationen an. Diese laufen über unterschiedliche Kanäle wie Intranet, interne What‘s-App-Gruppen oder das persönliche Kurzmeeting mit dem Filialleiter. Besonders wichtig ist es, den Mitarbeitern die Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen.

Warum sind die Mitarbeiter in der Krise mehr gefordert als in der Normalsituation?
Es kommen durch die Krise zusätzliche Herausforderungen auf die Mitarbeiter zu. Da sind auf der einen Seite die zusätzlichen Hygiene-Vorschriften, zum anderen verängstigte Kunden, die momentan mehr Fragen als üblich an die Mitarbeiter haben. Das Auffüllen der Regale findet im LEH momentan auch in kürzeren Abständen statt, sodass zusätzlicher Einsatz seitens der Mitarbeiter gefordert ist.

Was empfehlen Sie für eine bessere Mitarbeiterkommunikation?
1. Regelmäßige Informationen, am besten täglich einmal via Intranet, What‘s App oder eben „face to face“.
2. Das „Wir-Gefühl“ stärken durch gemeinsame oder online durchgeführte Teambesprechungen.
3. Die Ansprechbarkeit der Führungskräfte signalisieren. Das bedeutet, wann immer Mitarbeiter Fragen haben, für ihre Anliegen da zu sein. Das nenne ich „die Kommunikation der offenen Tür“.

Fazit: Wie kann man die Mitarbeiter wirklich motivieren?
An erster Stelle steht die Wertschätzung. Gerade in der jetzigen Situation bekommt unser ohnehin wichtigster Motivationstipp „Dankbarkeit“ eine ganz besondere Bedeutung. Seinen Mitarbeitern sollte der Vorgesetzte deshalb täglich seine Wertschätzung für die außergewöhnlichen Leistungen zum Ausdruck bringen. Das kann mit Worten geschehen, aber natürlich auch mit kleinen Gesten, wie etwa das spendierte Eis in der Mittagspause.

An zweiter Stelle sind natürlich Bonuszahlungen für zusätzlich erbrachte Leistungen zu erwähnen.

An dritter Stelle kann man auch über Sonderurlaubstage beziehungsweise. Überstundenabbau für die Zeit nach der Krise nachdenken, sodass die Mitarbeiter ein zusätzliches, schönes Ziel in Aussicht haben, auf das sie hinarbeiten können.

So sieht die Praxis aus
Wie schaffen es Händler, dass ihre Mitarbeiter in diesen Zeiten mitziehen? Hier zwei Beispiele:
„Ich habe da ein einfaches Konzept: selber präsent sein und die Mitarbeiter wertschätzen. Das sollte immer geschehen und nicht nur in der Krise“, sagt Sven Komp, Inhaber der Frischecenter Komp GmbH in Wesel, zu der drei Märkte gehören. „Unsere Kommunikation ist offen, ehrlich und direkt. Die Geschäftsführung befindet sich permanent auf der Fläche, um mit Kunden und Mitarbeitern zu kommunizieren. Jede Information wird in Form von Aushängen, in What‘s-App-Gruppen oder Youtube-Videos geteilt“, sagt Komp. „Wir haben unsere Mitarbeiter auch vor der Krise ständig motiviert. Dazu gehören eine gute Bezahlung, Prämien, Betriebsfeste und eine wertschätzende Behandlung“, berichtet der Kaufmann. In der Krise kommt ihm dies zugute. „Die Stimmung ist gut und die Mitarbeiter sind sehr motiviert. Wir haben eine ‚Corona Prämie‘ zu Ostern gezahlt. Dazu kommen lobende Worte direkt an die Mitarbeiter und in den Posts bei Social Media“, sagt Komp.

Schöne Geste: Rewe-Kaufmann Ulrich Pebler, Betreiber eines Marktes in Nassau, setzt ein persönliches Zeichen zur Wertschätzung: Er lädt alle Kollegen jede Woche einmal zu einem vollwertigen Mittagessen ein. Dieses bezieht er aus der „örtlichen Gastronomie, um auch diese auch ein wenig zu unterstützen“, wie der Kaufmann betont.