Teens and Kids Wir reden mit!

Kids und Teens haben Geld. Und sie haben Einfluss auf Kaufentscheidungen der Eltern. Das macht sie für Industrie und Handel enorm attraktiv.

Donnerstag, 17. November 2011 - Sortimente
Dörte Fleischhauer
Artikelbild Wir reden mit!
Kids und Teens wachsen quasi mit der Maus in der Hand auf. Deshalb wird an sie gerichtete Werbung zunehmend online und über Social Media lanciert.
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Kinder und Jugendliche sind begehrte Konsumenten: Sie verfügen über eigenes Geld und wollen es ausgeben. Immerhin 24,80 Euro Taschengeld haben 6- bis 13-Jährige pro Monat zur Verfügung, wie die Marktforscher von Egmont MediaSolutions bei der Datenerhebung für die Kidsverbraucheranalyse (KidsVA) 2011 festgestellt haben. Dafür wurden 6,13 Mio. Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren befragt, zudem 1,4 Mio. 4- und 5-Jährige. Das Taschengeld wird durch Geldgeschenke zum Geburtstag, zu Weihnachten und zu Ostern aufgestockt; das sind im Durchschnitt noch mal 179 Euro. Laut Hochrechnung der Marktforscher kommen so in diesem Jahr 1,67 Mrd. Euro an regelmäßigen Geldzuflüssen (2010 waren es 1,58 Mrd. Euro) zusammen, 0,92 Mrd. Euro in Form von Geldgeschenken (0,85 Mrd. Euro im Vorjahr) und Sparguthaben in Höhe von 2,51 Mrd. Euro (2010: 2,10 Mrd. Euro). Allein schon deshalb sind sie eine attraktive Zielgruppe, für die systematisch produziert und die ebenso umworben wird.

Investition in Süßes
Was wird gekauft? Laut Egmont-Erhebung wird von den 6- bis 13-Jährigen an erster Stelle in Süßigkeiten, Kekse und Kaugummi investiert. Aber auch Zeitschriften und Comics sind eine beliebte Geldanlage. An dritter Stelle auf der Beliebtheitsskala steht Eis, gefolgt von Getränken, Spielzeug und Fastfood bzw. Essen unterwegs. Kinder sind aber nicht nur Adressaten der Wirtschaft, weil sie über Geld verfügen. „Kinder werden bei einer Reihe von Kaufentscheidungen schon früh mit einbezogen“, konstatieren die Marktforscher von Egmont MediaSolutions. Besonders wenn es um ihre Belange geht, werden zuerst die Kinder gefragt. Bei Einkäufen werden auch die 4– bis 5-Jährigen schon einbezogen, und die Eltern kommen deren Wünschen gern entgegen. Kekse und Riegel sind bei ihnen die beliebtesten Naschereien, aber auch Wurst und Joghurt sind beliebt. Also fragen auch die Unternehmen, was in erster Linie die Kinder, in zweiter Linie die Eltern wollen und richten ihre Wer beaktivitäten darauf aus.

In der Regel untersuchen die Unternehmen den Markt auf zweierlei Weise qualitativ und quantitativ. Bei Ehrmann wird laut Katrin Schmid aus dem Bereich Vertrieb–Marketing der qualitative Aspekt beispielsweise durch die Befragung von Kindern in Gruppen zu Themen wie Verpackung, Design, Sensorik und Werbung erhoben, zudem werden Studien analysiert. Für die quantitative Auswertung der Marktgegebenheiten werden, ganz klassisch, Nielsen-Zahlen zu Rate gezogen. Ähnlich läuft das auch bei Perfetti van Melle, wenn es um die Marke Chupa Chups geht. Bonduelle setzt neben Marktforschung auf die Einbeziehung der Mitarbeiterkinder in die Produktentwicklung. „Wir setzen als ergänzendes Instrument sogenannte ’ethnographische Interviews’ ein, bei denen Familien zu Hause besucht und während der Zubereitung und beim gemeinsamen Essen befragt werden. Hierdurch erhalten wir wertvolle Einblicke in die Realität der Familien, welche im Rahmen eines Studiotests oder online nic ht abgebildet werden können“, sagt Jan-Hendrik Strenzke, Marketing Manager Retail, McCain, zur Marketingstrategie seines Unternehmens. Auch bei Limuh geht es nicht nur mit klassischen Tools: „Die meisten unserer Kundenresonanzen erfahren wir über Samplingaktionen und Probieraktionen, die von uns in erster Linie über das Internet initiiert werden“, sagt Christian Berentzen, Geschäftsführender Gesellschafter bei Limuh. „Dadurch bekommen wir realitätsnähere Angaben als bei den bisher üblichen Marktforschungs-Instrumenten.“ Rabenhorst setzt laut Marketingleiter Johannes H. Mauss zudem auf Gesprächsgruppen mit Müttern zum Thema Marke, Markendehnungpotenzial und Konzeptsäfte, in Testgruppen mit Kindern werden Layout- und Geschmackstests durchgeführt.
Attraktives Lizenzgeschäft
Gerade Film- und TV-Figuren wie Bob der Baumeister, Spongebob oder Winnie Puuh schaffen es immer wieder, Kinder wie Eltern zum Kauf von Artikeln zu animieren. Eine wichtige Rolle in der Ansprache der Kinder und Jugendlichen spielen deshalb auch bei Lebensmitteln Lizenzen. Wie hier die Marktsituation in Sachen Umsatz aussieht, kann nur geschätzt werden. Die letzte Erhebung, die einen Einblick in dieses lukrative Geschäft ermöglicht, stammt aus dem Jahr 2002. Damals nahm das Institut für Handel und Marketing an der Uni Hamburg im Auftrag des europäischen Lizenzverbands ELMA (European License Marketing & Merchandising Association) branchenübergreifend die Daten von Lizenzgebern und –nehmern im deutschsprachigen Raum unter die Lupe und stellten fest, dass Lebensmittel und Getränke die „umsatzstärksten Branchen im Lizenzmarkt“ sind. Hier wurde damals schon ein Handelsumsatz von 7,2 Mrd. Euro erwirtschaftet. Griesson–De Beukelaer hält die Lizenz für Shaun das Schaf-Mini-Butterkekse unter der Marke Griesson. „Sie sind das Kinderprodukt schlechthin“, sagt Carla Broockmann, Leiterin Trade Marketing. Der Artikel wird am PoS mit großen Platzierungsoffensiven, Malwettbewerben etc. beworben, zudem auf der Griesson–de Beukelaer-Homepage. Bei Perfetti van Melle hat man unter der Marke Chupa Chups Lizenzen erworben und Produkte von Helly Kitty Surprise und Spongebob Surprise angesiedelt. Beworben werden die Produkte im TV, Online, durch PoS-Promotions (Gewinnspielkooperation mit Mattel), bei Events wie der Ravensburger Spiele-Tour und natürlich klassisch durch Anzeigen in Kindermedien wie Micky-Maus-Heften. Ein weiterer Lizenzerwerb sei in Planung: Ice Age 4, sagt Jan-Christian Günther, Marketing Director Perfetti van Melle Brands. Für seine Marke Huggies kooperiert Kimberly-Clark mit Winnie Pooh, weil der „gerade im Baby- und Kleinkindalter Jungen und Mädchen gleichermaßen begeistert“, so Marketing Managerin Petra Ahlendorf. Little Swimmers greif e passend zum Wasserthema auf Nemo von Walt Disney zurück.

Produkte für Kinder, Werbung für Eltern
Lizenzen sind allerdings nicht für jedes Unternehmen probates Mittel, um die Kids und Teens zu erreichen, denn Lizenzgebühren sind bekanntermaßen teuer, und nicht selten wird die Verwendung durch den Lizenzgeber dirigiert. „Kinder wünschen sich kindgerechte, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Produkte. Kinderprodukte sollen bunt sein, gut schmecken und vor allem Spaß machen“, so Katrin Schmid. Und die werden in Eigenregie entwickelt. Ähnlich handhabt das auch Zimbo. „Snack-Produkte sind auch oft Kinder-Produkte. Daher sprechen wir mit unserem breiten Snack-Sortiment auch die junge Zielgruppe an“, erklärt Marketingleiterin Nicole Löw. Umworben werden jedoch die Erwachsenen: Die Kommunikationsmaßnahmen richteten sich natürlich in erster Linie an die Eltern, so Löw. In zweiter Linie werden die Kinder und Jugendlichen angesprochen. Dabei setze man auf Gewinnspiele, auf die man durch „Bestickerung“ der Produkte aufmerksam mache. Aktuell begleite man den den Kinostart von „Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht“ mit einem Gewinnspiel-Sticker auf 3,6 Mio. Snack- und Wurstprodukten. Nicht nur Zimbo fährt in der Zielgruppenansprache zweigleisig. Kinder sind natürlich empfänglich für Werbung. 71 Prozent der im Rahmen der Kidsverbraucheranalyse befragten Kinder meinten, sie fänden Werbung im Fernsehen sehr gut bzw. gut. 61 Prozent gaben dies auch für Werbung in Zeitschriften an, 38 Prozent der Kinder, die das Internet nutzen, befinden Werbung im Internet für gut bzw. sehr gut. Insbesondere die zur Information und zum Mitmachen kommt gut an. Der Grund: „Durch Werbung erfahre ich, was es alles Neues gibt“, meinten 81 Prozent der befragten Kinder. 61 Prozent erleichtert die Werbung, „meinen Eltern zu erklären, warum ich Sachen will“.

Rabenhorst zielt mit seiner Werbung für die Marke Rotbäckchen ganz klar auf die Eltern ab, auch wenn die Verwender eigentlich Kinder im Alter von 3 bis 9 Jahre sind. Und auch Limuh will Eltern erreichen, und zwar über eine gesündere Positionierung der Produkte. Bei Iglo und Campbells sind ebenfalls nicht direkt die Kinder im Fokus, sondern Familien mit Kindern und Produkte, „die Kleinen und Großen“ Spaß machen, wie, so Jan-Hendrik Maag von Campells Germany, Buchstabensuppe oder Tomatensuppe mit Nudelringen. Entsprechend ist die Werbung ausgerichtet: „Wir sprechen die Zielgruppe junge Familien speziell dort an, wo Sie uns nicht erwarten. Stichwort: Kooperation mit der Ostsee-Holstein-Tourismus“, so Maag. „Wir haben in von jungen Familien gebuchten Ferienhäusern ein Willkommenspaket mit den Erasco Familiensuppen gesampelt.“ Bei Dr. C. Soldan werden in regelmäßigen Abständen Fokusgruppen organisiert, um Rückmeldung auf die Marke Kinder Em-eukal z u erhalten, in die Eltern und Kinder gleichermaßen eingebunden sind. Bonduelle nutzt neben TV-Werbung im Print-Bereich reichweitenstarke Familien-Titel, um die Zielgruppe ohne große Streuverluste anzusprechen. Darüber werden Eltern wie Kinder gleichermaßen angesprochen, „denn die Mütter sind in den meisten Fällen auch die Käufer unserer Produkte“, so Marketingleiter Andreas Kühnle.

Matthias Poller, Head of Trade Marketing bei Iglo: „Wir beziehen die komplette Bandbreite klassischer Tools ein und nutzen zudem die stärksten Elemente am PoS. Neben TV, Print, Internet werden alle Social-Media-Portale genutzt und natürlich die PoS-Medien über insbesondere Packungen, Handzettel und Werbematerial.“

Ehrmann wirbt für seine Kinderprodukte auf den Kinderkanälen im TV, in Print-Titeln für Kinder und Online. Natürlich bezieht man die Eltern mit ein und umwirbt sie ebenfalls. „Eine indirekte Ansprache der Eltern erfolgt über das kindgerechte Verpackungsdesign und der Kommunikation von positiven Nutzenaspekten der Milch“, so Schmid. Trotz allem: Letztlich entscheiden die Kinder.

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