Interview mit Andreas F. Schubert - Kühne „Wir müssen neue Märkte suchen“

Er verabschiedet sich Mitte des Jahres von der Spitze des Feinkost- und Sauerkonservenherstellers Kühne: Andreas F. Schubert leitete die Geschicke des Unternehmens dann fast neun Jahre.

Montag, 11. März 2013 - Hersteller
Lebensmittel Praxis
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Mit der LEBENSMITTEL PRAXIS wirft er einen kurzen Blick zurück und denkt über die Zukunft nach.

LP: Herr Schubert, Sie verlassen das Unternehmen Kühne, um sich noch mal anderen Aufgaben zu widmen. Was waren ihre wichtigsten und besten Entscheidungen bei Kühne?
Schubert: Da ist zuerst die Revitalisierung der Marke zu nennen. Auch die Fokussierung auf das Auslandsgeschäft. Und schließlich die Ausrichtung auch auf die Systemgastronomie. Aber die beste Entscheidung war, hierher zu kommen. Es war eine tolle Zeit.

Was werden Sie künftig machen?
Der Übergang ist ja geplant gewesen, und ich werde eine neue Aufgabe in einem anderen Unternehmen übernehmen.

Sie haben mit Ihrem Team für viele Kühne-Produkte die Marktführerschaft oder zumindest eine Spitzenposition erreicht. Wie entscheidend ist das fürs Geschäft?
Generell muss man sagen, dass man als Marktführer in einem Segment der entscheidende Partner für den Handel ist. Außerdem entstehen Skaleneffekte für alle Produkte, die sie anbieten. Ohne Markenstärke bewegen sie im Markt wenig.

Können Sie dann auch mal mit einer Nummer drei zufrieden sein?
Das muss man differenzieren. Eine nationale Nummer drei kann ja Nummer eins in einer Region sein. Nehmen Sie unseren Senf. Hier sind wir national „nur“ die Nummer fünf, aber im Norden klare Nummer eins. Oder andersherum: Wir sind national die Nummer eins bei Gurken, aber nicht in Baden-Württemberg.

Auch Kühne steht mittlerweile für ein breites Portfolio. Ist mehr vorstellbar?
Ja, ich denke, die Marke verträgt das. Wichtig dabei: Ein Marktanteil von 5-6 Prozent muss in einem überschaubaren Zeitraum realistisch zu erreichen sein.

Was könnte das sein?
Da ist einiges denkbar. Antipasti, Gemüsesäfte, Gemüsesuppen. Die Frage ist immer, hat man ein substantielles Angebot, das andere Angebote übertrifft.

Wie attraktiv ist für Ihr Haus der Discount als Vertriebsschiene?
Als Marke müssen sie überall sein. Aber der traditionelle Lebensmittelhandel ist unser Hauptkunde. Hier ist unser Sortiment erkennbar. Und der traditionelle Supermarkt gewinnt ja auch wieder. Aber natürlich arbeiten wir auch mit Discountern gerne zusammen.

Wo sehen Sie heute entscheidende und bleibende Trends im Markt?
Im Zuge der allgemeinen Umweltdiskussion hat das Thema „Regionalität“ eine große Bedeutung. In diesen Zusammenhang gehören dann auch Begriffe wie Natürlichkeit und Frische. Ein weiterer Trend, den wir feststellen, ist der Wunsch der Verbraucher nach „scharf-würzigen“ Produkten.


Und Bio?
Bio ist normal geworden. Das Angebot ist mittlerweile riesig, die niedrigen Preise sind kaum nachvollziehbar. Wir haben uns damit beschäftigt, es aber nicht aufgegriffen.

Ist Regionalität ein Thema?
Darüber wird heftig diskutiert. Ist aber nicht ganz einfach. Ist ja auch nicht bei allen Produkten und allen Rezepturbestandteilen möglich. Der allergrößte Teil unserer Konservenprodukte kommt aus heimischem Anbau.

Wie heben Sie sich bei verkaufsfördernden Maßnahmen vom Wettbewerb ab?
Wir machen keine „Gießkanne“, d.h. unsere Aktionen sind immer auf das Handelsformat und das Handelsunternehmen abgestimmt. Individualität ist für den Händler genauso wichtig wie für die Marke Kühne.

Sie schließen das Kühne-Geschäftsjahr 2012/2013 noch ab. Wie läuft’s?
Wir werden wachsen, trotz Rückgängen in Deutschland. In einigen Segmenten konnten wir Marktanteile gewinnen. Das Phänomen 2012 war: Keiner ist gewachsen außer die Handelsmarken. Wir haben keine Marktanteile verloren, aber mit dem Erfolg der Handelsmarken müssen wir uns auseinandersetzen.

Zufrieden?
Mit dem Geschäft in Deutschland sind wir nicht zufrieden, was wir hier nicht an Wachstum erreichen, erreichen wir im Ausland. Derzeit beträgt der Anteil am Umsatz rund 40 Prozent mit den wichtigsten Ländern Frankreich, Benelux, Türkei, Russland und China. Der Anteil wird in den nächsten Jahren auf 50 Prozent steigen.

Wachstumschancen in Deutschland?
Chancen gibt es immer. Aber die demografische Entwicklung spricht eigentlich dagegen: Die Bevölkerung nimmt ab und wird dabei älter. Ältere Menschen essen weniger. Zuwanderer kommen eher aus anderen Kulturkreisen und haben andere Konsumgewohnheiten. D.h. der Markt in Deutschland wird nicht mehr die gewünschten Wachstumspotenziale hergeben. Wir müssen neue Märkte suchen und da sind wir auf einem guten Weg.

Informationen zur Kühne-Gruppe
Kühne ist eines der ältesten Markenunternehmen Deutschlands. Der Grundstein wurde 1722 in Berlin gelegt. Mit Essig, Gurken Senf, Rotkohl, Fasskraut, Gemüse in Essig, Dressings und mehr werden heute geschätzte 350 Mio. Euro umgesetzt. Jährlich werden 170 Mio. l Essig, 66.000 t Senf und 40.000 t Feinkost hergestellt. Mehr als 80.000 t Konservenrohwaren werden jährlich verarbeitet.
Marktführer ist Kühne bei Essig, Gurken, Rotkohl. Zum Sortiment gehören aber auch Salatdressings, Sauerkraut, Gemüse in Essig oder Meerettich. Die Kühne-Gruppe unterhält Standorte in Berlin, Straelen, Schweinfurt, Hagenow und Hamm sowie in Dijon (Frankreich), Walbrzych (Polen), Istanbul und Izmir (Türkei). Vertriebsniederlassungen gibt es in den Niederlanden und China. Das Auslandsgeschäft gewinnt an Bedeutung.