Klimaschutz Bio Plus ist Ziel

Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit sind Kern der Unternehmens- und Markenstrategie von Followfood. Wie die Friedrichshafener Klimaschutz und die Weiterentwicklung der Bio-Landwirtschaft vorantreiben, erklärt Geschäftsführer Jürg Knoll.

Mittwoch, 08. Juli 2020 - Hersteller
Bettina Röttig
Artikelbild Bio Plus ist Ziel
Bildquelle: Followfood

„Folge dem wahren Geschmack“ – der Slogan von Followfood steht seit Gründung des Unternehmens 2007 für maximale Transparenz. Per Tracking-Code auf jeder Verpackung können die Konsumenten alle Lieferanten und Beschaffungswege der Produkte und ihrer Bio-Zutaten online abrufen. Ab 2021 werden nicht nur sämtliche knapp 100 Produkte unter den Marken Followfish und Followfood klimaneutral gestellt, sondern auch die Verwaltung und sämtliche Transportwege.

Herr Knoll, ist der Aspekt „Klimaschutz“ heute bereits ein bedeutendes Verkaufsargument bei Lebensmitteln?
Jürg Knoll: Wir sind fest davon überzeugt, dass es künftig nicht mehr nur um „Verkaufsaspekte“ geht. Es geht darum, als Marke Werte zu leben, die tief verankert sind und dazu beitragen, unsere Welt zu einem besseren Platz zu machen. Allein deswegen ist es im Jahr 2020 aus unserer Sicht gar nicht mehr möglich, sich nicht mit dem Thema Klimaschutz intensiv zu beschäftigen. Dazu beobachten wir, dass Konsumenten zunehmend besser informiert sind und gezielt nach nachhaltigen Produkten suchen, die die Umwelt nicht oder wenig belasten. Insofern ist Klimaneutralität ein wichtiger Aspekt, der auf dieses veränderte Kaufverhalten einzahlt.

Lässt sich das in Zahlen messen? Verändert Corona das Konsumverhalten?
Im ersten Quartal 2020 hatten wir trotz Corona-Krise 40 Prozent Zuwachs. Wir schließen klar daraus, dass nachhaltiger Konsum in der Krise sogar noch zunimmt.

Gibt es zu der Einschätzung auch „Belege“ über die Absatzentwicklung hinaus?
Gibt es ein klareres Feedback als Absatzzahlen? Wir sind zum Beispiel im Bereich TK-Fisch um 40 Prozent stärker gewachsen als der Gesamtmarkt und fast dreimal so stark wie der Hard-Discount. Wenn Menschen bereit sind, selbst in der Krise mehr Geld für nachhaltige Lebensmittel auszugeben, ist das die härteste Währung, die es im Geschäftsleben gibt. Wir bekommen darüber hinaus auch viel positive Zustimmung etwa über unsere Social-Media-Kanäle. Übrigens ist gerade eine Studie von Brand-Trust erschienen, die unsere Erfahrung unterstreicht, nämlich, dass Verbraucher bereit sind, bis zu 17 Prozent mehr zu zahlen, wenn die Marken ökologisch und sozial verträglich handeln.

Followfood soll bis 2021 komplett klimaneutral und perspektivisch klimapositiv werden. Das ist nur durch Kompensation der unvermeidbaren Emissionen zu erreichen. Welche Projekte unterstützt ihr und warum?
Grundsätzlich achten wir darauf, dass wir Projekte sowohl in Deutschland als auch anderen Regionen der Welt unterstützen. Außerdem kombinieren wir Projekte mit langfristiger und kurzfristiger Wirkung. Bäume pflanzen wirkt beispielsweise erst nach einigen Jahren, dafür sehr langfristig – wenn es ein seriöses Projekt ist. Wenn ich aber heute effiziente Kocher für Ureinwohner in Ruanda kaufe, dann sparen die ab der ersten Nutzung bis zu 70 Prozent wertvolles Tropenholz. Insofern haben wir eine ganze Reihe von Projekten etwa Baumaufforstung in Nicaragua, Klimaschutz durch effiziente Kocher in Ruanda und ein Moor-Renaturierungsprojekt in Deutschland, um nur drei konkret zu nennen.

Ein Baustein der Strategie ist Ihre Bodenretter-Initiative. Was steckt dahinter?
Unsere Vision ist es, Systeme zu unterstützen und mit zu entwickeln, die Landwirtschaft so weiterentwickeln, dass selbst die heute strengsten Bio-Standards übertroffen werden. Warum? Weil wir weltweit ein massives Problem haben mit der Qualität von Böden – leider teilweise auch im Bio-Bereich. Hier gilt es, konzentriert und mutig weiter zu denken, Bio hat alle Voraussetzungen, sich hier neu zu erfinden und weiter innovativ zu sein. Die Permakultur-Bewegung hat hier sehr viel geleistet, jetzt geht es darum, diese Konzepte auf große Flächen zu skalieren.

Fünf Cent des Verkaufspreises bestimmter Produkte gehen an die Initiative. Was wurde bereits erreicht?
2019, also das Jahr, in dem wir die Bodenretter-Initiative gestartet haben, sind 50.000 Euro in den Fonds geflossen. Dieses Jahr werden es mehr als 80.000 Euro werden. Wir sind dabei, mit einem sehr großen Bauernhof in Ostdeutschland eine langjährige Partnerschaft einzugehen, wo wir in den nächsten Jahren bis zu 500.000 Euro investieren werden, für einen besseren Boden.

Welche konkreten Projekte werden umgesetzt?
Ein konkretes Beispiel, das wir angehen werden, ist „Agroforst“. Bei dieser Methode werden Bäume auf Feldern gepflanzt, weil diese in Symbiose zu den Kulturpflanzen unheimlich bereichernd wirken können. Sie liefern Schatten gegen Hitze und Wind, sie lockern mit ihren Wurzeln den Boden auf, speichern Flüssigkeit, sind geniale Habitate für diverse Insekten- und Reptilienarten, helfen damit, den Schädlingsdruck gering zu halten und last but not least beeinflussen sie positiv das Mikroklima. Ist es nicht verrückt: Die Natur will immer hin zum Wald, und wir nutzen die genialen Vorteile der Kombination von Wald und Landwirtschaft bis heute noch kaum aus? Die Natur hat uns alles an die Hand gegeben, wir müssen nur von ihr lernen und Konzepte entwickeln, die auf landwirtschaftliche Flächen skalierbar sind. Monokulturen sind gegen die Natur, Einbahnkonzepte, die wir durch eine ganzheitliche, regenerative Landwirtschaft, die über „Bio“ hinausgeht, ersetzen möchten.