Warenverkauskunde Saisongebäck

Lebkuchen, Spekulatius, Stollen & Co. läuten in den Märkten die herbstliche und weihnachtliche Saison ein. Was die klassischen Saisongebäckarten kennzeichnet, worin sie sich unterscheiden, wie sie geschickt vermarktet werden, darüber informiert diese Warenverkaufskunde.

Dienstag, 07. November 2017 - Warenkunden
Hedda Thielking
Artikelbild Saisongebäck
Der Wortbestandteil „Pfeffer“ wie bei Pfeffernüssen weist nur auf eine kräftige Würzung hin. Pfeffer enthält das Gebäck nicht.
Bildquelle: Bahlsen GmbH & Co. KG, Hannover, Getty Images
Vorweihnachtlicher Genuss

Von September bis Anfang Januar gehört es zum Pflichtsortiment im LEH: das Saisongebäck. Welche Gebäckarten sollten in keinem Markt fehlen? Und was zeichnet diese Produkte aus? Ein Überblick.

Kaum neigt sich der Sommer dem Ende entgegen, schaffen Händler Platz für herbstliches und weihnachtliches Saisongebäck. Lebkuchen, Spekulatius, Stollen & Co. kommen dann frisch aus der Produktion, um die Kunden auf die bevorstehende Herbst- sowie Advents- und Weihnachtszeit einzustimmen. Wann der Verkauf genau startet, obliegt dem Handel und hängt vom Wetter ab. In der Regel ist dies rund um den meteorologischen Herbstbeginn der Fall. Auch wenn sich der eine oder andere Konsument über den frühen Verkauf von Saisongebäck wundert; einer von Bahlsen in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Respondi aus dem Jahr 2016 zufolge kaufen 81 Prozent und essen 77 Prozent der Verbraucher Herbst- und Weihnachtsgebäck bereits vor der Adventszeit. Neue Geschmacksrichtungen wie Kokos oder Ingwer, Saisongebäck mit weißer Schokolade und Snackprodukte wie Stollenhappen oder Lebkuchensticks sorgen zwar für Abwechslung, aber im Grunde stehen traditionelle, alt bewährte Sorten nach wie vor im Fokus.

Knapp 1

kg Saisongebäck wie Lebkuchen, Spekulatius, Stollen usw. verzehren die Deutschen durchschnittlich im Jahr. Dieser Pro- Kopf-Verbrauch ist seit einigen Jahren in etwa konstant.

Saisongebäck unterscheidet man in verschiedene Produktgruppen:

Sonstiges Saisongebäck
All diese Produktgruppen zählen zu den sogenannten Feinen Backwaren. Wie alle anderen verarbeiteten Lebensmittel müssen auch sie in Sachen Herstellung und Kennzeichnung diverse Gesetze und Verordnungen erfüllen. Für alle Feinen Backwaren sind zusätzlich die sogenannten Leitsätze für Feine Backwaren relevant. Hier sind unter anderem die Definitionen für die einzelnen Produktgruppen, ihre charakteristischen Eigenschaften, ihre Beschaffenheit und Mindestmengen an bestimmten Zutaten in den jeweiligen Produkten dargestellt. Die Anforderungen bzw. Mindestmengen an die einzelnen Produktgruppen beziehen sich jeweils auf 100 kg Getreideerzeugnisse (z. B. Mehl) und/oder Stärke. Im Folgenden werden die Produktgruppen mit ihren typischen Eigenschaften und Merkmalen kurz vorgestellt.

Stollen
Stollen wird aus Hefeteig hergestellt. Er enthält – anderes als es bei Hefeteig üblich ist – vergleichsweise viel Fett und Zucker: Auf 100 kg Getreideerzeugnisse (z. B. Mehl und/oder Stärke) kommen mindestens 30 kg Fett (z. B. Butter oder Margarine). Typisch für Stollen ist der hohe Anteil an Trockenfrüchten. Bezogen auf den Mehlanteil sind es 60 Prozent Trockenfrüchte (nur Rosinen, Sultaninen oder Korinthen) sowie Zitronat und Orangeat. Nach dem Backen werden die Stollen meistens sofort mit Butter oder einem anderen Fett bestrichen und mit Puderzucker bestäubt. Für die verschiedenen Stollensorten wie Mandel-, Marzipan-/Persipan-, Mohn-, Nuss-, Butter- und Quarkstollen ist in den Leitsätzen für Feine Backwaren ebenfalls vorgeschrieben, wie viele weitere Zutaten mindestens enthalten sein müssen. In Mandel-, Mohn- und Nussstollen sind es beispielsweise bezogen auf den Mehlanteil mindestens 20 Prozent Mandeln bzw. Mohn bzw. Nusskerne. Für Marzipan-/Persipan-Stollen gilt, dass mindestens 5 Prozent des Stollengewichtes Marzipan- bzw. Persipan-Rohmasse sein muss. Die Bezeichnungen Dresdner Stollen, Dresdner Christstollen und Dresdner Weihnachtsstollen sind übrigens geschützt (s. Text S. 64). Es handelt sich um ein schweres Hefegebäck mit einem noch höheren Butteranteil (keine Margarine!) und Früchteanteil als für klassischen Stollen mindestens vorgegeben ist.

Spekulatius
Spekulatius ist ein Saisongebäck aus Mürbeteig. Seine härtere knusprige Konsistenz entsteht durch seinen relativ hohen Zuckergehalt und einen für Mürbegebäck vergleichsweise niedrigen Fettgehalt. Es gibt z. B. Butterspekulatius, der mit Butter, und Gewürzspekulatius, der mit den typischen Gewürzen hergestellt wird. Mandelspekulatius enthält zusätzlich Mandeln.

Lebkuchen
Lebkuchen werden sowohl aus zähflüssigen oder schaumigen Massen als auch aus festeren formbaren Teigen hergestellt. Sie kommen in verschiedenen Formen vor, z. B. Herzen, Brezeln oder Sterne. Des Weiteren können sie überzogen, belegt, bestreut, verziert, glasiert oder gefüllt sein.

Lebkuchen enthalten Getreideerzeugnisse (z. B. Mehl), Zucker und/oder Honig, Gewürze (z. B. Anis, Ingwer, Kardamom, Koriander, Muskat, Nelken, Piment, Zimt) und/oder Aromen mit natürlichen Aromastoffen. Je nach Lebkuchenart kommen Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse, andere Ölsamen, Hühnerei-, Milcherzeugnisse, Zubereitungen aus Früchten oder Fruchterzeugnissen und Malzextrakt hinzu. Überzogen werden die Lebkuchen mit Schokolade und Zuckerglasuren. Speisefette und -öle werden nicht verwendet – außer bei Braunen Lebkuchen (s. u.).


Man unterscheidet auf Oblaten gebackene Lebkuchen und Braune Lebkuchen:

Auf Oblaten gebackene Lebkuchen
Bei dieser Lebkuchenart wird die Masse auf Oblaten gestrichen oder mit einer Tülle gespritzt. Nachdem die Oberfläche kurz angetrocknet ist, werden die Lebkuchen gebacken.

Haselnuss, Walnuss- und Nuss-Lebkuchen müssen mindestens 20 Prozent Haselnüsse oder Walnüsse oder Mandeln in der Masse enthalten.

Feinste Oblatenlebkuchen werden z. B. unter der Verkehrsbezeichnung Elisenkuchen in Verkehr gebracht. Während die meisten Lebkuchensorten bereits seit dem Mittelalter hergestellt werden, ist der Elisenlebkuchen erst seit 1808 bekannt. Möglicherweise hat die Heilige Elisabeth, Schutzpatronin der Bäcker und Lebküchner, zur Namensgebung inspiriert. Fakt ist jedoch, dass es sich hierbei um „feinste Oblatenlebkuchen“ handelt, die sich durch einen besonders hohen Anteil (mindestens 25 Prozent) an Mandeln, Walnusskernen oder Haselnüssen auszeichnen.

Weiße Lebkuchen sind Oblatenlebkuchen mit mindestens 15 Prozent Vollei/Eiprodukten oder Milcheiweißerzeugnissen und nicht mehr als 40 Prozent Mehl/Stärke. Es gibt Weiße Lebkuchen nur in rechteckiger Form und sie sind weder gefüllt noch überzogen. Dekoriert werden sie mit Mandeln, Orangeat und Zitronat.

Braune Lebkuchen
Braune Lebkuchen werden weder aus Massen hergestellt noch auf Oblaten gebacken. Die Zutaten werden vermengt, zu einem Teig geformt und danach ausgestochen oder geschnitten. Dieses Gebäck kann geringe Mengen an Speisefetten enthalten. Braune Lebkuchen gibt es gefüllt und ungefüllt in vielen Formen, zum Beispiel als Herzen, Brezeln oder Sterne. Anfangs ist dieses Gebäck zunächst etwas fest. Wenn man es in kühlen Räumen mit nicht zu hoher Luftfeuchtigkeit lagert, wird es etwas weicher.

Qualitätshinweise wie „feine“ oder „feinste“ Lebkuchen deuten auf einen Zusatz von mindestens 10 bzw. 20 Prozent Mandeln und/oder Haselnuss- bzw. Walnusskernen oder anderen Ölsamen hin.

Zur Familie der Braunen Lebkuchen gehören folgende Gebäckarten:

Bei Honig-Lebkuchen, kurz Honigkuchen genannt, muss mindestens die Hälfte des Zuckergehaltes aus Honig stammen.

Spitzkuchen sind gefüllte oder ungefüllte Stücke aus braunem Lebkuchenteig. Typisch für sie ist die mundgerechte dreieckige oder trapezförmige Ausformung. Sie sind mit Schokolade überzogen.

Dominosteine sind mundgerechte Würfel aus einer oder mehreren Schichten von gebackenem Braunen Lebkuchen. Diese werden mit einer oder mehreren Lagen aus Fruchtfüllungen, Persipan oder Marzipan belegt und mit Schokolade überzogen.

Printen können knusprig-hart oder auch saftig-weich sein. Sie haben meistens eine rechteckige Form oder sind zu Figuren ausgeformt. Typisch für Printen sind die braunen Kandiszuckerkrümel und die typische Würzung. Bei Gewürzprinten wird manchmal ein Teil des Zuckers durch Rübensirup ersetzt.

Bei Pfefferkuchen handelt es sich um kräftig gewürzte Lebkuchen. Sie enthalten auf 100 kg Mehl/Stärke mindestens 50 kg Zucker.

Pfeffernüsse oder Pflastersteine sind dicke oder hohe Lebkuchen.

Makronengebäck
Typische Zutaten in Makronengebäck sind zerkleinerte Mandeln oder andere Ölsamen, Zucker und Eiklar. Mehl und/oder Stärke ist nur bei Kokosmakronen üblich.

Zimtsterne
Sie werden aus Mandeln und/oder Nusskernen, Zucker, Eiklar und Zimt hergestellt. Die Oberseite ist meistens mit einer Zuckerglasur überzogen. Der Boden kann mit Schokolade überzogen sein.

Saisongebäck mit geschützter Herkunftsbezeichnung

Dresdner Stollen, Nürnberger Lebkuchen und Aachener Printen tragen das EU-Gütesiegel „geschützte geografische Angabe (g.g.A.)“. Das bedeutet: Produkte mit diesem Siegel müssen mindestens eine der Produktionsstufen – Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung – im genannten Gebiet durchlaufen. Zudem weist das Gütesiegel auf besondere Merkmale bzw. Spezifikationen der Erzeugnisse hin: So muss z. B. die gesamte Produktion des Dresdner Stollens im Großraum Dresden erfolgen. Als Verkehrsbezeichnung sind auch Dresdner Christstollen und Dresdner Weihnachtsstollen zugelassen.

Nürnberger Lebkuchen wird ausschließlich in der Region Nürnberg, Aachener Printen werden nur in Aachen und bestimmten Nachbargemeinden hergestellt. Alle Produkte mit diesem EU-Siegel sind in das „EU-Qualitätsregister“ eingetragen. Geführt und bewacht wird es durch die Europäische Union.


Emotional vermarkten

Die Verbraucher verbinden mit Saisongebäck Genuss in einer angenehmen Atmosphäre. Dies sollten Händler auch bei der Warenpräsentation berücksichtigen.

Lebkuchen, Stollen und Spekulatius gehören nicht zu den Produkten, die gehetzte Verbraucher schnell zwischen Tür und Angel essen. Im Gegenteil. Saison- bzw. Weihnachtsgebäck dient dem Genuss – am liebsten in Ruhe in einer gemütlichen Runde. Darüber hinaus werden diese Produkte auch gerne verschenkt – vor allem wenn sie weihnachtlich verpackt sind.

Um Abschriften zu vermeiden, sollten Händler diese Saisonware so abverkaufsgerecht wie möglich bestellen. Die umsatzstärksten Wochen für Saisongebäck sind häufig die Kalenderwochen 46 bis 50.

Platzieren und vermarkten
Es empfiehlt sich, Saisongebäck vor allem auf stark frequentierten Aktionsflächen im Markt zu präsentieren, am besten in den Hauptgängen des Marktes wie im Umfeld der Süßwarenabteilung, im Eingangsbereich und in der Vorkassenzone. Das Sortiment sollte außer den beliebten Klassikern auch Saisonneuheiten bieten. Wichtig ist, dass die Ware optisch immer tipptopp den Kunden präsentiert wird.

Da die Verbraucher Saisongebäck oft mit Traditionen und Emotionen verbinden, sollten Händler auch bei der Warenplatzierung und -präsentation auf Emotionalität setzen. So können weihnachtliche Dekorationsartikel auf den Aktionsflächen für eine (vor)weihnachtliche Stimmung sorgen. Manche Hersteller bieten herbstlich und/oder weihnachtlich gestaltete Displays an, die zusätzlich für Aufmerksamkeit sorgen. Stimmungsvolle Shopperzugaben der Hersteller wie Geschenkaufkleber schaffen ebenfalls Kaufanreize. Noch ein Tipp: Aus Spekulatius oder Lebkuchen lassen sich auch leckere Desserts und Kuchen zubereiten. Entsprechende Rezeptvorschläge sorgen vor allem zu den Festtagen für einen weiteren Kauf- und Verzehranlass.

Saisongebäck richtig aufbewahren

Ein Tipp für die Kunden: Saisongebäck sollte man grundsätzlich kühl und trocken lagern. Es gehört jedoch nicht in den Kühlschrank! Nach dem Öffnen sollte das Gebäck entweder in einer luftdichten Dose aufbewahrt oder in einem Gefrierbeutel mit einem Aromaclip verschlossen gelagert werden.

Wissen checken

Wer aufmerksam gelesen hat, kann die folgenden Fragen beantworten.

{tab=Fragen}

  1. Was bedeutet das EU-Siegel „g.g.a.“, und welche Saisongebäckarten können damit gekennzeichnet sein?
  2. Zu welcher Lebkuchenart gehören Dominosteine und Printen?
  3. Welches sind die drei beliebtesten Saisongebäckarten?

{tab=Atworten}

  1. Das EU-Siegel g.g.A. bedeutet geschützte geografische Angabe und ist eine geschützte Herkunftsbezeichnung. Produkte mit diesem Siegel müssen mindestens eine der Produktionsstufen – Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung – im genannten Gebiet durchlaufen. Beispiele sind Nürnberger Lebkuchen, Dresdner Stollen, Aachener Printen.
  2. Sie gehören zu den sogenannten Braunen Lebkuchen, die aus Teigen hergestellt werden.
  3. Lebkuchen, Spekulatius, Stollen.

Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis. Wir danken der Bahlsen GmbH & Co. KG und dem Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. für den fachlichen Rat und das zur Verfügung gestellte Bildmaterial.

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Bild öffnen Der Wortbestandteil „Pfeffer“ wie bei Pfeffernüssen weist nur auf eine kräftige Würzung hin. Pfeffer enthält das Gebäck nicht.
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Bild öffnen Marzipan und Persipan: Marzipan wird aus Mandeln und Persipan aus Aprikosenkernen hergestellt. Persipan ist preiswerter und dient somit häufig als Marzipanersatz.
Bild öffnen Aachener Printen müssen in dieser Stadt produziert werden.