CAP-Markt Tutow Hier trifft sich ganz Tutow

Ein Supermarkt in einem Dorf mit 1.000 Einwohnern? Der CAP-Markt ist mehr als ein Ort zum Einkaufen: Er gibt beeinträchtigten Menschen Arbeit, versorgt die Einwohner mit guten Lebensmitteln, ist das Zentrum des Ortes Tutow.

Donnerstag, 13. September 2018 - Ladenreportagen
Susanne Klopsch
Artikelbild Hier trifft sich ganz Tutow
Fans des CAP-Marktes (v. l.): Torsten Spitzer (stellvertretender CAP-Marktleiter), Bettina Freese (Dezernentin AWO), Klaus Schmidt (Geschäftsführer AWO).
Bildquelle: Santiago Engelhardt

In Tutow heißt es nur auf den ersten Blick „Zurück in die Vergangenheit“: Der CAP-Markt befindet sich in einem Gebäude der standardisierten ESK-Serie 700/850 für Großraumkaufhallen und gleich nebenan steht ein Plattenbau WBS 70. Doch wie so oft trügt der Schein, denn schon die Außenfassade zeigt, dass die Zeit hier nicht stehengeblieben ist. Dennoch ist es kaum zu glauben, dass ein so kleiner Ort wie Tutow (Mecklenburg-Vorpommern) mit 1.000 Einwohnern einen Supermarkt hat.

Fakten im Fokus
  • Verkaufsfläche: 800 qm
  • Mitarbeiter: 16
  • Artikel: 12.000
  • Durchschnittsbon: 9 Euro

Der Standort
Hinter den ESK-Ziffern verbirgt sich die variable Verkaufsfläche: Minimum 700, Maximum 850 Quadratmeter. Der CAP-Markt hat 800. Mehr geht nicht, denn die einst als zusätzliche Flächen für den Verkauf geplanten Räume werden serviceorientiert genutzt. Die Innenarchitektur wurde den Gegebenheiten angepasst. Das Ladenlayout ist modern und ansprechend. Der Kunde – auch der im Rollstuhl sitzende und die Mutti mit dem Kinderwagen – passieren alle Bereiche problemlos. Rechts im Vorkassenbereich kann in der „Sparkasse“ nicht nur Geld abgehoben werden. Es können Einzahlungen getätigt werden, und es gibt einen Kontoauszugsdrucker. Gleich daneben sind ein behindertengerechtes WC sowie der Leergut-Automat. Für Klaus Schmidt, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Demmin, stellt „dieser Markt in doppelter Hinsicht einen Lebensmittelpunkt dar, zum einen hinsichtlich der Versorgung der Bewohner der Gemeinde Tutow und Umgebung, zum anderen als einem Ort der Begegnung mit anderen Menschen“. 40 Prozent der Mitarbeiter haben eine Schwerbehinderung, eine psychische und/oder eine physische Beeinträchtigung

Historie des CAP-Marktes

1989/1990: Die Konsumgenossenschaft lässt eine Großraumkaufhalle der Serie ESK 700/850 bauen. Sie wird jedoch nicht mehr eröffnet 1991: Übernahme durch die Coop und Eröffnung eines Pro- Marktes, aus dem später ein Sky-Markt wird 2016: Übernahme durch die Rewe und Schließung der Filiale 2017: Übernahme durch die AWO Service und zu Tisch gGmbH und Eröffnung als CAP-Markt

Gelebter Kundenservice
Der CAP-Markt ist rechtsläufig und beginnt mit der Obst- und Gemüseabteilung. Die Gangbreiten sind großzügig. Alle messen zwei Meter. Mitten in der Obst- und Gemüseabteilung ein Aktionsaufbau, der Kunden langsamer werden lässt: Pelmeni, kleine Nudeltaschen mit Füllung – anfangs nur mit Fleisch -, die ihren Ursprung in Russland haben, werden offeriert. Zutaten und Handlungsanleitung sind bestens präsentiert. Die nur 1,60 Meter hohen Mittelraumregale haben alle Gondelköpfe. Die Wände leuchten im CAP-typischen Grün und geben dem Kunden mit der Sortimentsbenennung Orientierung. Auch wenn die Beschriftungen groß sind, visualisieren Fotos mit einem typischen Artikel die Sortimentsgruppe zusätzlich. Ein Beispiel für das gut durchdachte Markenkonzept.


Präsentation mit System
Ein Bild über den Wandkühlmöbeln der Molkereierzeugnisse zeigt die darin befindlichen Waren an. Lediglich an den mit Schiebetüren versehenen Tiefkühlmöbeln wurde auf eine Beschriftung verzichtet. Bei der Benennung am Regal fällt auf, dass sie vom Kunden her gedacht ist. Die Schilder sind eine Nummer größer als anderswo. Die darauf enthaltenen Daten gut lesbar. Zudem leuchten sie in der Farbe Gelb. Auf Dauer günstige Produkte, solche aus der Region, Bio-Produkte oder Ware aus der aktuellen Aktion werden mit farblichen Pfeilen hervorgehoben. Diese können als Wipper an der Regalschiene befestigt oder in die Schiene gesteckt werden. Eine gute Lösung, die gekonnt Akzente setzt, für Aufmerksamkeit sorgt, ohne dass der Kunde überfordert wird. Im gut durchdachten Werbesystem gibt es auch CAP-typische Displays. Dass die Kleidung der Mitarbeiter, die Einkaufstaschen, die Handzettel und Plakate entsprechend gestaltet sind, versteht sich von selbst.

Schnell gelesen

Cap-Markt, Platz des Friedens 10, 17129 Tutow

  • Vollversorger in einer 1.000 Seelen- Gemeinde, der im Umkreis von 12 Kilometer „der“ Anbieter ist
  • Der CAP-Markt ist die Mitte von Tutow – hier trifft man sich
  • 41 Prozent der Beschäftigten haben eine Schwerbehinderung, eine psychische und/oder eine physische Beeinträchtigung
  • Begleitetes Kaufen gehört zum Service
  • Viel Wert wurde auf das Kundenleitsystem gelegt: breite Gänge, gut lesbare Auszeichnungen und ein intuitiver Warenaufbau soll die Orientierung beim Einkauf erleichtern

Das Angebot
Zum Sortiment gehören Lebens- und Genussmittel sowie Verbrauchswaren. Obst und Gemüse gibt es lose und abgepackt. Das Food-Sortiment ist breiter und tiefer als das vom hier sonst üblichen Discounter. Fleisch, Wurst, Käse sowie Fisch gibt es allerdings nicht in Bedienung. Sogar der einst ortsansässige Fleischer hat es nicht geschafft, sich mit Qualität gegen die Billiganbieter durchzusetzen. Er hat schon lange zu. Doch bei der SB-Ware im CAP greifen Kunden gerne zu. Kein Wunder: kommt die doch von der Anklamer Fleisch- und Wurstwaren GmbH. Zu den regionalen Direktlieferanten zählen ferner die Mecklenburger Landpute und ein Blumengroßhändler.

Den Großteil der Ware liefert die Edeka, aber auch Wiesenhof, Lekkerland und Harry-Brot. Die GDW Süd (Genossenschaft der Werkstätten für behinderte Menschen) bietet darüber hinaus übers Jahr verteilt Aktionswaren an, aus denen sich die CAP-Märkte bedienen können. Aktuell heißt es „Nachhaltig Grillen“. Hier gibt es Saucen „Einmal um die Welt“, alles für die Grillparty und Grillkohle aus Kokosfasern – alles in Bio-Qualität. Das Einweggeschirr und Einwegbesteck ist aus Palmblättern – und sieht auch gut aus.

Kunden leiten

„Unser Ziel im CAP-Markt Tutow war, einen Supermarkt zu schaffen, der eng mit den hohen Ansprüchen und Bedürfnissen der Kundschaft verbunden ist. Die CAP-Märkte sind Treffpunkt verschiedener Akteure – von der Mutter mit Kleinkind bis zum Rentner mit Sehschwäche. Besonders Wert gelegt haben wir deshalb auf das Kundenleitsystem. Breite Gänge, gut lesbare Auszeichnungen und ein intuitiver Warenaufbau ermöglichen Menschen mit und ohne Handicap ein rund um gutes Einkaufserlebnis.“

Fokuspunkte ziehen an
Ein Highlight des CAP-Marktes ist CAPpuccino: Back Shop mit Kaffeebar. Schon in der Kühlabteilung wird der Kunde von der Bäckerei angezogen. Die ansprechende Gestaltung bestehend aus Holz, schwarze Rahmen an Auslagen und Regalen wirken edel und wertig. Auf Flat Screens können Kunden sich von der professionellen Röstung des Kaffees der Marke Cafésito überzeugen. Zu saisonalen Höhepunkten gibt es auch einen Mittagstisch zum Direktverzehr oder für unterwegs beziehungsweise für daheim. Auch den leckeren Kaffee aus der hauseigenen Rösterei gibt es für zuHause. Frisch gebackener – und nicht nur fertiggebackener Kuchen – sowie Kaffeespezialitäten sind beim Kunden beliebt. Sofort verzehrt werden können Kuchen und belegte Brötchen. Dafür stehen drinnen elf Sitz- und acht Stehplätze sowie draußen auf der Terrasse 16 Sitzplätze bereit. Der CAP-Markt ist eben mehr als nur ein Supermarkt.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen
Bild öffnen Fans des CAP-Marktes (v. l.): Torsten Spitzer (stellvertretender CAP-Marktleiter), Bettina Freese (Dezernentin AWO), Klaus Schmidt (Geschäftsführer AWO).
Bild öffnen Das Wandbild in der Mopro-Abteilung weist nicht nur den Weg zum Sortiment, sondern zeigt die Weite von Mecklenburg-Vorpommern.
Bild öffnen Überzeugend agieren die Mitarbeiter nicht nur bei „CAPpuccino“. Der Cappuccino wird stilecht serviert.
Bild öffnen Die kleine, feine Wein- und Spirituosenabteilung hat ihren Platz in Checkout- Nähe.
Bild öffnen Den Kaffee aus der Rösterei Cafésito kann sich der Kunde auch daheim schmecken lassen.
Bild öffnen An der Kasse nehmen sich die Mitarbeiter (fast immer) Zeit für ein kleines Gespräch. Sie wissen, wie wichtig Wertschätzung ist.
Bild öffnen Geräumig: die TK-Abteilung. An den Regalgondeln sorgen Bilder für zusätzliche Orientierung.
Bild öffnen Bequem: Zwei Meter breite Gänge lassen Kunden problemlos aneinander vorbeikommen.
Bild öffnen Die Regalstopper machen auf besondere Angebote aufmerksam, ohne die Kunden zu überfordern.
Bild öffnen Übersichtlich: So sehen die Mitarbeiter direkt, was in die Kühlung darf.
Bild öffnen Appetitlich: Die frischen Backwaren duften einfach einladend.