Interview mit Christof Queisser Der Insider

Christof Queisser hat bei Tengelmann das Handelsgeschäft von der Pike auf gelernt und kennt sich hier besser aus als viele andere aus der Industrie. Bis heute hat der Rotkäppchen-Chef eine Passion für den LEH und macht jede Woche bis zu fünf Store-Checks. Ein Gespräch über den Aufstieg des Sektmarktführers, die Wertigkeit von Schaumwein und den Einstieg in ausländische Märkte.

Montag, 15. Mai 2017 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Der Insider

Herr Queisser, wissen Sie noch, wie viel Rotkäppchen vor der Wende absetzte?
Christof Queisser: Das waren so um die 15 Mio. Flaschen. Nach dem Mauerfall wurde das Unternehmen unter Aufsicht der Treuhand weitergeführt. 1992 lag der Absatz dann bei 1,2 Mio. Flaschen, der Umsatz bei 14,8 Mio. DM und der Marktanteil bei 0,8 Prozent. Da war Rotkäppchen ganz tief unten. Das war dann auch der Wendepunkt mit dem Buy-out.

Das Unternehmen kauften der damalige Geschäftsführer (und Vorgänger von Queisser) Gunter Heise, vier leitende Angestellte und die Familie Harald Eckes-Chantré in einem Management-Buy-out von der Treuhand und bauten es zum führenden Sekthaus in Deutschland aus.

Damals hat kaum einer in der Branche gedacht, dass Rotkäppchen mal Marktführer wird …
Es gehörte damals viel Mut, Glaube und Hoffnung dazu, sein privates Geld in das Unternehmen zu investieren. Die Sektbranche war damals schon u. a. mit Henkell und Freixenet hoch konzentriert.

Sie haben von 1995 bis 2000 bei Tengelmann gearbeitet und als Trainee auch den Markt in Königstein geleitet. Wie sieht für Sie das perfekte Sektregal aus?
Ich habe ein komplettes Jahr als Trainee genossen und dabei u. a. Ware eingeräumt und die Kasse gemacht. Das Sektregal ist ein schönes Regal für den Händler, denn es ist überschaubar, meist mit fünf Böden und mit gleichgroßen Flaschen bestückt. Sekt ist natürlich stark impulsgetrieben, aber man muss die Kategorie im Gesamten ausschöpfen: Im Regal ist die Auswahl über die verschiedenen Herkünfte und Qualitäten der Kompetenznachweis des Händlers. Ich brauche natürlich Champagner. Ich sollte Winzersekte genauso anbieten wie eine Breite bei der Dosage, also Brut, Trocken, Extra Trocken etc., auch wenn der Umschlag bei den Spezialitäten geringer ist. Vielfalt im Regal ist enorm wichtig für den Händler bzw. Kunden. Bei der Zweitplatzierung geht es dann eher um Schnelldreher. Masse verkauft Masse. Das habe ich in der Obstabteilung gelernt. Aber: Die Balance zwischen Regal und Aktion darf nicht verloren gehen. Beim Aktionsverkauf darf man sich mit der Menge nicht verheben, damit es später beim Regal keine Probleme gibt, wenn die Aktionsreste dort landen.

Würden Sie Ihrer Tochter heute eine Karriere im LEH empfehlen?
Ja, absolut. Für mich war das persönlich eine gute Erfahrung. Man befindet sich in der Mitte der Gesellschaft, ist angewiesen auf eine gute Zusammenarbeit im Team, und lernt den Umgang mit den Kunden. Ob das jetzt die ältere Dame ist, die morgens ungeduldig auf den frischsten Spargel wartet, während man noch einräumt, oder aber der letzte Kunde am Abend, der für die Kassiererin vielleicht das eine oder andere nicht so freundliche Wort übrig hat: Ich schöpfe auch heute im täglichen Leben von meiner Zeit im Handel und kann als Vorsitzender von Rotkäppchen-Mumm viel von dem, was ich gelernt habe, anwenden. Oft mehr als ich im Studium gelernt habe.

Der Niedergang von Tengelmann verschärft die Konzentration im Handel. Das dürfte Sie kaum freuen.
Das Thema Konzentration im Handel ist ein Dauerbrenner. Ich habe da eine klare Meinung: Am Ende des Tages findet jedes gute Produkt einen Platz im Markt. Jeder muss sich beim Verbraucher behaupten. Wie hoch der Handel konzentriert ist, ist weniger wichtig. Wenn eine Marke nicht läuft, wird sie ausgelistet. Konzentration ist nicht gefährlich, und es gibt immer noch Raum für Nischen. Das gilt auch für den Handel selbst und seine Detailformate. Discounter, Drogerie etc., die Vielfalt ist nicht verloren gegangen.


Seit 2009 sind Sie der neue Chef von Rotkäppchen-Mumm. Welches war eine positive Eigenschaft Ihres Vorgängers Gunter Heise, von der Sie gelernt haben?
Unternehmerischer Mut gepaart mit enormen Pragmatismus. Das hat mich zutiefst beeindruckt. Und das prägt unser Haus heute noch. Ich war schon in einigen Familien‧unternehmen, und das ist ein wichtiges Argument für Rotkäppchen-Mumm. Viele unserer Mitarbeiter kommen von großen Konzernen. Die wollen nicht mehr in Zwängen sein, sondern unternehmerisch arbeiten. Wir sind ein Familienunternehmen mit kurzen Entscheidungswegen, agieren aber professionell wie ein Großkonzern. Auch Gunter Heises unabdingbarer Glaube an die Marke beeindruckt mich stets.

Der Kauf von Sekt im Detail

In einer Studie zur Kaufsituation am PoS konnte Rotkäppchen ein für Sekt spezifisches Käuferverhalten
feststellen:

Kauffrequenz
Die Käufer kommen ein bis zwei Mal monatlich zum Regal – in der Regel im Rahmen eines Routine-Einkaufs. Rund 54 Prozent der Käufe für die Warengruppe sind anlassgetrieben.

Verweildauer am Regal
Käufer der Kategorie benötigen maximal 30 Sekunden, um den gesuchten Artikel zu finden. In der Regel steht das Segment für sie bereits fest, allerdings kann am Regal die Kaufmenge noch beeinflusst werden.

Plankaufrate
Knapp die Hälfte der Käufer kann am PoS aktiviert werden, denn die generelle Plankaufrate für die Kategorien liegt bei nur 55 Prozent. Wegen der besonderen Bedeutung von alkoholfreiem Sekt für den Konsumenten wird dieser zu 77 Prozent geplant gekauft.

Out-of-Stock
Bei Out-of-Stock-Situation: 55 Prozent der Käufer verlagern den geplanten Einkauf – was für Marke und Handel ein entsprechend hohes Risiko darstellt. Die restlichen 45 Prozent weichen direkt am Regal auf eine Alternative aus, meist in Form eines Markenwechsels innerhalb des Segments oder eines Sortenwechsels.

Heise war also ein mutiger Manager. Wo agiert das Unternehmen heute noch ähnlich mutig?
Beispielsweise mit der Einführung von Fruchtsecco. Wir sind quasi als Letzte in einen Markt gegangen, der einen Private-Label-Anteil von mehr als 60 Prozent und einen Preis von 1,39 Euro im Hard-Discount hatte. Wir sind mit 3,99 Euro eingestiegen, und ich kann mich noch gut an die skeptischen Kommentare bei der Prowein erinnern. Ebenso haben wir damals zur gleichen Zeit 15 Mio. Euro in die neue Entalkoholisierungsanlage und Produktion von Mischgetränken in Eltville investiert. Das war mutig. Auch unsere Akquisitionen im Ausland, wie jetzt Italien, erfordern gewissen Mut. Wir leben nicht mehr in den 1960er-Jahren, sondern wir müssen uns jetzt internationaler aufstellen, wo die Märkte schon verteilt sind. Der deutsche Markt ist für uns gesetzt.

Wie sehen für Sie denn die Sortimente der Zukunft für den stationären Handel aus?
Es gibt durch den Internet-Handel einen dominanten Trend: Der stationäre Handel muss sich stärker auf seine Kernkompetenz fokussieren, also Food mit großer Auswahl, Frische und Bedienung. Darin sehe ich auch den Kerntreiber für die Renaissance des Supermarktes, der sich wieder auf dieses klare Profil einstimmt. Die Kategorien, die im Internet gut gehen, also Nonfood, Bücher etc., werden dort auch den Raum einnehmen.

Wie stark beschäftigen Sie sich denn mit dem Online-Handel?
Der Online-Anteil ist bei uns klein, wächst aber stetig. Unsere Marken sind ubiquitäre Marken, sie sind fast überall verfügbar. Trotzdem: Schaut man sich den Sekt- und Weinanteil am Online-Geschäft an, dann liegt der im Vergleich zu anderen Food-Kategorien relativ hoch. Die Stärke liegt da, wo Spezialitäten in die breite Distribution kommen. Rotkäppchen oder Blanchet muss man nicht online kaufen, kann man aber.

Der LEH steht unter Druck und versucht, sich mit hochwertigen Eigenmarken zu differenzieren. Was bedeutet das für eine starke Marke? Ich sehe die Eigenmarke und die Marke auf einem Niveau. Eine Eigenmarke eines Händlers ist für mich genauso ein Wettbewerbsprodukt wie die Marke eines Herstellers, da mache ich keinen Unterschied. Ich glaube auch nicht, dass der Verbraucher da einen Unterschied macht. Der Händler hat mit seiner Eigenmarke, was den Start angeht, natürlich bessere Voraussetzungen. Er kann das Produkt einfach in das Regal stellen. Aber wenn sich eine Eigenmarke nicht dreht, fliegt sie auch raus. Ich sehe diesen Wettbewerb sportlich. Wir haben aber auch das Glück, in einer Kategorie mit imagegetriebenen Marken und einem geringen Eigenmarkenanteil von nur ca. 10 Prozent zu agieren. Allerdings ist der Aktionsanteil mit 60 bis 70 Prozent bei Sekt sehr hoch. Wir sind ein Lockvogel. Das ist aber auch normal bei einer Marke wie Rotkäppchen mit mehr als 35 Prozent Käuferreichweite. Da landen sie automatisch auf der ersten Seite des Handzettels.


Das klingt nicht unbedingt nach Wertigkeit, ein Begriff, den Sie bei der jüngsten Jahres-Pressekonferenz in Leipzig verwendet haben.
Rotkäppchen ist ein gern genommener Frequenzbringer, dem können wir uns nicht entziehen. Das ist im Übrigen bei fast allen Marktführern der Fall. Sekt hat seinen Konsumhöhepunkt, wenn auch der Handel viel Umsatz macht, etwa an Gründonnerstag, Weihnachten, Silvester.

Aber gerade dann wird Ware in Aktion en masse angeboten.
Ja, so ist das. Wann ist Wasser am günstigsten? Im Sommer. Im Sektgeschäft gibt es eben diese wichtigen Tage, an denen Frequenz für den Handel wichtig ist. Bei Waschmitteln gibt es diese Höhepunkte nicht so extrem. Für uns ist es wichtig, in die Marke zu investieren. Das meine ich mit Wertigkeit. Ein Beispiel ist unsere Individualisierungspromotion „Sag‘s mit Rotkäppchen“, in die wir viel Geld investiert haben. Werbung und Promotion müssen in der Balance sein. 2013 haben wir unter der Marke Rotkäppchen Fruchtsecco eingeführt. Da lag es nahe, die Werbebudgets für ein bis zwei Jahre vom Sekt abzuziehen. Wir haben das aber nicht gemacht und das hohe Werbedudget für Fruchtsecco on top gesetzt. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass unser Kerngeschäft Sekt wieder gewachsen ist. Ich führe das auch auf diese Entscheidung zurück.

Aktionen aktivieren Ihre Käufer

Um die Sichtbarkeit von Sekt zu erhöhen und den Käufer zur Ware zu lenken, lohnt es sich laut Rotkäppchen-Studie, die Kaufabsicht über Zweitplatzierungen, eine große Auswahl und die Generierung von Anlässen zu fördern:

Zweitplatzierung
Zweitplatzierungen fördern über die Sichtbarkeit tatsächlichen Zusatzabsatz: Spontankäufe werden generiert, und die Erinnerung an den Bedarf bei vage geplanter Kaufabsicht wird gestützt.

Aktionsfläche
Mehr als ein Drittel der Käufer der Displayware gaben an, dass sie ohne die Aktion nicht gekauft hätten. Eine Zweitplatzierung erinnert an die Kaufabsicht und lenkt so gegebenenfalls an das Regal: Der Erfolg einer Zweitplatzierung kann also nicht allein am Absatz im Rahmen der Aktion gemessen werden.

Impulskaufpotenzial
Deutscher Sekt und Weinhaltige Mischgetränke eignen sich am besten dazu, Impulskäufe zu initiieren.

Umfelder
Insbesondere in den Umfeldern „Party/Knabbern“ und „Festlicher Anlass/ Delikatessen“ erwarten die Käufer durch ihren stark anlassbezogenen Kauf mögliche Zweitplatzierungen.

Rotkäppchen-Mumm hat das Portfolio über die Jahre enorm ausgebaut: Geldermann, Spirituosen, Wein und ganz neu Prosecco. Wie geht Entwicklung in Ihren Sortimenten weiter? Wachstum wird in der Flughöhe nicht leichter, oder?
Nein, Wachstum wird nicht leichter. Seit 1993 ging es mit Ausnahme eines Jahres stetig bergauf. Das ist eine luxuriöse Situation. Das Portfoliomanagement ist für uns enorm wichtig. Als ich damals auf Handelsseite die Jahresgespräche mit Rotkäppchen geführt habe, war das Unternehmen mit Rotkäppchen Sekt als Monomarke in nur einer Kategorie aktiv. Heute sieht das anders aus. Wir haben mit MM Extra eine Traditionsmarke, ein klassisch deutscher Sekt und stark in der Kleinflasche. Rotkäppchen wurde bereits 1856 gegründet, wurde aber nach der Wende als neue Marke wahrgenommen und erlebte dieses große Revival. Mumm ist ein Sekt, der häufig von Männern und zu klassisch-formellen Anlässen gekauft wird. Wenn bei einer Feier im Büro nur die Kollegen kommen, wird Rotkäppchen gekauft, kommt der Chef: muss es eben Mumm sein. Geldermann bedient das Premium-Segment mit der Flaschengärung, und Jules Mumm wird von der Lifestyle-Verwenderin gekauft. Wir haben also kaum Überschneidungen im Portfolio, jede Marke hat ihre Rolle. Die einzige Lücke, die wir hatten, war das Thema Italien. Die haben wir jetzt mit der Übernahme des Prosecco-Herstellers Ruggeri geschlossen. Damit ist unser Schaumwein-Portfolio aber auch sehr rund.

Für Ruggeri ist die Zielrichtung aber nicht unbedingt Deutschland, oder?
Italien ist der drittgrößte Schaumweinmarkt in Europa mit einer geringen Importquote. Die Italiener kaufen ihre Produkte, genau wie Franzosen und Spanier. Die brauchen eine italienische Marke. Trotzdem wollten wir unser Portfolio auch für Deutschland mit einer mediterranen Marke erweitern. Darüber hinaus sichert uns die Akquisition über Nacht einen Zugang zu 30 Ländern, denn jede vierte exportierte Flasche Schaumwein kommt aus Italien. Das bringt uns bei der Internationalisierung einen enormen Schub. Die Kontakte hätten wir mit den eigenen Marken bzw. dem Haus nicht so schnell aufbauen können. Natürlich werden wir jetzt nicht in jedem Land, in das wir Prosecco liefern, auch Rotkäppchen verkaufen. Aber der Zugang zu beispielsweise lokalen russischen Distributoren ist schon hilfreich.


Wie schätzen Sie das Image von Sekt im Vergleich zu ausländischen Produkten, etwa Champagner, ein?
Da haben wir noch Nachholbedarf. Die Franzosen, Italiener und Spanier profitieren von einer sehr positiv besetzten Weinkultur. Die Exklusivität von Champagner treibt natürlich das Image. Da können wir beim deutschen Sekt dazu lernen. Das wird intern viel diskutiert. Die Italiener haben es mit ihrem Konsortium für Prosecco vorgemacht: Da ist noch Luft nach oben.

Welchen Stellenwert haben für Sie Wein und Spirituosen?
Unser Geschäft fußt auf drei Säulen. Obwohl in der Menge kleiner, ist die Spirituose integraler Bestandteil unseres Unternehmens. Das Spirituosengeschäft funktioniert anders, aber Wein und Sekt sind sich recht ähnlich. Mit 20 Mio. verkaufter Flaschen sind wir im Weinmarkt ein mittelgroßer Player. Wir sehen aber bei einem Marktanteil von 2 Prozent weiteres Wachstumspotenzial.

Wie sieht es mit modernen Kategorien wie Gin und Rum aus?
Bei den Spirituosen gibt es die deutschen Klassiker und die internationalen Marken, mit globalen Konzernen und milliardenschweren Umsätzen. Da können wir nicht mitspielen, und das ist auch nicht unser Anspruch. Aber es gibt Möglichkeiten. Nehmen Sie unseren Pfefferminzlikör Pfeffi. Der läuft in der Szene-Gastronomie jedem Rum und Gin den Rang ab. Wir verkaufen davon 4 Mio. Flaschen.

Ein starker Trend im Markt sind auch alkoholfreie Getränke.
Das ist ein gesellschaftlicher Wertewandel hin zu einer bewussteren Ernährung. Wir stellen zwar Sekt her, aber das ist ein guter Trend: Bewusster Genuss ist für uns essenziell. Die Statistiken zeigen: Jugendliche fangen immer später an, das erste Mal ein alkoholisches Getränk zu probieren und sind auch beim Thema Autofahren viel sensibler und aufgeklärter, als wir es waren. Auch ältere Leute verzichten gerne mal auf Alkohol. Wir hatten in diesem Bereich lange Nachholbedarf beim Geschmack und der Qualität. Wir haben durch unsere Investition jetzt das teuerste Verfahren zur Entalkoholisierung. Aber auch das mit dem besten Ergebnis. Das zeigt sich bei unserem neuen Mumm Dry Alkoholfrei. Der ist geschmacklich viel besser als das, was es vor ein paar Jahren auf dem Markt gab. Ich sehe aber die Gefahr, dass der Trend mit vielen Produkten bedient wird, die nicht schmecken.

Im Handel wird heiß diskutiert, wie Weinmischgetränke platziert werden sollten. Haben Sie eine Antwort?
Wir haben eine sehr intensive Category-Management-Studie gemacht, um die Frage zu beantworten. Der Verbraucher sucht diese Produkte in der Nähe des Sektes, will es aber nicht vermischt haben, weil der Anlass informeller ist. Perfekt ist also: Klassischer Sekt mit Premium, Sekt Alkoholfrei, Weinmischgetränke und Wein, allerdings die Mixes in separater Platzierung. Ab 4-mal-1-m brauchen sie ein komplettes Element Weinmischgetränke. In kleineren Outlets wird es schwieriger, da kommen die Weinmischgetränke zum Sekt.

In Ihren Studien beschäftigen Sie sich auch mit gekühltem Sekt …
Absolut. Die klassischen Sektanlässe sind zwar geplant, aber bei Fruchtsecco etwa sieht es anders aus. Das Wetter ist gut, da wird eine SMS verschickt oder über Whats-App eingeladen, und abends treffen sich zehn Freunde zum Grillen. Da bleibt häufig keine Zeit zum Kühlen. Der Bedarf an gekühlten Getränken insgesamt ist enorm, das hat unsere Studie gezeigt. Und das hat auch Vorteile für den Händler: Gekühlter Sekt mit vollem Preis macht dem Händler ebenso Freude wie die Kleinflasche Fruchtsecco mit guter Marge. Ich kenne aus meiner Zeit im Handel die Roherträge im Kühlregal, und wenn ich mir dort die Konkurrenz angucke, dann sind unsere Produkte hier durchaus attraktiv für den Händler.

Auferstanden aus Ruinen

Obwohl Rotkäppchen von vielen Menschen mit der ehemaligen DDR in Verbindung gebracht wird, handelt es sich nicht um eine klassische Ostmarke: Mit der Gründung 1856 in Freyburg liegt der Ursprung viel weiter zurück. Während der streng geplanten Wirtschaft zu DDR-Zeiten wurden 15 Mio. Flaschen Sekt abgefüllt. Nach der Wende drohte die Marke allerdings in der Versenkung zu verschwinden: In der ersten Hälfte des Jahres 1990 brach der Absatz dann völlig ein. Die DDRStrukturen der Warenverteilung existierten nicht mehr – und in den Regalen der neuen, aus Westdeutschland kommenden Handelsketten gab es Rotkäppchen Sekt noch nicht. Das Unternehmen wurde dann unter anderem von dem Geschäftsführer Gunter Heise in einem sogenannten Management- Buy-out von der Treuhand gekauft und weitergeführt. Mit dem Kauf der Sektmarken Mumm, Jules Mumm und MM Extra samt den Produktionsstandorten in Eltville am Rhein und Hochheim am Main wurde das Haus zu einem der wichtigsten Player im deutschen Sektmarkt. Heute verkauft das Unternehmen 271,2 Mio. Flaschen Wein, Sekt und Spirituosen. Der Umsatz lag zuletzt bei 986 Mio. Euro.