Flüchtlinge Keine Zauberei

Ein fester Job ist der beste Weg zur Integration von Flüchtlingen. Lebensmittelhändler bieten motivierten Migranten – nicht nur wegen des Fachkräftemangels – verschiedene Zugänge in die deutsche Arbeitswelt an. Bürokratische Hürden, ungeklärte Rechtsfragen und mangelnde Sprachkenntnisse sind dabei die größten Hindernisse.

Dienstag, 16. Oktober 2018 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Keine Zauberei
„Wir müssen diesen Menschen eine Chance geben.“<br />
Nadine Bayer, Ausbilderin von Tamim Azimi in der Metro in Sankt Augustin
Bildquelle: Metro AG, Peter Eilers, Rewe Süd, Carsten Hoppen

Ein „hysterisches Klima der Angst“ und „wachsende Verunsicherung“ nimmt Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), in seinem Heimatland nach den jüngsten fremdenfeindlichen Demonstrationen wie in Chemnitz wahr. „Alle, die das Bild eines toleranten Deutschlands stören, gefährden erheblich unser Zusammenleben und auch den Wirtschaftsstandort“, warnte Sanktjohanser jüngst in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere Spitzenpolitiker. „Rechte Kreise“ erzeugten den Eindruck, dass hierzulande Ausgrenzung und Intoleranz an der Tagesordnung seien, schreibt er weiter und fordert: „Dieser Entwicklung müssen wir – Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft – gemeinsam entschieden entgegentreten.“

Die Bürger sind dazu – zumindest Studien zufolge – bereit. 82 Prozent der Deutschen stimmen dafür, weiterhin Menschen aufzunehmen, die aus ihren Ländern vor Gewalt und Krieg fliehen, ergab eine Umfrage des US-amerikanischen Pew-Instituts. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat 2018 bis einschließlich August 111.685 Asylerstanträge angenommen. Das sind nach Angaben des Amtes 17,2 Prozent weniger als im Vorjahr.

Mehrheit für Flüchtlinge
Laut „Integrationsbarometer 2018“ des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) würden 60 Prozent der Befragten ohne Migrationshintergrund selbst dann weiter Flüchtlinge aufnehmen, wenn die Bundesrepublik das einzige Aufnahmeland in der Europäischen Union (EU) wäre. Vier von fünf der Befragten finden, dass Zugewanderte positiv zu Deutschlands wirtschaftlicher Entwicklung beigetragen haben. Und um zur hiesigen Gesellschaft dazuzugehören, ist für Menschen mit oder ohne Migrationshintergrund der wichtigste Faktor demnach mit großem Abstand ein fester Arbeitsplatz.

Die Wirtschaft ist wegen des Fachkräftemangels daran interessiert, Zugewanderte schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Menschen aus anderen Ländern, die gern hier lebten und arbeiteten, trügen erheblich dazu bei, den Wohlstand des Landes für die Zukunft zu sichern, schreibt Sanktjohanser. Aus seiner Sicht mangelt es nicht am Willen der Unternehmer und Einzelhändler, Migranten anzustellen und auszubilden. Der HDE-Präsident kritisiert dafür die „aktuelle Rechtsunsicherheit“, die die Politik beenden müsse: „Die 3+2-Regelung muss endlich bundesweit einheitlich angewendet werden.“ Diese besagt, dass Lehrlinge während ihrer Ausbildung und nach dem Abschluss zwei weitere Jahre nicht abgeschoben werden dürfen, wenn sie weiter in dem Beruf arbeiten. Im Moment passiert es jedoch immer wieder, dass auch Azubis den Abschiebebescheid erhalten und dann erst einmal in ihren Leistungen nachlassen. So ist es etwa dem Afghanen Avinash Kathri bei Rewe Lischka ergangen. Die unklare Bleibeperspektive wirke sich bei manchen Zugewanderten sogar negativ auf ihre Motivation aus, eine Lehre überhaupt erst zu beginnen, berichten mehrere Lebensmittelhändler.

Selbst mit abgeschlossener Ausbildung wissen abgelehnte Asylbewerber, die mit Duldungsstatus in Deutschland sind, derzeit nicht, wie lange sie noch hier leben und arbeiten dürfen. Die große Koalition hat zwar Anfang Oktober ein Eckpunktepapier zur Zuwanderung vorgestellt, um Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern anzulocken. Darin heißt es explizit, dass am Grundsatz der Trennung von Asyl und Erwerbsmigration festgehalten werden soll. Die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD schreiben aber auch: „Wir werden im Aufenthaltsrecht klare Kriterien für einen verlässlichen Status Geduldeter definieren, die durch ihre Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt sichern und gut integriert sind.“ Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellte pragmatische Lösungen für gut integrierte Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus in Aussicht. „Diese Menschen müssen bleiben dürfen“, sagte er. Obwohl viele Instanzen, darunter der Zentralverband des Deutschen Handwerks, einen solchen „Spurwechsel“ fordern, lehnt die CSU die Vermischung von Asylrecht und Arbeitsmigration jedoch ab. Damit würden falsche Anreize gesetzt, die eine Einwanderung in die Sozialsysteme zur Folge haben könnten.


Bereits vor der Einstellung müssen Arbeitgeber und Flüchtlinge mit verschiedenen Hürden rechnen. „Die Arbeitsaufnahme ist für Geflüchtete mit einigem bürokratischen Aufwand verbunden“, das ist nicht nur die Erfahrung von Alnatura. Bei Aldi Süd sind Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen Grundvoraussetzungen für ein Arbeitsverhältnis. Und da fangen die Probleme vielfach schon an.

Nadine Bayer, Ausbilderin bei der Metro in Sankt Augustin, wollte den Afghanen Tamim Azimi als Auszubildenden anstellen, den sie im Frühjahr 2015 bei einem IHK-Speeddating kennengelernt hatte. „Tamim war sehr authentisch. Die Chemie zwischen uns hat einfach gestimmt“, sagt Bayer. Deshalb habe sie ihm eine Chance geben wollen. Doch die Bürokratie machte ihr zunächst einen Strich durch die Rechnung. Zur Ausstellung einer Arbeitserlaubnis verlangte die Ausländerbehörde einen Ausbildungsvertrag. Die Metro brauchte aber die Arbeitserlaubnis, um den Arbeitsvertrag ausstellen zu können. So verzögerte sich die Anstellung mehrere Wochen lang, bis eine Lösung gefunden war.

Azimi bestand das dreistufige Auswahlverfahren aus Eignungstest, Assessment Center sowie Interview und konnte im August 2015 seine Ausbildung zum Verkäufer beginnen. Besonderen Spaß machte ihm die Arbeit an der Fischtheke. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Lehre hat der heute 21-Jährige, der vor fünf Jahren nach Deutschland gekommen ist, einen Zwei-Jahres-Vertrag bekommen. „Wäre es nur ein Jahr gewesen, wäre er abgeschoben worden, weil Afghanistan nun als sicheres Herkunftsland gilt“, erläutert Bayer. An der Fischtheke könnten die Kollegen inzwischen nicht mehr auf Azimi verzichten: „Deshalb hoffen wir, dass er auch über das nächste Jahr hinaus bleiben kann.“ Doch wie es nach 2019 weitergeht, wissen die Ausbilderin und ihr Schützling noch nicht.

Hilfe zur Integration von Geflüchteten können Unternehmer von sogenannten „Willkommenslotsen“ bekommen. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert diese speziell geschulten Lotsen seit März 2016. Aktuell bieten 178 von ihnen in 114 Kammern und anderen Wirtschaftsorganisationen ihre Beratung an. Seit September 2017 steht das Programm auch großen Unternehmen offen. Unterstützung bieten zudem sogenannte Integrationsdienstleister für Flüchtlinge, zum Beispiel Social Bee, mit dem Alnatura zusammenarbeitet. „Social Bee vermittelt geeignete Kandidaten und übernimmt im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung den zusätzlichen Verwaltungsaufwand, der sich bei der Einstellung von Geflüchteten ergibt“, teilt die Bio-Supermarktkette mit.


Netzwerke helfen
Manchmal reicht bereits eine engagierte Ausbilderin wie Nadine Bayer oder eine klare Zuständigkeit. Bei Tegut ist etwa der Ansprechpartner für Zugewanderte „immer der für das entsprechende Gebiet zuständige Referent der Berufsbildung, der die Gegebenheiten und Netzwerkpartner vor Ort kennt und hier koordinieren kann“. Mehrere Migranten haben mit dieser Unterstützung schon erfolgreich bei Tegut die Ausbildung zum Verkäufer oder zum Kaufmann im Einzelhandel absolviert.

Bei der Edeka erstreckt sich die berufliche Integration geflüchteter Menschen auf alle Stufen des genossenschaftlichen Verbunds. In allen Großhandelsbetrieben und in der Edeka-Zentrale gebe es Ansprechpartner, die bei Fragen zu Arbeits- und Asylrecht, Einstellungskriterien oder Fördermöglichkeiten berieten. „Ein Beispiel für unser Engagement ist das Projekt ,Geflüchtete junge Menschen in Ausbildung bei Edeka‘, mit dem bislang knapp 40 Menschen im Großraum Hamburg als Auszubildende eingestellt wurden“, sagt Edeka-Sprecher Rolf Lange. Dafür hätten selbstständige Kaufleute, die Großhandlung Edeka Nord und die Zentrale gemeinsam mit dem Berufsbildungswerk Hamburg ein Netzwerk gebildet. „Dadurch reduziert sich der bürokratische Aufwand für die Kaufleute deutlich, und die Auszubildenden profitieren unter anderem von gemeinsamen Sprachkursen oder Lernpatenschaften“, erklärt Lange. Den größten Anteil an der Integrationsarbeit leisteten die selbstständigen Händler. Einer von ihnen ist André Fleck, der sich als Mentor beim Stipendienprogramm „Geh deinen Weg“ der Deutschlangstiftung Integration engagiert, bei dem der Edeka-Verbund seit 2012 Partner ist.

Die Rewe Süd hat mit „Rewe Kombi“ ein eigenes Programm auch für Geflüchtete aufgesetzt (siehe Interview Seite 18) und mit Ibrahim Maiga sogar einen Integrationskoordinatoren. „Vielen Unternehmen fehlt die Zeit, sich intensiv mit der Thematik auseinanderzusetzen. Sie verzichten deshalb darauf, Geflüchtete bei sich zu beschäftigen“, sagt Corinna Trier, Leiterin des Kompetenzcenters Human Ressources (HR). Das wollte die Rewe Süd nicht. Maiga, ein in Mali geborener Deutscher, unterstützt hauptamtlich Migranten, die in der Bundesrepublik leben und arbeiten wollen. „Er weiß, wie es ist, in Deutschland einzuwandern, und kennt die Herausforderungen aus eigener Erfahrung“, erzählt Corinna Trier.

Einstieg mit Praktikum
Bei den Bewerbern mit Migrationshintergrund prüft Maiga die Bleibeperspektive und entscheidet dann, wo der Geflüchtete im Unternehmen am besten untergebracht ist. Vor einer festen Einstellung absolvieren die Flüchtlinge zunächst ein Praktikum, jährlich sind es etwa 160. 40 von ihnen wurden 2017 in verschiedene Bereiche eingestellt. Bei vielen Unternehmen beginnen die Geflüchteten mit einem solchen Praktikum, bevor sie eine Lehrstelle bekommen. Im Fleischwerk der Edeka Südwest in Rheinstetten werden die Praktikanten beispielsweise mit Sprachkursen gefördert und individuell unterstützt. Zudem gibt es, unter anderem bei Aldi Süd, eine sechs- bis zwölfmonatigen Einstiegsqualifizierung für Bewerber, die für die Ausbildung noch nicht geeignet sind.

Egal, ob jemand Praktikant, Auszubildender oder Angestellter ist: Durch unterschiedliche Kulturen gibt es manchmal Missverständnisse, aus denen Konflikte entstehen können. Um dem entgegenzusteuern, sorgt der Integrationskoordinator Ibrahim Maiga bei der Rewe Süd dafür, dass jedem Geflüchteten ein Pate im Markt als Ansprechpartner zur Seite steht. Manche Probleme treten immer wieder auf, hat er festgestellt. Viele Zuwanderer müssten beispielsweise Pünktlichkeit erst noch lernen. „In einigen Kulturen sind Frauen in Führungspositionen nicht üblich. Für die Geflüchteten ist es dann gewöhnungsbedürftig, Anweisungen von weiblichen Vorgesetzten Folge leisten zu müssen“, erzählt Maiga weiter.


Aus religiösen Gründen könne zudem der Umgang mit bestimmten Lebensmitteln eingeschränkt sein. Während Maiga dafür plädiert, dies dann zu akzeptieren, stehen andere Händler auf dem Standpunkt, dass zur Arbeit im Lebensmittelhandel auch der Umgang mit solchen Waren gehört. „Beim Einsatz in den Bereichen Verkauf oder Logistik müssen Mitarbeiter wissen, dass zu den Aufgaben auch das Einräumen von zum Beispiel Frischfleisch (Rind, Schwein, Huhn, Kalb), Alkohol und Zigaretten gehört“, betont etwa Aldi Süd.

Die größte Herausforderung im Arbeitsalltag sind aber mangelnde oder noch nicht ausreichende Deutschkenntnisse. Ohne sie können die Flüchtlinge im Markt nicht mit anderen Mitarbeitern und den Kunden kommunizieren. Abläufe geraten bisweilen ins Stocken, weil die Geflüchteten nur ungern zugeben, wenn sie eine Anweisung nicht verstanden haben. Und in der Berufsschule tun sich Auszubildende selbst mit gutem Deutschniveau oft mit der Fachsprache schwer. Manche unterbrechen dann ihre Lehre und verbessern in Sprachkursen erst einmal ihr Deutsch, bevor sie neu durchstarten, wie der Iraker Nasraw Osman bei Edeka Fleck. Wegen der Sprachdefizite ist die Betreuung der Flüchtlinge oft etwas aufwendiger. „Nach jedem Azubimeeting habe ich mir extra Zeit für Tamim genommen, damit er alles versteht“, sagt Nadine Bayer, die Ausbilderin aus der Metro in Sankt Augustin. Sie würde nach der Erfahrung mit ihm wieder einen Geflüchteten ausbilden.

Auch andere Händler sind der Ansicht, dass es sich lohnt, Migranten einzustellen – trotz aller bürokratischer Hürden und auch trotz des Risikos, dass ein zuvor leistungsfähiger Mitarbeiter plötzlich nicht mehr einsetzbar sein könnte, weil aufgrund der Fluchterfahrungen zum Beispiel eine posttraumatische Belastungsstörung auftritt. In solchen Fällen reicht es dann nicht, die Flüchtlinge in ihrer Freizeit zu unterstützen und zum Beispiel in Kontakt mit Vereinen zu bringen, wo sie Anschluss finden können. Dann brauchen sie professionelle Hilfe.

Die Zuwanderer sind willkommen, weil die Unternehmer für offene Stellen oft keine Deutschen mehr finden, die heute stärker als früher einen akademischen Grad anstreben. Der Kaufmannsberuf habe bei Geflüchteten dagegen noch einen hohen Stellenwert, haben viele beobachtet. Dementsprechend motiviert und leistungsbereit seien die neuen Mitarbeiter. Und das zählt. Zur Unternehmensphilosophie von Norma gehört es beispielsweise, dass „nicht die Herkunft eines Mitarbeiters, sondern vielmehr seine Qualifikation, seine Einsatzbereitschaft, aber auch seine Freude an einer Tätigkeit im Handel entscheidend ist“. Die mehr als 13.000 Mitarbeiter des Fürther Discounters stammen aus 70 Nationen. „Herzlichkeit und Einsatzfreude sind wichtiger als Vorbildung“, findet auch Karl Stefan Preuß, der in seinen 22 WEZ-Märkten derzeit sechs Geflüchtete beschäftigt. „Die Arbeit im Lebensmittelhandel ist keine Zauberei. Wer aufgeschlossen und aufmerksam ist, kann alles lernen.“


Interview mit Corinna Trier  - Für Bildungswillige

Leiterin des HR-Kompetenzcenters der Rewe Süd, über das Weiterbildungsprogramm „Rewe Kombi“.

An wen richtet sich das Programm „Rewe Kombi“ der Rewe Süd?
Corinna Trier: Wir haben das Programm entwickelt für Bildungswillige, die sich qualifizieren wollen, aber keine Ausbildung mehr machen können, weil sie zum Beispiel Geld verdienen müssen. Es richtet sich an Menschen über 25 Jahre ohne Berufsabschluss, an Quereinsteiger, Umschüler und bietet auch Müttern eine Chance auf einen Wiedereinstieg. Für Geflüchtete ist das Programm ebenfalls geeignet.

Gab es für diese Gruppen bei der Rewe Süd bisher keine Beschäftigungsmöglichkeit?
Wir haben diese Menschen schon immer qualifizieren können, aber bisher gab es kein strukturiertes Programm, das sie auf die externe Prüfung als Verkäufer bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) vorbereitet. Bei „Rewe Kombi“ arbeiten die Menschen Vollzeit oder Teilzeit bei uns und verdienen mindestens Tarif. Zusätzlich begleiten wir sie drei Jahre lang bis zur IHK-Prüfung. Das selbstständige Lernen zu Hause auf eine Prüfung, die erst in drei Jahren stattfindet, ist für viele eine Hürde. Um ihr Durchhaltevermögen zu stärken, haben wir das Lernen für sie strukturiert, und wir betreuen die Teilnehmer während der gesamten Zeit. Sie bekommen Lernmaterialien und nutzen dieselbe Lernplattform wie unsere Auszubildenden, zum Beispiel mit unseren E-Learning-Programmen zu Warenkunde. Zudem organisieren wir Fachseminare, zwölf Pflichtseminare und weitere nach individuellem Bedarf. Am Anfang geht es zum Beispiel darum, wie man richtig lernt, am Ende um die Prüfungsvorbereitung.

Welche Voraussetzungen braucht ein Geflüchteter, der an „Rewe Kombi“ teilnehmen möchte?
Bei der Rewe Süd haben wir die Besonderheit, dass wir einen Integrationskoordinator, Ibrahim Maiga, haben. Er prüft alle Bewerbungen von Geflüchteten mit guten Bleibeperspektiven und sorgt dann dafür, dass sie entsprechend ihrer Qualifikation und ihrer Bedürfnisse entweder die Einstiegsqualifikation machen, direkt in die Ausbildung oder in „Rewe Kombi“ kommen oder als Angestellte arbeiten. Wer gut Deutsch kann und mit einer Ausbildungsvergütung auskommt, kann direkt mit der Lehre beginnen. Wer noch nicht gut Deutsch spricht oder andere Lernschwächen hat, ist in der Einstiegsqualifikation gut aufgehoben. Wer älter ist, mehr Geld braucht und solide Deutschkenntnisse hat, kommt für „Rewe Kombi“ in Frage.

Muss man bei „Rewe Kombi“ Vollzeit arbeiten?
„Rewe Kombi“ geht normalerweise über 36 Monate. Im Prinzip geht das auch in Teilzeit, aber dann dauert das Programm entsprechend länger, und da stellt sich die Frage, ob das jemand durchhält.

Endet „Rewe Kombi“ mit dem Verkäufer-Abschluss?
Erst einmal ja. Aber der Mitarbeiter kann verlängern und den Einzelhandelskaufmann dranhängen. Dafür braucht er dann in Vollzeit noch einmal 18 Monate, insgesamt also 54 Monate.

Was muss ein Rewe-Händler oder Marktleiter tun, wenn er einen an „Rewe Kombi“ interessierten Mitarbeiter hat?
Er muss sich im Klaren darüber sein, dass er sich kümmern muss. Unserer Erfahrung nach brauchen die „Rewe Kombi“-Teilnehmer etwas mehr Zuwendung als andere Mitarbeiter. Der Händler oder Marktleiter muss ihn freistellen für unsere Seminare, und er muss bereit sein, ihn überall im Markt einzusetzen. Das Kennenlernen aller Abteilungen ist bei „Rewe Kombi“ ähnlich wie bei einem Auszubildenden klar strukturiert.

Wie wird das Programm angenommen?
Nach der Einführungsphase nehmen wir jetzt richtig Fahrt auf. Wir haben derzeit an die 30 Teilnehmer, darunter sind auch neun Geflüchtete. Die ersten werden Ende 2019 ihre Prüfung ablegen. Die Agentur für Arbeit sagt, dass das Programm einen Nerv trifft, weil es Menschen gibt, die noch etwas lernen möchten, es sich aber nicht leisten können, eine Ausbildung zu machen. Auch wenn es aufwendig ist, diese Menschen zu betreuen, lohnt es sich doch – auch vor dem Hintergrund, dass der Arbeitsmarkt in Bayern wegen Vollbeschäftigung leer ist.

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Bild öffnen Tamim Azimi arbeitet in der Metro Sankt Augustin als Fischverkäufer. Nach dem Ende seiner Ausbildung hat der Afghane einen Zwei-Jahres Vertrag bekommen. Wie es danach weitergeht, weiß er noch nicht.
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Nadine Bayer, Ausbilderin von Tamim Azimi in der Metro in Sankt Augustin
Bild öffnen Corinna Trier entwickelt bei der Rewe Süd das Personal.
Bild öffnen „Pünktlichkeit muss oft noch gelernt werden.“ Ibrahim Maiga, Integrationskoordinator bei der Rewe Süd, hilft auch, wenn bei der Integration Konflikte auftreten.
Bild öffnen „Alle, die das Bild eines toleranten Deutschlands stören, gefährden auch den Wirtschaftsstandort.“ HDE-Präsident Josef Sanktjohanser