Tiernahrung Deutsche sind tierlieb

Homeoffice hat die Nachfrage nach Haustieren in die Höhe schnellen lassen. Doch die Besitzer kaufen das Futter lieber online oder im Fachhandel. Der LEH sollte mehr auf Produktqualität setzen.

Freitag, 09. Oktober 2020 - Sortimente
Markus Wörmann
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Die Corona-Krise und die damit verbundene vermehrte Zeit zu Hause durch Homeoffice oder Kurzarbeit hat die Nachfrage nach Heimtieren in die Höhe schnellen lassen. Katzen, Kleintiere und Hundewelpen sind gefragt wie nie. Diese Entwicklung beobachtet der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) mit Sorge. „Unsere Züchter können die Vielzahl der Anfragen nicht mehr bewältigen. Darunter befinden sich auch viele Menschen, die dem Wunsch nach Gesellschaft oder dem Drängen der Kinder unüberlegt nachgeben“, erklärte Udo Kopernik, Pressesprecher des VDH, bereits im Juli.

Auch Tasso, Europas größtes kostenloses Haustierregister, verzeichnet einen auffälligen Anstieg der Neuregistrierungen von Hunden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Wurden im Juni 2019 etwa 31.400 Hunde neu bei Tasso registriert, sind es in diesem Juni mehr als 39.000. Das ist ein Zuwachs von rund 25 Prozent. Eine leichte Steigerung in den Registrierungszahlen sei nicht ungewöhnlich, doch diese liege in der Regel etwa bei vier Prozent im Jahresschnitt, heißt es von der Organisation.

Auffällig sei auch, dass die Zahl der Registrierungen im März und April weniger stark gestiegen ist als üblich oder sogar zurückging. Auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie konnten viele Tierheime nur eingeschränkt arbeiten, und die Grenzen waren geschlossen. Im Mai stabilisierte sich die Zahl wieder auf eine etwa fünfprozentige Steigerung, bevor sie im Juni, als die Grenzen zu den Nachbarländern wieder geöffnet wurden, explodierte.

Illegaler Handel unterbrochen
Coronabedingte Grenzschließungen sowie schärfere Kontrollen haben laut der Organisation Vier Pfoten den illegalen Welpenhandel aus Osteuropa, der hauptsächlich über Online-Plattformen abgewickelt wird, massiv behindert. Während das Anzeigengeschäft auf den Online-Kleinanzeigenportalen in fast allen anderen Kategorien in Folge der lokalen Geschäftsschließungen deutlich anstieg, brach der Markt für Hunde ein. Insbesondere bei gefragten Trendrassen wie Labrador Retriever, Französische Bulldogge oder Chihuahua fiel die Anzahl der Hundeanzeigen auf Online-Portalen wie Ebay-Kleinanzeigen und Quoka im April 2020 teilweise um mehr als 69 Prozent, ergab eine Vier-Pfoten-Vergleichsanalyse. Im Durchschnitt sank die Zahl der Inserate für Hunde auf den beiden Kleinanzeigen-Portalen im Zeitraum vom 26. März bis 29. April insgesamt um 24,18 Prozent.

Preis nicht entscheidend
Der Heimtiermarkt in Deutschland wächst und umfasst ein Volumen von rund 5,2 Milliarden Euro. Im Jahr 2019 besaßen 45 Prozent der deutschen Haushalte ein Haustier. Die Duale Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn ging der Frage auf den Grund, weshalb der stationäre Fachhandel und der Online-Fachhandel vergleichsweise hohe Marktanteile erzielen. Die Ergebnisse der Studie von Professor Stephan Rüschen und der Food-Management-Studentin Helen Keil waren wenig überraschend: 78,4 Prozent der Befragten sehen ihr Tier wie ein Kind an, für 93,9 Prozent ist es ein Familienmitglied. Daher setzen sich Haustierbesitzer sehr mit der Nahrung für ihres Tieres auseinander: Fast die Hälfte aller Besitzer beschäftigt sich intensiv mit dem Kauf von Tiernahrung, und weitere 30 Prozent lassen verschiedene Schlüsselkriterien in den Kauf der Nahrung einfließen. Das erklärt, warum sich Heimtierbesitzer zum großen Teil für den stationären und Online-Fachhandel entscheiden. Die Gründe sind laut der Studie vielfältig: Sortiment, Vertrauen in die Produkte, Sortimentsvielfalt bis hin zur Spezialnahrung. Der LEH punktet dagegen zum großen Teil mit Zeitersparnis (One-Stop-Shopping) und dem Preis. Allerdings vereint der Onlinehandel die Vorteile des Fachhandels und des LEH: eine große Sortimentsvielfalt bei geringeren Preisen.

„Der LEH läuft Gefahr, auch in Zukunft weitere Marktanteile zu verlieren, wenn es ihm nicht gelingt, ein deutlich besseres Produkt-Image zu erlangen“, sagt Rüschen. Denn der Preis ist wegen der emotionalen Bindung zum Tier nicht entscheidend: Zwei Drittel der Befragten war der Fleischanteil am wichtigsten, andere jedoch achteten auf die Inhaltsstoffe. Das wiederum können nur bestimmte Marken und ein hochwertiges Sortiment bieten.