Kundenkommunikation Neue Dimension der Ansprache

Internet und mobile Technologien sind heute Teil der Einkaufswelt. Sie eröffnen Wege zu einem zunehmend individualisierten Austausch mit den Kunden. Zusätzliche Chancen für den Handel.

Donnerstag, 12. Dezember 2013 - Management
Dieter Druck
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Die Interaktion mit Kunden ist keine einfache Sache. Denn wer seine Kunden mit einem passenden Angebot ansprechen will, muss ihre Erwartungshaltung und das Einkaufsverhalten kennen und richtig interpretieren. Und dann stellt sich gleich die Frage, mit welchem Instrumentarium erreiche ich meine Kunden. Die Möglichkeiten sind vielfältiger denn je. Gleichzeitig wird die Individualisierung von Angeboten und Services immer bedeutsamer.

„Die einfache Nutzung mobiler Technologien wie Smartphones, Tablets etc. ermöglicht dem Kunden, sich schnell und unkompliziert über Produkte sowie Dienstleistungen zu informieren und auszutauschen. Der Konsument wird zum Connected Customer. Er ist informierter, kritischer und kontrolliert Kommunikation sowie Einkauf“, sagt Volker Giessler, Senior Industry Consultant Retail bei Teradata. Eine Herausforderung, der sich auch der LEH verstärkt stellen muss genauso wie dem Online-Verkauf, der bestimmten Kundengruppen eine conveniente Bedarfsdeckung ermöglicht. „Eine Herausforderung und zugleich eine Chance, denn der smarte Kunde bietet den Händlern zahlreiche neue Wege der Ansprache, die sich insbesondere das Marketing im stationären Handel zunutze machen und dabei Vorteile wie Einkaufsatmosphäre, Beratung und individuelle Serviceleistungen in Szene setzen kann“, argumentiert Giessler.

Zielgerichtet und abgestimmt auf die sich wandelnden Lebenswelten der Kunden soll die Kommunikation sein. Die EHI-Studie „Zukunftsszenarien zur Kommunikation des Handel“ stellt verschiedene Typologien und darauf abgestimmte Kommunikationskonzepte dar: Einige Ergebnisse.

Typ 1: Keine Werbung bitte!
Eine Gruppe preisbewusster Konsumenten, die gegenüber Werbung weit gehend immun sind. Marken haben keine Relevanz für sie. Ihr Einkauf ist Bedarfsbeschaffung. Viel Zeit investiert dieser Typus in Informationsbeschaffung und die Suche nach dem optimalen Preis-Leistungsverhältnis. Die Infos zieht er bevorzugt aus dem Internet und Portalen. Die hohe Online-Affinität ist bei der Ansprache zu berücksichtigen. Passende Anbieter: dm, discounter-preisvergleich.de; gutscheinpony.de; amzon.de

Typ 2: Schnäppchenjäger
Ausgeprägtes Faible für Marken. Auf Service oder Einkaufserlebnis kann dieser Typ locker verzichten. Hauptsache der Preis stimmt. Ziel des Handels muss sein, sich als günstigste Quelle für die gewünschte Marke darzustellen. Hier zählen Bekanntheitsgrad und Niedrigpreis-Image. Starke Promotions, Incentive-Modelle, die Botschaft „Gute Marken zum guten Preis“ sowie inszenierte Markenwelten am PoS (Nestlé- bzw. Unilever-Regale) sprechen ihn an. Beispiele, die heute schon ihn begeistern sind zalando.de; vente-privee.com; Brandnooz, packback.de; Outlet-City Metzingen.

Typ 3: Küss mich, berühr mich, verführ mich!
Macht der Marke und deren Inszenierung am Verkaufspunkt beeindrucken diese Kunden mehr als Kampfpreise. Der Kommunikationsalltag ist geprägt von einem intensiven aber eher passiven Medienkonsum. Und einer hohen Affinität für Massenmedien. Am PoS reagiert er auf Ankermarken aber auch auf neue Technologien, die im Markt Informations- aber auch Unterhaltungsquelle sind. Beispiele, die den Genusskäufer gefallen: Tesco-Testmarkt in Watford; Hieber-Märkte, Nivea-Haus in Hamburg; Dr. Oetker-Welt in Bielefeld, aber auch Wochenmärkte.


Typ 4: Zeit ist Geld: Mehr Service bitte!
Dieser Kunde sucht in einem Umfeld mit steigender Komplexität nach Vereinfachung und Entlastung. Er nutzt alle gängigen Medien, ist offen für neue Technik wie z. B. One-Click-Shopping, Shopping-Apps. Dem Händler „seines Vertrauens“ begegnet er offen, gibt gewisse Daten preis und könnte dadurch auch mit individuellen Informationen versorgt werden. Worauf er heute schon anspricht: allyouneed.de; fresh.amazon.de; Home Plus von Tesco (QR-Code-Shops); schlemmertüte.de; Edeka Schubert (dein-edeka.de).

Typ 5: Der Cyperspace ist mein Revier!
Für diesen Typus gilt die Devise „always on“ auf allen Kanälen. Das passende Händler-Motto: „Wir informieren Sie auf den Punkt, immer und überall.“ Der Cyberflaneur ist gleichzeitig empfänglich für starke Marken und Erlebniswelten des Handels. Ebenso mag er Tools für Beratung und Einkaufsplanung, Instore-Navigation und Google–Brille. Mit ihren Spektrum passen heute schon z. B. ECE Future Lab (digitale Angebote in Shopping-Centern); Deichmann (QR-Shopping an Citylight-Postern), Kate Spade (Rund-um-die Uhr-Shopping an Touchscreen-Schaufenstern).

Typ 6: Hyperkonsum war gestern!
Die Öko-Schickeria sucht Authentizität, Ehrlichkeit, Wahrheit und schätzt die direkte Ansprache. Nachhaltigkeit und Werteorientierung des Händlers sind ihr wichtig. Er nutzt alle Medien für seine Entscheidungsfindung. Dialogorientierte Kommunikation, Empfehlungsmarketing, Aktivitäten in sozialen Netzwerken oder Charity-Veranstaltungen können für den Handel zielführend sein. Was ihm zusagt: Alnatura; das Kochhaus; Lyfe Kitchen (Fastfood aus der Region); Goodeggs.com (Onlinehandel mit regionalen Kleinerzeugern); froschkönig.de.

Typ 7: Lifestyle verbindet!
Diese Kunden suchen den intensiven Austausch mit Händlern, die ihren jeweiligen Lifestyle authentisch widerspiegeln. Der darauf ausgerichtete Händler versorgt die technik- und erlebnisorientierten Kunden mit gruppenindividuellen Informationen, sei es über soziale Netzwerke oder durch Kundenabruf. Multichannel-Kommunikation, Beratung, individualisierter Kundendialog, Betrieb einer Netzwerkplattform etc. sind hier der Bindung zuträglich. Redbull (z.B. Sport-Events); Nespresso; bosfood.de sprechen u. a. diesen Typus an.

Typ 8: Hier bin ich König!
Dieser Kunde sucht gerne das Außergewöhnliche und liebt individuelle, Waren, Services und Informationen. Kommunikationsinhalte sind in erster Linie Statusorientierung und Individualisierung. Hier bietet sich der Aufbau eines detaillierten Customer-Relationship-Managements als Basis einer kundenindividuellen Kommunikation an. Mailings mit persönlicher Ansprache, höchste Service- und Beratungsqualität, exklusive Angebote und Informationen überzeugen diesen Kundentyp. Beispiele dazu liefern u. a. Ludwig Beck in München und Dallmayr; otto-gourmet.de; Manufaktum, Feinkost Käfer oder bosfood.de.

Der Nutzen und die anstehenden Veränderungen der Kommunikationswege sind erkannt, und ihre Bedeutung wird als „sehr hoch“ eingeschätzt. Die Online- und Social-Media-Präsenz wird kaum noch in Frage gestellt. Dann stellt sich aber die Frage, wie verarbeite ich meine Daten und Erkenntnisse, die in großer Menge anfallen. „Die Händler betreiben trotz aller technischen Möglichkeiten zur Erhebung und Auswertung von Informationen über ihre Kunden noch weitgehend Marketing im Blindflug. 40 Prozent der Befragten nutzen von den Kundendaten, die im Unternehmen zur Verfügung stehen, weniger als die Hälfte für Marketing und Kundenbindung. Die Folge: Marketingbudgets werden nicht effizient genutzt. Die Werbung verfehlt ihr Ziel. Umsatzpotenziale können nicht realisiert werden“ lautet ein Ergebnis einer von Artegic durchgeführten Studie.

62 Prozent der befragten Unternehmen erwarten laut Artegic AG, Anbieter von Lösungen für Online-CRM (Kunden-Management) und Dialogmarketing per E-Mail, RSS, Mobile und Social Media, allerdings, dass die Bedeutung der Dateninfrastruktur (Big Data) für den Handel steigen wird. 56 Prozent planen, in den nächsten zwei Jahren in die Dateninfrastruktur zu investieren. Bei Händlern mit eigenem Online-Shop betreiben, sind es 64 Prozent.

87 Prozent von 1.000 befragten deutschen Konsumenten wünschen sich laut einer von der PR-Agentur Edelmann durchgeführten Studie, dass Marken ihnen mehr Möglichkeiten bieten, um an ihrer Markenwelt teilzuhaben. Nur 7 Prozent sind der Meinung, dass Marken dies heute schon gut machen.

„Erfolgreiche Einzelhändler sind bereits heute in der Lage, ein konsistentes und vor allem aktuelles Bild ihrer Kunden zuerstellen“, sagt Giessler. Und darauf basiere ein individueller Dialog, aus dem Umsatzsteigerungen und Wettbewerbsvorteile resultierten. Dafür halten sie Daten aus In- und Offline-Quellen zentral in einem sogenannten Data-Warehouse vor. Der Lebensmittelfilialist Coop Dänemark z. B. , der seine Datensilos auflöste und die Daten in einem Data Warehouse zentralisierte, erreiche damit einen 360°-Blick auf seine Kunden und entferne sich von der Devise „One size fits all“. Mit automatisierten Bewertungsmethoden könnten heute jedem Kunden maßgeschneiderte Angebote und Rabatt-Coupons für Online Shop und Filialen offeriert werden. Die Reaktion auf Aktionsangebote habe sich dadurch verdoppelt.

Am mobilen Marketing führt jedenfalls kein Weg vorbei . Ein Drittel der deutschen Handelsunternehmen setzt inzwischen auf Online-Shopping über mobile Endgeräte, hat Artegic ermittelt. Und der Kunde wird kommunikativ immer „mobiler“. Er will von unterwegs auf Informationen von Produkten, Unternehmen etc, zugreifen können. Google verzeichnete innerhalb eines Jahres einen Anstieg bei vom Handy ausgehenden Suchanfragen um 400 Prozent. Das spricht für die Installation einer App im Marketing-Mix. Gleichzeitig wünschen sich laut einer Umfrage von Edelmann-PR 87 Prozent der deutschen Konsumenten eine intensivere Interaktion mit Markenwelten. Aber nur 7 Prozent äußern, dass Marken bereits heute ihren Ansprüchen in diesem Fall gerecht werden. Beispielsweise legt das Gros großen Wert auf Transparenz, sprich Herkunft und Herstellung. Ebenso besteht der Wunsch am Design- bzw. Entwicklungsprozess teilzuhaben. Beispiele auf den folgenden Seiten.

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