Im Gespräch mit J. Hotz - Ahold „Die Zeit ist reif, um einen neuen Kanal zu etablieren“

Seit einem Jahr gibt es das Convenience-Konzept „Albert Heijn to go“ auch hierzulande. Deutschland-Chef Jürgen Hotz zieht eine erste Bilanz.

Montag, 16. September 2013 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild „Die Zeit ist reif, um einen neuen Kanal zu etablieren“
Das neue, überarbeitete Konzept von „Albert Heijn to go“ wird im Shop in der Düsseldorfer U-Bahn-Station Heinrich-Heine-Allee zum ersten Mal in Deutschland präsentiert.
Bildquelle: Hoppen

Der bei Ahold Europe für die neuen Märkte zuständige Manager Albert Voogd sagte im vergangenen Jahr beim Deutschland-Start von „Albert Heijn to go“, Sie seien „am Anfang einer Lernkurve“. Wo auf dieser Lernkurve sind Sie sich jetzt?
Jürgen Hotz: Wir sind sehr viel weiter gekommen und haben einen riesigen Sprung gemacht. Wir sind sehr zufrieden mit dem ersten Jahr, unsere Erwartungen sind erfüllt worden. Aber im Handel gehört es dazu, immer weiterzulernen, da kommt man nie oben an. Wir lernen jedenfalls jeden Tag etwas Neues von unseren Kunden.

Manager mit internationaler Vita
Der studierte Volkswirt Jürgen Hotz (55) begann seine Karriere bei Aldi Süd, wo er zwischen 1985 und 1993 verschiedene Führungsaufgaben innehatte. Anschließend wechselte der Manager zur Tengelmann-Gruppe und war fu?r Plus in Tschechien, Österreich, Polen und Ungarn aktiv. 1994 übernahm Hotz die Geschäftsführung von Plus Spanien, ab 1998 auch die fu?r Plus Portugal und Plus Italien. 2005 zog es ihn nach Frankreich, wo er als Directeur Géneral bei Norma arbeitete. Seit Anfang 2012 ist er Geschäftsführer von Ahold Deutschland.

Was von dem, das Sie gelernt haben, hat Sie am meisten überrascht?
Wir waren zum Beispiel überrascht darüber, dass unser Bekanntheitsgrad viel größer ist, als wir vorher gedacht haben. Auch wenn Nordrhein-Westfalen an die Niederlande angrenzt, hatten wir nicht erwartet, dass so viele Kunden Albert Heijn kennen und deshalb auch eine sehr hohe Erwartungshaltung in Bezug auf das Sortiment an niederländischen Produkten haben.

Welche niederländischen Produkte werden nachgefragt?
Diverse Süßwaren und Getränke, z.B Appelflappen (Apfelkekse), Pindakaas (Erdnusscrème) oder Fristi (Limonade), verschiedene Sorten Hagelslag oder Vla oder die verschiedenen Currygerichte, die typisch sind für die Niederlande.

Wie hoch ist der Anteil an niederländischen Produkten am Sortiment?
Wir haben deren Anteil schon sicher verdoppelt und wollen das Sortiment weiter ausbauen. Im Frischebereich sind fast 100 Prozent niederländische Produkte. Aber wir fixieren uns nicht nur auf diese Artikel, sondern das Sortiment muss insgesamt zum jeweiligen Standort passen.

Was waren bisher die Renner?
Unsere „Broodjes“, unsere Eigenmarken-Salate und frischen Säfte und Smoothies laufen hervorragend.

Welche Artikel haben Ihre Erwartungen nicht erfüllt?
Wir hatten einige Brotaufstriche und Tapas-Produkte, die sich nicht so gedreht haben wie erwartet. Das ist auch standortabhängig. In Essen in der Einkaufsstraße laufen z. T. andere Produkte als am Graf-Adolf-Platz in Düsseldorf, wo vorwiegend Mitarbeiter aus den umliegenden Büros unsere Kunden sind. Die haben wieder andere Wünsche als die Pendler, die vorwiegend in der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Allee und in Aachen bei uns einkaufen. Im neuen Markt in Köln sind alle Kundengruppen vertreten, wodurch wir sicher wieder viel lernen können über die Sortimentsoptimierung.


In den Niederlanden ist Ihr Convenience-Konzept seit Jahren etabliert. In Deutschland gibt es von Handelsseite bisher kaum Vorstöße für reine Convenience-Konzepte. Ist Deutschland überhaupt schon reif für „Albert Heijn to go“?
Die Niederländer sind nicht unbedingt weiter. Dort wurde das Angebot nur frühzeitiger platziert, und daraus ist ein Bedarf entstanden. In Deutschland wird Convenience auch immer selbstverständlicher. Wir sind nach einem Jahr Erfahrung in unserer Annahme bestärkt worden, dass es hier einen Markt für uns gibt. Es gibt viele Bäcker, Metzger oder auch Tankstellen, die den Kunden mit ihren veränderten Konsumgewohnheiten entgegenkommen. Die Tagesabläufe vieler Familien haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert, bei vielen Paaren sind beide Partner berufstätig, es wird häufiger außer Haus konsumiert. Die Zeit ist einfach reif, um einen neuen Kanal mit Convenience-Produkten zu etablieren. Und unser Multi-Category-Angebot passt dazu sehr gut, weil wir Kunden mehr Vielfalt bieten können als ein Bäcker oder Metzger. Wir bündeln alle Angebot an einem Standort und laden den Verbraucher zu einer Verhaltensveränderung ein. Aber das Forma t ist noch jung und vieles noch in Bewegung, deswegen ist eine Marktanalyse noch schwierig.

Kann ein Handelsunternehmen bei derart vielen Wettbewerbern ein reines Convenience-Konzept rentabel betreiben?
Davon sind wir überzeugt. Das streben wir für Deutschland für die Zukunft auch an. Unsere bisherige Umsatzplanung war vorsichtig, weil wir neu im Markt sind, das Konzept neu ist und der Convenience-Markt jung ist – und unseren Plan haben wir erfüllt. Natürlich kann man, wenn man in einem Land neu startet, nicht nach wenigen Monaten den Break-even erreichen, aber wir sind auf einem guten Weg.

Wann wollen Sie rentabel sein?
Das wird sich zeigen.

Commerzbank-Analyst Jürgen Elfers hat im LP-Interview (LP 13/2013) gemutmaßt, Sie wollten mit den Läden in Deutschland nur Ihre Distributionszentren in den Niederlanden auslasten. Ist da was dran?
Wir haben mit Lekkerland einen sehr guten strategischen Partner in Deutschland und nutzen im Moment keines von unseren niederländischen Distributionszentren. Die Ware wird von unseren Lieferanten direkt nach Oberhausen zu Lekkerland gebracht und von dort aus täglich an die Filialen geliefert.

Beim Deutschland-Start 2012 haben Sie zehn Markteröffnungen innerhalb eines Jahres angekündigt, jetzt sind Sie bei der Hälfte. Woran hat es gehakt?
Manchmal hängt es einfach an der Baugenehmigung. Vor allem aber ist das Konzept von „Albert Heijn to go“ in den Niederlanden für ganz Europa überarbeitet worden. Das hat die Expansion in Deutschland vorübergehend gebremst. Der erste „Albert Heijn to go“-Shop in den Niederlanden mit neuem Design ist vor etwa zwei Monaten eröffnet worden. Nun treiben wir mit weiteren Filialen nach dem neuen Konzept die Expansion auch hierzulande wieder voran.

„Die Marke Albert Heijn hat eine unglaubliche Strahlkraft, auch nach Deutschland. Dieses Potenzial wollen wir nutzen.“

Was haben Sie am Konzept geändert?
Wir haben ein breiteres Sortiment als vorher, statt 600 führen wir nun mehr als 1.000 Artikel. Deshalb bevorzugen wir künftig auch eher Standorte mit mehr als 120 qm statt wie bisher mit 80 qm. Wir sind auch mehr zum Branding der Albert-Heijn-Familie zurückgegangen und haben das typische Blau und das bekannte Logo der Albert-Heijn-Supermärkte übernommen. Alle neuen Filialen werden in diesem neuen Design eröffnet – die ersten Filialen in Deutschland sind die in der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Allee und am Kölner Neumarkt. Die Marke Albert Heijn hat einfach eine unglaubliche Strahlkraft, auch nach Deutschland, und dieses Potenzial wollen wir nutzen, deshalb haben wir die Optik an die Albert-Heijn-Supermärkte angepasst.


Hätten Sie das Konzept nicht schon vor der Expansion nach Deutschland überarbeiten können, damit Sie hier ein einheitliches Bild abgeben?
Nicht alles, was wir hier gelernt haben, war vorher absehbar, wie z. B. der Bekanntheitsgrad und die starke Nachfrage nach niederländischen Produkten. Das hat uns in der Intensität wie gesagt schon etwas überrascht. Da das Lernen immer weitergeht, werden wir das Konzept auch in Zukunft dynamisch anpassen. Zudem sind Ergebnisse der Marktforschung in den Niederlanden mit in die Weiterentwicklung des Konzepts eingeflossen. Ein Resultat daraus war, dass wir das Sortiment aufgestockt haben.

Welche Artikel haben Sie neu ins Sortiment aufgenommen?
Wir bieten mehr Kategorien an. Wir haben mehr Trockensortiment aufgenommen, Kekse und Grundnahrungsmittel wie Eier sowie einige Fertiggerichte sind dazugekommen. Zudem führen wir inzwischen einige Zeitungen, wir haben ein Basissortiment an Kosmetikartikeln und sogenannten Mitnahmeartikeln, z. B. Batterien.

Wenn die Läden größer werden und das Sortiment breiter wird, was unterscheidet Ihre Convenience-Shops noch von einem klassischen kleinen Nahversorger?
Davon sind wir sehr weit weg. Wir haben uns im ersten Schritt auf „Food for now and then“ konzentriert. Der Sofortverzehr bleibt auch unser Hauptfokus – viel mehr, als das bei einem Nahversorger der Fall ist. Aber wir haben festgestellt, dass viele Kunden noch etwas mitnehmen wollen für den Nachmittag im Büro, den Abend oder das Frühstück am nächsten Morgen, und dementsprechend haben wir das Sortiment angepasst. Wir bieten aber nicht wie ein Nahversorger Toilettenpapier, Reinigungs- oder Waschmittel und Getränkekisten an.

Ihr fünfter Shop hat gerade in Köln eröffnet. Ist das ein Angriff auf die Rewe in deren Stammgebiet?
Nein. Köln ist die größte Stadt in NRW und deshalb sehr interessant und wichtig für uns. NRW ist das Bundesland, auf das wir uns konzentrieren, deshalb ist es ein logischer Schritt, dass wir auch in Köln Filialen eröffnen.

Bis wann wollen Sie die zehn Filialen eröffnet haben, die Sie eigentlich schon nach einem Jahr haben wollten?
Einen genauen Zeitplan kann und will ich noch nicht nennen.

Wollen Sie auch in anderen Bundesländern eröffnen?
Derzeit nicht. In nächster Zeit werden wir ausschließlich in NRW Filialen eröffnen. Da sehen wir noch sehr großes Potenzial für uns.

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Bild öffnen Der Bekanntheitsgrad der Marke Albert Heijn ist in NRW größer, als man bei Ahold erwartet hatte, sagt Deutschland-Chef Jürgen Hotz. (Bildquelle: Hoppen)
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