Unternehmensnachfolge Nachfolgekonzepte

Fünf Unternehmen und ihre individuelle Lösung für den möglichst reibungslosen Übergang.

Donnerstag, 06. September 2012 - Management
Lebensmittel Praxis

 

{tab=Mestemacher}

Familie Detmers bleibt am Ruder
Bei Mestemacher nutzt man auch die Fähigkeiten familienfremder Manager. Den Kindern bleiben alle Optionen offen.

„Unsere Tochter hat ein Rückkehr-Ticket“: Prof. Ulrike Detmers, Mitgesellschafterin des Großbäckers Mestemacher-Gruppe, sieht es entspannt, dass ihre 31-jährige Tochter, die in Hamburg lebt, derzeit ihre Qualifikationen außerhalb des Familienunternehmens weiterentwickelt. Der 29 Jahre alte Sohn ist seit vier Jahren Junior-Exportmanager des Unternehmens, ob er eine Führungsaufgabe übernehmen möchte, lasse sich noch nicht sagen. Ihr Neffe, Maik Detmers, ist Produktionsleiter der Mestemacher GmbH. In der Laufbahnplanung könnten Aufstiegspotenziale vorhanden sein, sofern er wolle, so Detmers.

Die oberste Führungsebene der Gruppe ist mit Familienmitgliedern besetzt, die darunter liegende Leitungsebene mit externen Managern und Detmers Neffen. „Strategien und Management liegen in den Händen der Eigentümer der Familie“, sagt Prof. Detmers. Sie legt besonderen Wert auf die Rekrutierung fähiger Frauen. Nachfolgesuche sei eine strategische Aufgabe, die frühzeitig angegangen werden müsse. Und hat sie schon einen Zeitpunkt für ihren Rückzug im Visier? Prof. Detmers hat eine Reduktion ihrer Arbeitszeit an der FH Bielefeld erhalten – davon profitiert ihre unternehmerische Tätigkeit. (sk)

{tab=Dohle}

Dohle gibt operative Führung an Externen
Von der Hamburger Edeka-Zentrale kehrt Gert Schambach zurück nach Siegburg. Klaus Dohle als Stratege im Hintergrund.Die Dohle Gruppe (Jahresumsatz 2011: 1,4 Mrd. Euro) betreibt eigene HIT-Märkte (92), agiert aber auch als Franchisegeber und Systemzentrale für private Verbrauchermarktunternehmen (17). Geschäftsführer Klaus Dohle (45), 1995 als Vertreter der dritten Generation ins Unternehmen eingestiegen, wird zum 1. Juli 2013 in den Beirat wechseln und sich um die strategische Ausrichtung und das Immobiliengeschäft des Unternehmens kümmern. Die operative Führung tritt er dann an Gert Schambach (44) ab, der zudem am Unternehmen beteiligt wird. Schambach arbeitete von Mai 2004 bis Ende 2005 bei der Dohle Gruppe als Geschäftsführer Einkauf. Er kennt das Unternehmen, die Strukturen und die Familie bestens.

Für Klaus und seinen Vater Kurt Dohle, der maßgeblich für die Expansion des Unternehmens verantwortlich zeichnete, war das enge und vertrauensvolle Verhältnis mitentscheidend für die Bestellung eines externen Nachfolgers. Kurt Dohle wechselte im Jahr 2000 von der Geschäftsführung in den Beirat, sein Sohn Klaus übernahm den Vorsitz der Geschäftsführung. Ziel beider sei es nun, dem besten verfügbaren Manager ihre Nachfolge anzuvertrauen und mit ihm HIT als Marke für ein Frische-orientiertes Verbrauchermarkt-Unternehmen weiterzuentwickeln. (cs)
{tab=Steinhaus}
Anja Steinhaus-Nafe wollte übernehmen
Karl-Ullrich Steinhaus hat, teils mit seinem Bruder, mehr als 40 Jahre lang das Familienunternehmen Steinhaus geführt.

Mehr als 50 Jahre hat Karl-Ullrich Steinhaus in der Firma gearbeitet. Während seine beiden älteren Kinder nicht ins Unternehmen drängten, war für die Jüngste, Anja-Steinhaus-Nafe (42), schon immer relativ klar, dass sie die auf Pasta- und Bratenprodukte spezialisierte Firma weiterführen will. Seit 2009 hat sie die Zügel in der Hand, gemeinsam mit ihrem Ehemann. Sie kümmert sich um Marketing, Vertrieb, Qualitätssicherung und Produktentwicklung, er um Finanzen, Administration, Einkauf und Produktion. Ihr Vater, der sie 2003 ins Unternehmen holte, nachdem sie Banklehre, BWL-Studium und Marketingstationen bei Zentis, Müller Milch und Weihenstephan absolviert hatte, arbeitete sechs Jahre gemeinsam mit ihr, bevor er sich in den Vorstand zurückzog.

Heute sind Erfahrung und Ratschläge von ihm sehr willkommen, früher war es gelegentlich „anstrengend". Wenn es in Familie oder Unternehmensführung Unstimmigkeiten gibt, würden das die Mitarbeiter merken. „Das Team muss passen." Steinhaus-Nafe führt anders als ihr Vater, setzt auf flache Hierarchien, entscheidet gemeinsam mit ihren Bereichsleitern. Ein planvolle Übergabe, mit teils gemeinsamer Führung – wenn sich beide Generationen verstehen – sei sinnvoll, aber „jedem und auch nach außen müsse klar sein, wer wofür zuständig ist". (cs)

{tab=Rewe}

Ohne starren Zeitplan
Rewe-Händler Uli Budnik möchte an zwei seiner Söhne übergeben – wenn sie denn die Nachfolge antreten wollen.

2013 wird Rewe-Händler Uli Budnik aus Dortmund 60. Dann will er mit seinen Söhnen Sebastian (26) und Alexander (23) darüber reden, wie die Übernahme der vier Supermärkte und zwei Getränkeshops laufen könnte. Die beiden sind im Gegensatz zu ihrem Bruder Christian (35) in die Fußstapfen des Vaters getreten. Sebastian ist gelernter Einzelhändler, hat in Kapstadt und Sofia gearbeitet und von der Rewe ein Stipendium für eine Bachelor-Ausbildung erhalten. Momentan ist er in der Rewe-Zentrale in Köln in der strategischen Planung tätig. Alexander, gelernter Metzger und Einzelhändler, absolviert das Nachwuchsförderprogramm der Rewe Dortmund und arbeitet bereits im Unternehmen.

„Bisher kümmert sich meine Frau Martina um die Frische, ich um die Zentrale. Im Idealfall übernimmt einer von Mama, einer von Papa. Das würde auch von ihren Neigungen her passen", sagt Budnik. Einen starren Zeitplan gibt es nicht. Schon jetzt bindet er beide ein, spricht mit ihnen über die Finanzen. Sie sollen frei wählen können, ob sie die Nachfolge antreten wollen. Wenn ja, will sich Budnik für die Umsetzung Hilfe von der Rewe Dortmund holen. „Bis dahin halten meine Frau und ich den Laden am Laufen." (pl)

{tab=Edeka}

Edeka Cramer gut vorbereitet
Schon früh Verantwortung übertragen – so macht es Familie Cramer. Die Kinder arbeiten in der Geschäftsführung mit.

„Die größte Herausforderung muss unser Vater bewältigen", sagt Sebastian Cramer. Schließlich hatte Vater Jürgen immer das Sagen in seinem Unternehmen, das er gemeinsam mit seiner Frau in der zweiten Generation leitet. Nun muss er loslassen und Schritt für Schritt das Tagesgeschäft abgeben – auch wenn er „noch mindestens fünf, sechs Jahre arbeiten will". Die Cramers, Edekaner mit sechs E-Centern und zwei kleineren Märkten nordöstlich von Hannover, haben sich früh mit der Nachfolge-Frage beschäftigt. Die Junioren (Tochter Inga Ali und ihr Bruder Sebastian) sind schon 2009 in die Geschäftsführung eingestiegen, mit damals gerade 30 bzw. 27 Jahren. Während sich die Tochter um Personal und Verwaltung sowie die Backshops kümmert, ist der Sohn zuständig für Einkauf und Vertrieb, beide sind mit Prokura ausgestattet.

Die Aufgabenteilung bewährt sich, jeder ist für seinen Bereich verantwortlich. „Wenn wir allerdings übers Ziel hinausschießen, bekommen wir die Realitäten vorgehalten", weiß Sebastian. Dafür hat er volles Verständnis, schließlich ist das Geschäft das Lebenswerk der Eltern. Manchmal gibt es unterschiedliche Auffassungen, darüber diskutieren die Generationen und entscheiden gemeinsam.