LP Interview - Marketing am PoS Individualität gewinnt

Dem PoS-Marketing wird große Bedeutung beigemessen. Schließlich fällt ein Großteil der Kaufentscheidungen erst im Outlet. Doch welche Maßnahmen versprechen Erfolg und wo werden Fehler gemacht? Die LP lud zum Gespräch.

Dienstag, 24. August 2010 - Management
Bettina Röttig und Reiner Mihr
Artikelbild Individualität gewinnt
Bildquelle: Hoppen

LP: Hat sich in den zurückliegenden, wirtschaftlich schwierigen Monaten die Bedeutung des PoS verändert? Müssen Sie auf der Fläche jetzt anders agieren?
Wolfgang Nottebohm: Ja, der Point of Sale gewinnt an Bedeutung, da es immer weniger Anbieter gibt! Das hat jedoch mit der Wirtschaftskrise nichts zu tun.
Michael Jacobi: Für PoS-Marketing sind trotz mehr Wettbewerb mit anderen Medien, wie z.B. Social Media, und weniger Flächen die Budgets bei uns gleichgeblieben. Diese Tatsache zeigt, dass der PoS an Bedeutung tendenziell gewonnen hat.
Uwe Lebens: Der Auftritt der Marken am PoS muss noch professioneller werden und beispielsweise auch seine Fortsetzung im Internet finden, vom Außendienst sind entsprechende Aktionen zu begleiten. Händler machen sich mehr Gedanken zur Differenzierung im Wettbewerb und auch die Zulieferer sollten sich hier einbringen, sei es bei der Display- oder der Preisgestaltung. Das ist jedoch nicht krisenspezifisch. Das ist ein Entwicklungsprozess.
Dieter Stempel: Alles ist schnelllebiger, die Kunden informieren sich mehr. Besondere PoS-Maßnahmen begeistern. Aspekte wie besonderer Service, Engagement und Kreativität gewinnen. Erdbeeren, noch warm von der Sonne direkt vom Feld ins Outlet, sind ein Beispiel dafür.

Also ist mehr Individualität gefordert. Wie individuell muss es denn tatsächlich sein?
Nottebohm: Das ist sehr unterschiedlich, wir haben schließlich völlig verschiedene Gebiete in Deutschland. Die Edeka Südwest hat beispielsweise ganz andere Möglichkeiten im Hinblick auf Regionalität als wir im Ruhrgebiet. Aber trotzdem merkt man auch im Ruhrgebiet, dass Kooperationen mit regionalen Bauern funktionieren.
Lebens: Im Mittelstand waren wir schon immer gezwungen, uns den regionalen Gegebenheiten anzupassen und für bestimmte Regionen unterschiedliche Displays etc. zu entwickeln. In Baden-Württemberg sind die Anforderungen anders als z.B. im Norden.

Was sind Erfolgsfaktoren für Promotions und wo werden derzeit noch viele Fehler gemacht?
Nottebohm: Der Handzettel ist die Eintrittskarte für einen Markt. Dann muss das Ambiente überzeugen. Wichtig ist, dass bei Länderaktionen beispielsweise tatsächlich eine Welt aufgebaut und entsprechend Atmosphäre erzeugt wird. Verkostungen sind out. Man muss in die Tiefe gehen und pfiffige Ideen entwickeln. Abendveranstaltungen nach Feierabend kommen beim Verbraucher sehr gut an.
Lebens: Wenn eine Promotion abgesprochen wurde, heißt es noch lange nicht, dass diese auch am PoS umgesetzt wird. So sollte die Logistik, die hinter dezentralen Promotions steckt, mit der notwendigen Vorlaufzeit abgestimmt und vorbereitet sein. Der Außendienst muss unbedingt vor Ort die PoS-Maßnahmen unterstützen und koordinieren. Komplexer wird es bei Cross-Promotions zusammen mit anderen Partnern, z.B. Preisausschreiben in Kooperation mit Air Berlin. Solche Cross-Promotions sowie Aktionen mit Event-Charakter kommen gut an und sind sehr erfolgreich.
Stempel: Wichtig ist ein klares Ziel, das sich stringent wie ein roter Faden durch die Promotion durchzieht. Schlechte Absprachen sind häufig die Ursache für eine nicht funktionierende Aktion. Samplen und Verkaufen in einer Aktion hat noch nie funktioniert! Zum Teil wird beim Einkauf von Displays nur auf den Preis und nicht auf die Praktikabilität gesetzt; dann kann eine Zweitplatzierung trotz aller Attraktivität auch schon mal zusammenfallen.
Jacobi: Bei uns sind die Displays stabil. Generell stellt sich die Frage, was eine Promotion ist bzw. umfasst. Werbedamen oder Zweitplatzierungen alleine sind zum Beispiel noch keine Promotion! Die wichtigsten Kriterien für eine erfolgreiche Promotion sind: ein Thema, ausreichende und attraktive Fläche, Warenpräsenz und Optik. Die Kunden müssen die Ware auch sehen können. Wenn diese Punkte nicht gegeben sind oder nicht ineinander greifen, ist eine Promotion nicht erfolgsversprechend.


Was kann durch Promotions erreicht werden und wie lange wirkt eine Promotion?
Nottebohm: Im Schnitt werden zwischen 30 und 50 Prozent Umsatzzuwachs mit den beworbenen Artikel gegenüber dem Regal erreicht.
Stempel: Die Nachhaltigkeit einer Promotion hängt von dem Lebenszyklus der Marke ab. Die Gewinnung von Neuverwendern ist jedoch immer wieder der Erfolg bei Promotion-Aktionen.
Lebens: Die Nachhaltigkeit einer Promotion muss durch Verknüpfungen in anderen Medien unterstützt werden, beispielsweise durch Internet-Aktivitäten.

Bei einigen Drogeriemarktketten kann man Pakete buchen, angefangen vom Regal-Wobbler bis zum Ansteck-Button für den Verkäufer. Ist so etwas im LEH auch möglich?
Jacobi: Verschiedene Pakete gibt es hier bereits, aber im anderen Ausmaß. Bei diversen Kunden kann man auch Einzelkomponenten, z.B. Deckenhänger, buchen. Wenn das Preis-/Leistungsverhältnis stimmt, ist so etwas interessant. Aber grundsätzlich sind meiner Meinung nach sinnvolle Einzelmodule erfolgreicher als kostspielige Gesamtpakete.
Lebens: Es darf auch nicht zu viel werden. Wenn der Konsument zu sehr überfrachtet wird, hat dies schnell einen negativen Effekt.
Jacobi: Ich wäre auch verwirrt, wenn die Kassiererin kein Namensschild, sondern stattdessen wechselnde Werbebutton anstecken hätte.
Nottebohm: Ein Supermarkt braucht Atmosphäre, keinen Zirkus!
Jacobi: Zudem sollte ein Händler gegenüber dem Endverbraucher Hersteller-Neutralität zeigen.

Welche Rolle spielen neue Technologien bzw. Medien am PoS?
Jacobi: Wir erhalten sehr viele Anfragen dazu und haben bereits unterschiedliche PoS-Medien überprüft. Es zeigt sich aber, dass diese bisher für WPR nicht so interessant sind.
Lebens: Der Einsatz muss sich vor allem rechnen. Süßwaren sind Impulsartikel. Ladenfunk und PoS-Fernsehen wirken in jedem Fall impulsfördernd. Die Warengruppe lebt aber vor allem davon, dass sie im Markt an der richtigen Stelle präsentiert wird.
Nottebohm: Meist wird das Programm aufgefüllt durch Spots der örtlichen Reinigung oder Fahrschule. Das macht dann keinen Sinn mehr.
Stichwort Personaleinsatz: Was muss Ihr Außendienst leisten?
Lebens: Wir betreuen rund 6.000 Geschäfte in Deutschland ab circa 800 qm. Unser Außendienst besucht die Märkte je nach Größe zwischen halbjährlich und einmal wöchentlich. Viele Märkte werden auch über die Logistik der Handelszentralen abgedeckt. Aber insgesamt ist die Vertriebs-Personenbindung sehr wichtig bei der Umsetzung der Marken- und PoS-Ziele. Dabei ist die Motivation für alle Teile der Wertschöpfungskette ein entscheidendes Erfolgskriterium.
Jacobi: Ein guter Außendienst wie unserer ist ein klarer Wettbewerbsvorteil. Unser Außendienst besucht mehr als 11.000 Geschäfte und fährt diese fast 90.000 Mal im Jahr an, um unsere Ware zu verkaufen, die Regalpräsenz sicherzustellen und Promotion-Absprachen treffen.
Nottebohm: Die Zusammenarbeit funktioniert am besten, wenn zwischen beiden Seiten über viele Jahre hinweg Vertrauen aufgebaut wurde. Häufige Wechsel des Außendienstes machen sich daher oft negativ bemerkbar.

Was ist Ihnen lieber, der eigene Außendienst oder Agentur-Mitarbeiter? Merkt man überhaupt einen Unterschied?
Nottebohm: Normalerweise merken wir keinen Unterschied. Wichtig ist, dass wir mit Partnern arbeiten, die unser Vertrauen besitzen.
Stempel: Bei uns merkt man nicht, dass TMS dahinter steckt. Ob eigener Außendienst oder Agentur hat natürlich strategische Gründe. Wir beschäftigen z.B. für zwei große Unternehmen exklusive, fest angestellte Mannschaften, die dem Kunden-Außendienst direkt zugeordnet sind. Sie sollen nicht den Job des Außendienstes machen, aber die Taktzahl für bestimmte Tätigkeiten bzw. den Besuchsrhythmus erhöhen.
Lebens: Wenn die Mitarbeiter gut geschult sind, merkt man nicht, ob es Außendienstler oder Agentur-Mitarbeiter sind.
Jacobi: Es lässt sich nicht pauschal beantworten, ob der eigene Außendienst oder der externe erfolgreicher ist. Das ist abhängig von der Zielsetzung, der Art, dem Umfang und dem Zeitraum der Besuche. Bei einfachen und kurzfristigen Durchgängen kann es schon sein, dass ein externer Außendienst vergleichbar funktioniert. Bei dauerhaftem Geschäft mit zunehmend anspruchsvoller werdenden Tätigkeiten ist ein eigener Außendienst meiner Meinung nach deutlich von Vorteil.

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„Ein guter Außendienst ist ein klarer Wettbewerbsvorteil.“Michael Jacobi, Leiter Verkaufsförderung Henkel Wasch- und Reinigungsmittel GmbH