Gastkommentar Herausforderung Multichannel-Retail

Prof. Dr. Hendrik Schröder, Fakulität für Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Marketing und Handel, Universität Duisburg-Essen, Campus essen zu konzeptionellen fragen, die sich jeder Händler stellen sollte und dem erforderlichen hohen Maß an Professionalität.

Mittwoch, 18. April 2012 - Management
Dieter Druck
Artikelbild Herausforderung Multichannel-Retail

Den Kunden auf mehreren Kanälen die Möglichkeit zum Einkaufen bieten. Das ist die Idee von Multichannel-Retailing. Stationäre Geschäfte, Kataloge, mobile oder stationäre Endgeräte: Die Kunden können wählen, wann, wo und auf welche Weise sie einkaufen möchten. Die Ansprüche der Kunden wachsen, die Anforderungen an die Händler sind groß. Viele Multichannel-Retailer aus den Non-Food-Branchen betreiben mittlerweile ein Mehrkanalsystem, das die Kunden überzeugt und das Vertrauen geschaffen hat. Zu diesen Händlern zählen z. B. Douglas, Globetrotter, H&M, Ikea, Tchibo und SportScheck.

Der Aufbau neuer Kanäle, insbesondere der elektronischen, verlangt umfangreiche Ressourcen: Geld, Personal und Know-how. Den Online-Shop oder Applikationen für Smartphones und Tablet PCs zu erstellen, das ist nicht die wesentliche Hürde. Es gibt eine Reihe von Dienstleistern, die erschwingliche und praktikable Lösungen anbieten.

Vielmehr sind die konzeptionellen Fragen die Herausforderung für den Händler. Sie lauten: Welche Waren sollen in welchem Kanal zu welchem Preis angeboten werden? Welche Zeitfenster will und kann ein Händler seinen Kunden anbieten? An welche Orte will und kann er liefern? Wie viel Geld sollen die Kunden für die Lieferung bezahlen? Sollen die Lieferpreise mit der Lieferzeit, der Lieferstrecke und dem Wert der Ware variieren?

Bereits vor über zehn Jahren hat es etliche mittelständische Lebensmittelhändler gegeben, die Online-Shops eingerichtet und betrieben haben. Diese sind in der Folgezeit teilweise geschlossen oder im Leistungsumfang (Sortiment, Lieferzeit, Lieferorte etc.) eingeschränkt worden. Schlechtes Fulfilment, zu geringe Umsätze, zu hohe Kosten und schließlich fehlendes Vertrauen der Kunden sind die Hauptursachen für das Scheitern vieler Online-Shops gewesen.

In der Zwischenzeit hat sich die Spreu vom Weizen getrennt. Die seriösen und professionellen Multichannel-Retailer haben sich durchgesetzt. Viele vertrauensbildende Maßnahmen, z. B. Prüfsiegel für die Online-Shops, Absicherung von Zahlungsvorgängen und Rückgaberechte, haben dafür gesorgt, die Risiken der Kunden zu reduzieren und Vertrauen in den Distanzhandel zu schaffen. Die zunehmende Zahl der Online-Kunden und die steigenden Umsätze sind ein beredter Beleg dafür. Im Lebensmitteleinzelhandel finden sich verschiedene neue und auch alte Bekannte als Multichannel-Retailer mit einem Online-Shop, wie z.B. Real, Rewe, mit einem Bring- und einem Abholkonzept, und Tegut mit Gourmondo als Kooperationspartner. Andere Beispiele finden sich unter www.lebensmittel-shopper.de/category/allgemein.

So reizvoll und verlockend die Aussichten für einen mittelständischen Lebensmittelhändler sein mögen, auch oder wieder online zu gehen, er sollte genau prüfen, ob seine Organisation in der Lage ist, die erforderlichen Prozesse effektiv und effizient zu bewältigen: die Aktualisierung der Angebote, die Annahme von Bestellungen, die Zusammenstellung der Ware im Geschäft oder im Lager, die Anlieferung der Ware zum vereinbarten Zeitpunkt, dabei die Sicherstellung der Kühlkette und der Unversehrtheit der Waren, schließlich die fehlerfreie Abrechnung. Sollte die Umsetzung der Online-Konzepte nicht die Anforderungen der Kunden erfüllen, so können sich die Nachrichten schnell verbreiten, sowohl auf verschiedenen Bewertungsplattformen und in sozialen Netzwerken als auch in veröffentlichten Tests, wie z. B. www.getestet.de/supermarkt-vergleich. Das kann sich negativ auf das stationäre Geschäft niederschlagen. Also: Die Chancen des Online-Handels sind groß, groß ist auch die Professionalität, mit der er betrieben werden muss.

Weiterführende Literatur
Gerrit Heinemann; Multi-Channel-Handel: Erfolgsfaktoren und Best Practice. Der Professor für Betriebswirtschaft an der Hochschule Niederrhein zeigt die zentralen Erfolgsfaktoren für den Multi-Channel-Handel auf und ergänzt diese durch internationale Best-Practice-Beispiele. Erschienen bei Gabler/GWV Fachverlage, Wiesbaden. Preis: 34,90 Euro (Taschenbuch).
Multichannel-Handel: Marketing in Mehrkanlasystemen des Handels. Prof. Hendrik Schröder zeigt, welche Gestaltungsoptionen ein Multichannel-Retailer hat, welche Informationen er für seine Entscheidungen benötigt, wie er diese erhält und welche Strategien und Maßnahmen ihm Wettbewerbsvorteile verschaffen. Mit zahlreichen Praxisbeispielen. Erschienen bei Springer; Preis: 69,95

Handel im Kontakt mit Studenten
Der Lehrstuhl für Marketing & Handel der Uni Duisburg-Essen und die LEBENSMITTEL PRAXIS veranstalten wieder „Handel trifft Hochschule“.
Termin: Freitag, 15. Juni, 12 bis 16 Uhr, Campus Essen, Glaspavillon R12.
Händler, die sich dort präsentieren wollen, wenden sich an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.