Perfetto Auch ohne Mutterhaus

Karl-Heinz Dautzenberg, Chef der Karstadt Feinkost, sucht bundesweit Flächen für Stand-Alone-Läden von Perfetto, die ein reduziertes Sortiment anbieten könnten.

Mittwoch, 22. Februar 2012 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Auch ohne Mutterhaus
Bildquelle: Mugrauer

Stand-Alone-Läden auf kleiner Fläche mit einem reduzierten Sortiment – darin liegen laut Karl-Heinz Dautzenberg, Chef der Karstadt Feinkost, Wachstumschancen für Perfetto. Er sieht Potenzial, um die Anzahl der Filialen in Deutschland nahezu zu verdoppeln. Einen Schwerpunkt beim Sortiment legt er dabei auf Öl.

Wegen welchem Produkt gehen Sie selbst bei Perfetto einkaufen?

Karl-Heinz Dautzenberg: Zum Beispiel wegen unserem Rindfleisch, das von Tieren stammt, die 26 Monate lang in Irland auf der Weide gestanden und nur Gras gefressen haben. Margarine kann ich überall bekommen, aber diese Spitzenqualität beim Fleisch zu einem günstigen Preis gibt es woanders nicht. Auch zum Öl-Kauf gehe ich auf jeden Fall zu Perfetto.

Was hat es mit der neuen Öl-Ampel auf sich?

Die gibt es bisher nur im Perfetto in Frankfurt. Nach und nach wird das auch in den anderen Perfetto-Märkten ausgerollt. Ab Ende April vermarkten wir die Öl-Welt in unserem Genießermagazin und in unserem Webauftritt. Wir haben drei Dinge beim Öl getan. Wir haben unser Sortiment überprüft, haben neue sehr gute Öle aufgenommen. Andere, die das Geld nicht wert waren, das wir dafür nehmen mussten, haben wir ausgelistet. Diesen Schritt müssten andere erst machen, wenn sie die Öl-Ampel imitieren wollten. Zur besseren Orientierung sind die Öle neu geordnet und mit den Etiketten der Öl-Ampel versehen worden. Denn nicht jedes Öl ist für alles gleich gut geeignet. So passt ein sehr gutes, kräftiges Olivenöl nicht zu einem Thunfisch-Carpaccio. Rote Öle sind kräftig. Wenn Sie also ein Öl mit feinem Geschmack brauchen, nehmen Sie lieber ein grünes. Beraten können Sie unsere Mitarbeiter, die wir intensiv geschult haben.

Wie wurden die Mitarbeiter geschult?

Das Wissen im Unternehmen, was Öl angeht, hat sich verzehnfacht, seit wir vor eineinhalb Jahren angefangen haben, uns intensiver damit zu beschäftigen. Wir haben Seminarblöcke von vier Stunden, um Grundwissen zu vermitteln und Öle probieren zu lassen. Unser Ziel ist, dass mittelfristig fast alle Mitarbeiter in Sachen Öl beraten können. Wir wollen sie zu Ölfachberatern machen. Der Mann an der Fischtheke muss dem Kunden auch sagen können, welches Öl er nehmen soll, um seine Dorade zuzubereiten.


Warum legen Sie so viel Wert auf das Sortiment Öl?

Es liegt im Trend, für Öl Geld auszugeben.

Warum ist das so?

Das hängt mit den Kochsendungen zusammen. Seither werden in Deutschland Produkte nachgefragt, die vorher niemand wollte. Eine Botschaft von Alfons Schuhbeck war, dass wir viel Geld für Motoröl ausgeben, aber das billigste Speiseöl nehmen. Dadurch ist eine gewisse Bereitschaft entstanden, mehr dafür auszugeben. Das Problem ist, dass die Mitarbeiter in vielen Märkten dem Kunden nicht erklären können, warum ein Öl teurer ist als ein anderes. Bei Perfetto können unsere Mitarbeiter das jetzt.


Wie ist bisher das Kundenfeedback?

Wir stellen fest, dass der Kunde Fragen und Bedürfnisse hat, die er vorher gar nicht so geäußert hat. Deshalb ist in der Regel ein Mitarbeiter in der Nähe des Öl-Sortiments. Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob wir jetzt in Frankfurt mehr Öle verkaufen. Auf jeden Fall verkaufen wir bessere, und wir bieten unseren Kunden einen Service, den sie woanders nicht kriegen. So erreichen wir, dass sie wiederkommen. Denn der Kunde hat ja einen schwereren Weg, um zu Perfetto zu kommen als zum Supermarkt bei sich um die Ecke, deswegen müssen wir ihm mehr bieten. Dazu gehören auch unsere Kochgenuss-Tüten, in denen alle Produkte für ein Rezept in der erforderlichen Menge zusammengepackt sind. Das testen wir derzeit in fünf Filialen.

Worauf gucken Sie besonders, wenn Sie durch Ihre Läden gehen?

Ich gucke, dass Perfetto rüberkommt, dass die Grundtugenden wie Ordnung und Sauberkeit erfüllt sind. Denn es nützt nichts, wenn wir die tollste Obst- und Gemüseauswahl haben, und dann liegen da schimmelige Paprika. Lieber haben wir etwas weniger, als dass wir etwas Schlechtes haben. Dann geht es mir um die Schwerpunkte, die wir in unserem Genießermagazin, im Newsletter und auf der Homepage setzen: Die muss der Kunde im Laden wiederfinden.

Welchen Erfolg erzielen Sie mit den Angeboten in Ihrem Newsletter?

Je einfacher die Botschaft, desto besser funktioniert es. Am besten klappt es, wenn wir etwas verschenken. Die Devise ist: Es muss etwas Spannendes drin sein. Und das kann unterschiedlich sein, der eine freut sich, wenn er drei Flaschen Wein zum Preis von zweien bekommt, der nächste über eine kostenlose Warenprobe. In der Spitze haben wir einen Rücklauf von 25 Prozent, das schafft man nicht mal mit einem Direktmailing.

Sie sind auf ein hochwertiges Umfeld angewiesen. Wie wollen Sie weiteres Wachstum sichern?

Wir haben viele Möglichkeiten. Was wir brauchen, ist eine hohe Frequenz. Dann sehe ich uns theoretisch in fast jedem Einkaufscenter. Wir könnten in vielen Innenstädten auch Stand-Alone sein, dann auf kleinerer Fläche nur mit einzelnen Bausteinen unseres 2.000-qm-Ladens. Ein Laden nur mit Käse, Wurst, Essig, Öl und Wein wäre denkbar.


Haben Sie konkrete Pläne für solche Stand-Alone-Läden?

Ja. Es gibt aber noch nichts, was so weit gediehen ist, dass wir schon über konkrete Eröffnungstermine reden könnten. Wir hatten früher schon einmal einen Laden in Berlin, der fast eröffnungsreif war, aber dann hat uns die Karstadt-Insolvenz zurückgeworfen.

Wie viele solcher eigenen Läden möchten Sie eröffnen?

Ich habe festgestellt, dass es in Deutschland mindestens 86 Städte gibt, die einen Perfetto vertragen. Und da ist auch eine Stadt wie Berlin dabei, wo wir schon sieben Mal vertreten sind. Trotzdem kann ich mir - an der richtigen Stelle - dort noch zehn weitere kleinere vorstellen. Aber die Flächen muss man erst einmal finden.

Es wird also irgendwann in 86 Städten Perfetto-Läden mit unterschiedlichen Bausteinen geben?

Nein, unser Schwerpunkt wird immer auf Bedienung, Beratung und Hochwertigkeit liegen. Wenn ich eine tolle Fläche im Einkaufscenter mit 250 qm bekomme, muss ich überlegen, welche Teile aus dem Sortiment man dort präsentieren kann - wie eine Wurst- und eine Käsetheke, Wein, Essig, Öl und Oliven. Wir haben die Logistik und das Know-how der Mitarbeiter, um das stemmen zu können. Das kann sonst national in Deutschland keiner.


In eigenen Läden könnten Sie auch über die Öffnungszeiten bestimmen. Würden Sie länger aufmachen?

Wir würden ganz sicher eher aufmachen. Das ist einer der Nachteile unserer Standorte, z.B. in Frankfurt macht Karstadt um 10 Uhr auf. Die Pendler wollen morgens gern ein Brötchen oder schon einen Salat fürs Mittagessen mitnehmen, aber wenn wir aufmachen, sitzen die am Schreibtisch. Wir haben hier keinen vernünftigen Zugang, um die Leute früher reinzulassen so wie der Perfetto in Berlin am Hermannplatz. Der hat einen eigenen Eingang und macht um 8 Uhr auf, eineinhalb Stunden vor dem Mutterhaus. Länger aufmachen würde ich bei den Standorten, die wir heute haben, nicht. Um 22 Uhr kämen zu uns keine Kunden, um frischen Fisch und Blumenkohl zu kaufen. Das ist die Erfahrung, die wir bei Tests gemacht haben. Außerdem brauchen wir eine relativ hohe Anzahl von Mitarbeitern, um den Laden am Laufen zu halten. Und eine Spätöffnung mit geschlossenen Theken und nur einer offenen Kasse, wie das mancher Wettbewerber tut, können wir uns nicht vorstellen.

Wie hat sich aus Ihrer Sicht das Joint Venture von Karstadt und Rewe bewährt?

Im Rückblick ist es von Vorteil gewesen, dass wir zwei Gesellschafter haben. Wären wir eine reine Karstadt-Tochter gewesen, hätte uns die Insolvenz noch viel stärker getroffen. Für uns ist es eine gute Sache. Wir können weitgehend eigenständig agieren.

Wo wollen Sie Ihr Sortiment weiterentwickeln?

Bei Bio, Essig und Öl. Und wir werden die QR-Code-Nutzung ausbauen. Dafür haben wir bereits die technischen Voraussetzungen in jedem Laden geschaffen. Schon jetzt bekommen Kunden über QR-Codes Informationen über Öle. Das wollen wir auf Wein und auch auf andere Sortimente erweitern.

Haben Sie Befürchtungen, dass Ihre Kunden zum Lebensmittelkauf ins Internet abwandern könnten?

Erst einmal: Auch Discounter und Lebensmittelhändler bieten inzwischen Feinkost an. Wir können uns also nicht darauf zurückziehen, dass nur wir einen 24 Monate alten Parmesan anbieten. Da müssen wir uns anstrengen. Das Internet sehe ich dagegen nach wie vor nicht als die Riesenbedrohung. Frische Lebensmittel im Internet anzubieten funktioniert nicht, davon bin ich überzeugt.

Sie haben also keine Pläne, in den Onlinehandel einzusteigen?

Nein. Wir haben im Moment ein gelistetes Sortiment von 40.000 Artikeln, und es gibt jeden Tag viele Artikeländerungen – das ist nicht zu beherrschen. Das haben andere schon nicht im Griff, da müssen wir nicht auch noch mitmischen.


Bild: Expansionskurs Karl-Heinz Dautzenberg kann sich theoretisch in fast jedem Einkaufscenter eine kleine Perfetto-Filiale vorstellen.