Netto Stavenhagen Wackerer Bruder

An Netto Stavenhagen hält die Edeka-Zentrale 25 Prozent und die Edeka-Tochter Netto Marken-Discount rückt in deren Stammgebiet vor. Alles kein Problem?

Mittwoch, 08. September 2010 - Management
Ulrike Pütthoff

Dem neuen Geschäftsführer der OHG Netto Supermarkt GmbH & Co., Morten Möberg-Nielsen, sind internationale Märkte nicht fremd. Bevor er im November vergangenen Jahres in Stavenhagen antrat, war er für den dänischen Mutterkonzern auch in England und Schweden unterwegs. Sobald aber die Frage auf weitere Internationalisierungen kommt, blockt er ab und verweist an seine Kollegen in Dänemark. Ebenso hält er sich zu unternehmenspolitischen Entscheidungen zurück.

Ob an eine komplette Abkopplung von der Edeka gedacht ist, darüber mag er nicht spekulieren. Das sei eine Entscheidung der Shareholder, lässt er in knappen Worten wissen. Die Spar AG hatte 2004 die Hälfte der Anteile an Netto Nord durch ihren damaligen französischen Mutterkonzern ITM übernommen. Im April des darauffolgenden Jahres stockten die Dänen ihren Anteil am deutschen Ableger dann auf 75 Prozent auf. Die Edeka erwarb die restlichen 25 Prozent, als Finanz-Engagement versteht sich.

Möberg-Nielsen will das operative Geschäft wie geplant fortsetzen bzw. den von seiner Vorgängerin und heutigen Stellvertreterin, Margit Kühn, angestoßenen Ausbau des Vertriebsnetzes vorantreiben. Das heißt, rund 25 neue Netto-Märkte sollen jährlich eröffnet werden, vorzugsweise im Kernabsatzgebiet Mecklenburg-Vorpommern sowie in den Regionen Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Großraum Hamburg.

Der Geschäftsführer erwähnt mit keinem Wort den unmittelbaren Konkurrenzdruck, der vom Hamburger Teilhaber ausgeht. Immerhin rückt Edeka mit der Umstellung der Plus-Märkte auf Netto Markendiscount den Dänen auf die Pelle, da spielt die Beteiligung keine Rolle. Möberg-Nielsen jedenfalls konzentriert sich auf das Modell Nahversorger: „Das ist unser Schwerpunkt“, erklärt er. Netto mit dem Scottie nenne sich nicht nur der „Discounter von nebenan“, sondern werde sich auch in der Beschaffungspolitik weiterhin regional orientieren: „Die Verbindung zu den Lieferanten aus unserem Absatzgebiet wollen wir stärken“, ist eine seiner klaren Vorgaben.

Aus dem Grunde kann er sich nicht vorstellen, den Einkauf über die Edeka weiter auszubauen: „Bei den großen Marken setzen wir auf jeden Fall die Zusammenarbeit mit den Hamburgern fort.“ Aber rund 50 Prozent der Produkte führt Netto als Eigenmarke und 50 Prozent des Umsatzes wird mit regionalen Produkten gemacht. Da gebe es keine Übereinstimmung mit dem Edeka-Sortiment, so dass Möberg-Nielsen weiter autark agieren wird.


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Tapfer behauptet sich der kleine Harddiscounter Netto als Nahversorger.

„Starke Mutter im Rücken“
Herbert Kuhn, Handelsexperte bei Trade Dimensions, über Positionierung und Zukunft von Netto Stavenhagen auf dem deutschen Markt.

Herr Kuhn, wann wird sich Netto vom deutschen Markt zurückziehen?
Herbert Kuhn: Davon ist mir nichts bekannt. Das Unternehmen ist seit 20 Jahren solide gewachsen und hat ganz augenscheinlich eine Nische gefunden, in der Netto Stavenhagen trotz der starken Konkurrenz bestehen kann. Ein Rückzug ist da unwahrscheinlich.

Verdient Netto auch Geld?
Das lässt sich auf Grund der Datenlage nicht sagen. Netto gibt keine Gewinnzahlen bekannt. Ich denke schon, dass etwas hängen bleibt. Zudem hat Netto eine starke Mutter im Rücken, die übrigens u. a. auch in Großbritannien gegen die deutsche Discount-Konkurrenz bestehen kann.

Ist Stavenhagen der ehrlichere Netto-Discounter?
Was den Vergleich mit der Mutter des Systems, also Aldi, betrifft, ganz sicher. Netto Stavenhagen ist Harddiscount mit einem Sortiment von rund 1.000 Artikeln. Netto Schels hingegen ist näher am Supermarkt mit Frische und 3.700 Artikeln.

Wie bewerten Sie den gemeinsamen Einkauf?
Anders als zu Spar-Zeiten, als rund 40 Prozent des Sortiments über die Spar eingekauft wurden, sieht Edeka das Engagement offenbar eher als eine Finanzbeteiligung. Entsprechend ist auch der gemeinsame Einkauf einzuordnen. Strategisch sehe ich von Seiten der Edeka keine weitergehenden Planspiele für Netto Stavenhagen.

Wann wird sich dann Edeka bei Stavenhagen zurückziehen?
Solange das Engagement Geld bringt, entsteht kein akuter Handlungsbedarf. Aber warum sollte Edeka ihren 25-Prozent-Anteil nicht verkaufen, wenn ein guter Preis zu erzielen ist? Das aber dürfte im Augenblick bei der viel beschworenen Kreditklemme nicht so einfach sein.

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Herbert Kuhn, Trade Dimensions