Penny Mehrwert für Erzeuger

Discounter Penny hat seine Einkaufsrichtlinien für Bio-Obst und -Gemüse gelockert und vermarktet auch krumme Ware.

Freitag, 24. September 2021 - Management
Bettina Röttig
Artikelbild Mehrwert für Erzeuger
Bildquelle: Rewe Group

Vom Sonderling zum Helden in der Obst- und Gemüse-Abteilung: Die Rewe-Discounttochter Penny verkauft seit 2016 sogenannte Misfits, Früchte, die nicht ganz der Norm entsprechen. Ob zu klein, zu krumm oder mit schorfiger Schale – unter dem Namen „Penny Naturgut Bio-Helden“ werden weniger perfekte Gurken, Kürbisse oder Champignons gemeinsam mit ihren Schönheitsidealen vermarktet. So sollen die Erzeugnisse mit mehr Wertschätzung und Wertschöpfung verkauft und verzehrt werden.

Im Ökolandbau kommt es unter anderem durch den Verzicht auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutz und leicht lösliche Düngemittel beispielsweise zu Schalenfehlern sowie kleineren Früchten, informiert Penny. Müssen die teurer produzierten Bioprodukte an die verarbeitende Produktion verkauft werden, ist der Verlust doppelt bitter, denn meist erzielen sie keine besseren Preise als konventionelle Ware. So hat Penny die Einkaufspolitik verändert.

„Wir haben die Toleranzen im Hinblick auf Größen und andere Normen für Bioprodukte erweitert, wodurch der Sortieraufwand für die Lieferanten reduziert und deren Erlöse erhöht werden. In den Penny-Märkten finden Kunden dann unter den Kartoffeln oder Möhren der Marke Naturgut Bio-Helden öfter auch mal ein krummes Exemplar“, erklärt Patricia Hirsch, Bereichsleiterin Ware Penny Ultrafrische, Rewe Group.

Unter dem Konzept Naturgut Bio-Helden gibt es bei Penny seit gut fünf Jahren Obst und Gemüse mit optischen Makeln. Sie sind mit 13 Sorten gestartet. Wie hat sich das Angebot weiterentwickelt?
Patricia Hirsch: Wir haben mittlerweile bis zu 32 Kulturen definiert, die saisonal verfügbar sind. Wir haben uns hierfür auch verstärkt Bio-Artikel aus der zweiten Reihe angeschaut, die unser Angebot ergänzen können, zum Beispiel Staudensellerie oder Zwetschge. Auch Brokkoli haben wir erstmals unter diesem Konzept in Bioqualität im Discount verkauft.

Dann haben Sie weitere Bio-Lieferanten für das Konzept aufgeschaltet?
Das Konzept Bio-Helden haben wir auf nahezu alle Bio-Lieferanten ausgedehnt.

Wie viele Tonnen Lebensmittel konnten bisher über das Konzept zusätzlich verkauft werden?
Die verkauften Mengen sind stetig gestiegen. Seit 2016 haben wir rund 150.000 Tonnen Naturgut Bio-Helden vermarktet. Wie viele Tonnen mit Makeln darin enthalten sind, ist kaum zu ermitteln, da sie nicht gesondert vermarktet werden und ihr Anteil je nach Produkt und Erntequalität unterschiedlich ausfällt.
Können Sie anhand von konkreten Beispielen sagen, was bei Ihren Partnerlandwirten erreicht wurde?
Der Anteil der Frischvermarktung liegt bei Äpfeln zum Beispiel je nach Anbaugebiet und Apfelsorte bei 70 bis 80 Prozent. Unsere Partnerlandwirte konnten den Anteil der Frischvermarktung im Schnitt um 2,7 Prozent steigern. Möhren werden meist zu 75 bis 80 Prozent frisch vermarktet. Hier wurde eine Steigerung von 3,6 Prozent im Mittel erzielt. Dies ist ein echter Gewinn, sowohl monetär als auch im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung.

Welche Preise erhalten die Bio-Landwirte für die Produkte, die nicht ganz der Norm entsprechen?
Wir zahlen die gleichen Preise für „krumme“ Bio-Ware wie für A-Ware. Aussortierte Ware landet sonst zu geringeren Preisen in der verarbeitenden Produktion, im schlimmsten Fall in der Futtermittelindustrie oder Biogasanlage. Das sollte mit Bio-Erzeugnissen möglichst nicht geschehen.

Wird es haltbare Bio-Helden-Produkte geben?
Wir haben mit einem Bio-Produzenten auf der Schwäbischen Alb einen Test mit Bio-Helden-Suppen gefahren. Die frischen Suppen hatten wir im Kühlregal platziert, wurden aber nicht gut angenommen. Möglicherweise war der Schritt von der Obst- und Gemüse-Abteilung ins Kühlregal zu groß. Zudem sind solche Konzepte sehr erklärungsbedürftig. Im Grunde sind ja alle Suppen auch Upcycling-Produkte, der Unterschied muss klar werden, Augenwischerei wollen wir nicht.

Mit welchen Maßnahmen reduzieren Sie in den Märkten effektiv Lebensmittelverluste?
Die Abschriften im Handel sind der kleinste Anteil an Lebensmittelverlusten. Aber natürlich schmerzt jeder Bruchteil. Wir haben daher bei Penny das Prinzip der Frischechecks eingeführt. Die Mitarbeiter überprüfen in der Obst- und Gemüse-Abteilung alle 90 Minuten die Qualität der Produkte. Daran werden sie über das MDE-Gerät erinnert. Sie werden mithilfe von E-Learning-Modulen darin geschult, wie sie die Produkte richtig anfassen und pflegen. Moderne Prognosesysteme beziehen Wetter, Saison und andere Parameter ein, so können wir unsere täglichen Bestellungen gut planen. Zudem setzen wir seit Anfang 2020 für verlustkritische Produkte wie Champignons auf eine gekühlte Platzierung.
Patricia Hirsch, Bereichsleiterin Ware Penny Ultrafrische, Rewe Group.

Über Social Media wirbt Penny für das Konzept der Naturland Bio-Helden und erklärt Verbrauchern, dass Qualität und Geschmack vor Aussehen gehen.