Edeka Minden-Hannover „Edeka Gourmet kommt Ende des Jahres“

In diesem Jahr wollte die Edeka Minden ihr 100-jähriges Bestehen groß feiern. Dann kam die Corona-Pandemie. Vorstandssprecher Mark Rosenkranz spricht über die Auswirkungen der Krise, über das neue Genusswelt-Konzept für die Edeka-Center und warum auch kleine Läden ohne Bedienung Erfolg haben können.

Mittwoch, 27. Mai 2020 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild „Edeka Gourmet kommt Ende des Jahres“
Bildquelle: Jörn Strojny

Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf Ihr Geschäft?
Mark Rosenkranz: In den ersten beiden Monaten 2020 haben sich die Umsätze, auch aufgrund von Preisaktionen zu unserem Jubiläum, stark über dem Vorjahr entwickelt. Seit Ende Februar erzielte der Einzelhandel in vielen Regionen durch die Hamsterkäufe dann nochmals deutliche Umsatzzuwächse. Wir haben aber auch teilweise hohe zweistellige Einbußen in Urlaubsregionen wie der Nordsee und in Berlin. Durch den Lockdown fehlen uns zudem massiv die Gastronomieanteile. Wir verlieren aktuell zweistellig im Backwarengeschäft, in den Schäfer’s-Backshops sowie im Großhandel bei der Edeka Foodservice, an der wir mit 40 Prozent beteiligt sind. Wir gehen aber davon aus, dass sich die Lage normalisiert und wir am Ende des Jahres unseren Plan, einen Konzernumsatz von erstmals mehr als zehn Milliarden Euro, erreichen.

2020 wird die Edeka Minden-Hannover 100 Jahre alt. Wie feiern Sie unter den gegebenen Umständen das Jubiläum?
Die Jubiläumsfeier mit den Genossenschaftsmitgliedern mussten wir absagen. Vor dem Lockdown haben wir mit insgesamt 25.000 Mitarbeitern bei vier über das Absatzgebiet verteilten Jubiläumspartys feiern können. Es wird eine Chronik mit der Geschichte der Edeka Minden geben. Darüber hinaus haben mehr als 25 Kaufleute bereits 2019 unseren Sonderinvestitionskostenzuschuss von 100 Euro pro Quadratmeter Verkaufsfläche bei einer Mindestinvestition von 400 Euro pro Quadratmeter in Anspruch genommen. In diesem Jahr wollen 49 Händler den Zuschuss nutzen.

Welche Aktionen gibt es für die Endverbraucher?
Das Jubiläum ist durch die Corona-Krise in den Hintergrund gerückt. Seit Mitte Mai bewerben wir das Jubiläum aber wieder im Handzettel und sind zum Werbeumfang auf dem alten Niveau zurückgekehrt. Wir werden alle vereinbarten Preisaktionen umsetzen.

Ist eine verstärkte Preiskommunikation nicht widersprüchlich zu Ihren anderen Zielen wie mehr Tierwohl oder Nachhaltigkeit?
Man muss das eine tun, ohne das andere zu lassen. Nachhaltigkeit ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, das berücksichtigen wir. Wir entwickeln den Bereich der nachhaltigen Produkte mit allen Anstrengungen. So haben wir Ende Februar in den ersten 50 Märkten wieder Bio-Fleisch in Bedienung eingeführt. Allerdings sind viele Verbraucher immer noch sehr preissensibel. Wir brauchen deshalb auch normale Fleisch- und Wurstwaren und gute Rouladen- oder Schnitzelpreise, weil wir als Edeka der Volksversorger Nummer Eins sind. Auf die normale Angebotswerbung können wir für den Erfolg unseres Geschäftsmodells nicht verzichten.

Schenken Sie Ihren Kunden zum Jubiläum auch ein Bio-Fachmarktkonzept wie „Naturkind“?
Nein. Das haben wir nicht geplant.

Und weitere Budni-Märkte?
Wir haben zwei Märkte am Start und werden weiter expandieren. Dieses Jahr ist geplant, noch drei Filialen in unserem Absatzgebiet zu eröffnen.

Wie glücklich sind Sie mit den beiden bisherigen?
Wir sind im Teststadium und sammeln dort Erfahrungen. Es ist ohne Frage eine Herausforderung, dieses starke Format außerhalb Hamburgs zu positionieren, und da haben wir noch Hausaufgaben zu erledigen. Dabei geraten wir aber nicht aus der Ruhe.

Wo liegen Ihre Investitionsschwerpunkte 2020?
Wir halten an unseren geplanten Investitionen in Höhe von 392 Millionen Euro fest. Der Löwenanteil von rund 200 Millionen Euro wird in den Einzelhandel fließen, darunter in zwei Regie-Märkte mit dem neuen „Edeka Gourmet“-Konzept, sowie in Immobilien und die Entwicklung neuer Standorte. In diesem Jahr wollen wir 55.000 Quadratmeter neue Verkaufsfläche im Einzelhandel an den Start bringen. Geplant sind 17 Neu- und Umbauten von jeweils mehr als einer Million Euro Investitionssumme, darunter die der Marktkauf-Häuser in Rinteln und Lübben. Zudem wollen wir mit Bauerngut wachsen und mit dem Bau eines neuen Logistikzentrums die Kapazitäten unseres Fleischwerkes in Bückeburg ausdehnen.

Was beinhaltet das „Edeka Gourmet“-Konzept?
Es ist ein neues Genusswelt-Konzept für unsere Edeka-Center. Ende des Jahres wollen wir in Berlin-Steglitz ein Edeka-Center mit 4.000 Quadratmetern Verkaufsfläche eröffnen. Dort zeigen wir die Weiterentwicklung unseres Konzepts in der Schneller Straße in Berlin-Hohenschönhausen. Der Markt wird unterteilt sein in zwei Bereiche. Zum einen den Bereich „Entdecken und Genießen“, wo wir an diversen Gastronomiestationen Genuss in allen Facetten bieten wollen. Dort zeigen wir auch unsere durch den Kauf von Fisch Hagenah erweiterte Fischkompetenz. Zum anderen gibt es einen „normalen“ Versorgerteil, in den wir auch Trends wie eine Unverpackt-Abteilung integrieren. Es wird zudem eine handwerkliche Backwarenproduktion und eine Weinbar geben. Einen zweiten ,Edeka Gourmet‘-Markt eröffnen wir auf 6.500 Quadratmetern Verkaufsfläche im ehemaligen Real-Markt im Einkaufszentrum Weserpark in Bremen.

Wie ist 2019 für die Edeka Minden gelaufen?
Wir sind sehr zufrieden mit dem Umsatzzuwachs von 4,5 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro. Ohne die Handelshof-Übernahme, deren Umsätze wir seit dem 1. Juni 2019 mit 40 Prozent anteilig konsolidieren, liegen wir mit drei Prozent über dem Vorjahr exakt auf der Höhe unserer Planung. Im Einzelhandel lag das Plus bei 2,4 Prozent, auf vergleichbarer Fläche bei 1,8 Prozent.

Wie erklären Sie den Rückgang des operativen Ergebnisses um fünf Millionen Euro auf 209,2 Millionen Euro?
Ein wesentlicher Grund für den Ergebnisrückgang ist die überdurchschnittliche Anzahl an neuen Einzelhandels-Standorten, die wir im Jahr 2019 mit den üblichen Anlaufkosten an den Start gebracht haben. Das macht rund zehn Millionen Euro aus.

Wie läuft die Integration der Kaiser’s-Tengelmann-Märkte?
Planmäßig. Wir verzeichnen im dritten Jahr nach der Übernahme ein Umsatzplus von knapp unter zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wir brauchen dieses Wachstum, weil die ehemaligen Kaiser’s-Tengelmann-Märkte eine weit unterdurchschnittliche Flächenproduktivität im Vergleich zu bestehenden Edeka-Märkten in Berlin hatten. Der Anspruch ist, diese Werte anzugleichen, und dafür investieren wir. Insgesamt haben wir schon 27 der übernommenen Märkte umgebaut, 2019 allein zwölf.

Sie haben 2019 in einem Pilotprojekt zehn Ihrer NP-Discount-Märkte auf das Edeka-Konzept ohne Bedientheken umgestellt. Heißt das, dass Sie, wie andere Edeka-Regionalgesellschaften, Ihr Discount-Konzept mittelfristig aufgeben?
Da wäre ich vorsichtig. Ein Teil der 360 NP-Märkte wird auf Edeka umgestellt, wenn eine gewisse Umsatzauslastung da ist, aber das heißt nicht, dass es deshalb NP nicht mehr geben wird.

Widerspricht ein SB-Konzept nicht dem Markenkern der Edeka?
Es stimmt, zum Markenkern der Edeka gehören die Bedienungsabteilungen. Wenn man von dem Konzept abweicht, muss die Handelsleistung so gut sein, dass die Kunden trotzdem überzeugt sind. Auch deshalb eignen sich nicht alle NP-Standorte für eine Umstellung auf Edeka. In Berlin testen wir einige Edeka-Märkte ohne Bedienung. Denn gerade in hochverdichteten Gebieten funktioniert die Nahversorgung wieder. So können auch kleinflächige Edeka-Märkte ohne Bedienung ein Erfolgskonzept sein.