dm Handel gegen Passfoto-Gesetzentwurf

Um der Manipulation von Passfotos vorzubeugen, will der Bundesinnenminister Lichtbilder künftig unter Aufsicht aufnehmen lassen.

Dienstag, 10. März 2020 - Management
Andrea Kurtz
Artikelbild Handel gegen Passfoto-Gesetzentwurf
Bildquelle: Henning Schacht, HDE

Der Fotofachhandel läuft Sturm. Aber auch Drogeriemarktunternehmen dm ist betroffen. Um Manipulationen bei der Pass- oder Personalausweisbeantragung zu verhindern, will das Bundesinnenministerium per Gesetz Lichtbilder künftig unter Aufsicht der Pass- beziehungsweise Ausweisbehörden aufnehmen lassen. Damit soll „Morphing“ verhindert werden, bei dem mehrere Gesichtsbilder zu einem einzigen Gesamtbild verschmolzen werden, um dann in einem Ausweis verwendet zu werden. „Mit einem solchen Pass kann nicht nur der Inhaber, sondern unter Umständen auch eine weitere Person, deren Gesichtszüge im Bild enthalten sind, den Pass für einen Grenzübertritt nutzen“, ist Minister Seehofer überzeugt. Für 177 Millionen Euro will er bis 2025 rund 11.000 Selbstbedienungsterminals für die rund deutschen 5.000 Pass- und Ausweisbehörden anschaffen und die Kontrolle über Passbilder gewinnen.

Gefahr für den Handel
Der Protest ist groß. Rund 15 Stellungnahmen zu diesem Gesetzentwurf liegen dem Ministerium inzwischen vor. „Da die Fotohändler mit der Erstellung der Passbilder nicht nur den höchsten Deckungsbeitrag erzielen, sondern dieser Service auch maßgeblich für Kundenfrequenz in den Geschäften sorgt, würde dieser Plan Millionenumsätze im Handel vernichten“, schrieb Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), an Seehofer. „Angesichts der ohnehin angespannten Lage im stationären Einzelhandel stellt dies eine existenzielle Bedrohung für viele mittelständische Unternehmen dar.“ Einzelne Fotohändler berichten von rund 40 Prozent Umsatz, die sie mit Passfotos machen würden.

dm legt Stellungnahme vor
„Die in der Bundesrepublik Deutsch- land jährlich erwirtschafteten Umsätze der die biometrischen Lichtbilder aufnehmenden und herstellenden Unternehmen betragen bei rund zehn Millionen auszustellenden Lichtbilddokumenten mehr als 100 Millionen Euro“, rechnet dm in einer Stellungnahme vor. Dieser Betrag verteile sich zumeist auf eine Vielzahl selbstständig tätiger Fotografen; ein nicht unwesentlicher Umsatz werde darüber hinaus von Drogeriemärkten erwirtschaftet. „Hier wurden innerhalb der letzten drei Jahre für den biometrischen Passbildservice erhebliche Investitionen getätigt“, so dm.

Außerdem könne Morphing auch durch unmittelbare elektronische Lichtbilddatenübertragung zur Pass- beziehungsweise Personalausweisbehörde über gesicherte Übertragungswege – beispielsweise De-Mail – verhindert werden, so dm. Das könne „der öffentlichen Hand erhebliche Investitionskosten in behördeneigene Lichtbilderstellungssysteme ersparen“ und der Privatwirtschaft „bliebe das Tätigkeitsfeld der biometrischen Lichtbilderstellung mit den dazugehörigen Arbeitsplätzen erhalten.“ Außerdem wären die bislang getätigten Investitionen nicht vergeblich.

Die Unionsfraktion im Bundestag nimmt die Proteste ernst und denkt darüber nach, den Gesetzentwurf zu entschärfen. Das geht in Richtung dm-Vorschlag. „Eine Möglichkeit könnte sein, Fotografen für entsprechende Aufnahmen zu zertifizieren und ein sicheres Übertragungsverfahren zu etablieren“, so Fraktionsvize Thorsten Frei.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Horst Seehofer, Bundesinnenminister: „Die Funktion des Passes als Dokument zur Identitätskontrolle ist im Kern bedroht.“
Bild öffnen Josef Sanktjohanser, HDE-Präsident: „Die Erstellung von Passbildern sorgt maßgeblich für Kundenfrequenz; dieser Plan würde Millionenumsätze im Handel vernichten.“