Handel International Erlebnisse bieten

Erlebnisse bieten Wie kann sich der stationäre Handel gegen die virtuellen Einkaufsmöglichkeiten behaupten? Mit dieser Frage beschäftigt sich in einem Gastbeitrag Franziska Schmidt von Planet Retail.

Donnerstag, 26. April 2018 - Management
Franziska Schmidt
Artikelbild Erlebnisse bieten
Bildquelle: Walmart, Planet Retail

Der stationäre Handel erfährt zunehmend Druck aus dem Internet. Einkaufsverhalten und Erwartungen von Verbrauchern ändern sich mit wachsender Geschwindigkeit, was dazu führt, dass Händler weniger neue Märkte öffnen, existierende schließen, in kleinere Formate investieren und vorhandene Standorte umstrukturieren.

Zum Autor

Franziska Schmidt ist Analystin bei Planet Retail. Sie berichtet im Wechsel mit Boris Planer und Tatjana Wolff über Entwicklungen im internationalen Handel.

Der stationäre Handel ist zwar nicht vom Aussterben bedroht, aber er muss sich verändern, an neue Kundenansprüche anpassen. Schrumpfende Haushaltsgrößen machen Großeinkäufe nicht mehr notwendig. Verbraucher geben einen steigenden Teil ihres Einkommens für Erlebnisse statt Produkte aus. Der wachsende Onlinehandel aber stellt die größte Herausforderung für physische Läden dar, global wird sein Anteil am Gesamteinzelhandel von knapp acht Prozent 2017 auf elf Prozent 2023 steigen. Die fortschreitende Digitalisierung des Alltags, zum Beispiel in Form von Voice-Shopping oder automatisiertem Bestellen, wird ebenfalls dazu beitragen, dass die Bedeutung des physischen Marktes für den Lebensmitteleinkauf erodiert. Um angesichts dieser Veränderungen relevant zu bleiben, müssen Händler eine konkrete und überzeugende Positionierung für ihre Märkte finden. Für was soll ihr Laden stehen, an welche Kundengruppe soll er sich primär wenden?

Bisher haben sich physische Läden an den Durchschnittsverbraucher gewandt und sich nur geringfügig unterschieden. Mit zunehmender Differenzierung des Einkaufsverhaltens wird aber eine bestimmte Positionierung von Märkten notwendig, um unter zahlreicher werdenden physischen und virtuellen Einkaufsoptionen hervorzutreten. Die Menge an verfügbaren Kundendaten ermöglicht es Herstellern und Händlern dabei, Verbraucher so gezielt wie nie zuvor anzusprechen.

Händler haben letztlich zwei Möglichkeiten, ihre Läden zu positionieren. Eine Option ist, die Kosten zu minimieren, um möglichst niedrige Preise zu erzielen. Das erfordert jedoch besondere Strukturen und Prozesse, die die wenigsten Händler in das bestehende Geschäftsmodell implementieren werden können. Daher werden die meisten Händler Option zwei wählen, nämlich versuchen, sich möglichst gut von ihren Wettbewerbern zu differenzieren. Für letzteres gibt es im Wesentli-chen vier Kernelemente, derer sich Händler bedienen können.

Erlebnisse im Laden zu schaffen, die online nicht gemacht werden können, ist ein wichtiger Baustein, um Menschen zu motivieren, weiterhin in physische Märkte zu gehen, wo doch das reine Auffüllen der Vorratskammer mit wenigen Klicks schnell von der Couch erledigt werden kann. Events, Workshops, Gastronomie und Services sind Möglichkeiten für Händler, Kunden anzulocken. Walmart in den USA hat zum Beispiel während der vergangenen Weihnachtszeit tausende Weihnachtsfeiern in seinen Märkten veranstaltet, um Kunden anzulocken.

Das Sortiment spielt natürlich ebenfalls eine große Rolle dabei, einen Markt zu positionieren. Die Produkte müssen lokale Präferenzen und Saisonalität widerspiegeln. Regelmäßig Innovationen und exklusive Produkte, gerne auch im Markt selbst hergestellte, auf den Regalen zu zeigen, hilft, sich als Händler vom Online-Shop abzuheben, der in seiner Auswahl eher den durchschnittlichen Standard abzubilden versucht als lokale Feinheiten. Der Kassenbereich ist einer, den Händler optimieren müssen, um ein positives Einkaufserlebnis zu erzeugen. Langes Schlangestehen, nur um zu bezahlen, ist für immer weniger Kunden akzeptabel. Die steigende Schnelligkeit des Internets und, dank Smartphones, die allgegenwärtige Vernetzung haben deutlich höhere Erwartungen bezüglich der Schnelligkeit von Prozessen erzeugt. Reibungsloses Bezahlen, zum Beispiel mithilfe von Scan-&-Go-Technologie, sowie automatisierte Abholstationen sind effektive Mittel, um es Kunden zu ermöglichen, Einkäufe in kurzer Zeit zu erledigen, um mehr der knapper werdenden Freizeit für sich zu haben. Die fortschreitende Digitalisierung des Alltags müssen Händler auch in ihren Märkten widerspiegeln, um als zeitgemäß wahrgenommen zu werden. Online und offline werden zunehmend weniger binäre sondern komplementäre Handelsstränge. Märkte, die in der Zukunft erfolgreich sein sollen, müssen das ermöglichen. Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) können für effektive Werbemaßnahmen genutzt werden und den Spaß- und Erlebnisfaktor beim Einkaufen erhöhen.

Märkte, die weder überzeugende Einkaufserlebnisse oder relevante Sortimente bieten, Kunden weiterhin viel Zeit an der Kasse stehlen oder die Digitalisierung an ihrer Türschwelle stoppen, werden von jenen Händlern überholt werden, die sich der neuen Anforderungen annehmen oder wenigstens für schnelles und günstiges Einkaufen sorgen (Stichwort Discounter).