Interview Dr. Stadler - Coca-Cola „Verpackung ist Rohstoff“

Coca-Cola Deutschland setzt auf Mehrweg und Recycling. Nachhaltige Verpackungskreisläufe sind das Ziel von Dr. Klaus Peter Stadler, Director Commercialization & Stewardship.

Dienstag, 31. August 2010 - Management
Susanne Klopsch

Einwegverpackungen für Getränke und Nachhaltigkeit passen auf den ersten Blick nicht wirklich zusammen. Oder doch?
Dr. Klaus Peter Stadler: Wir sind überzeugt, dass beide Systeme – Mehrweg und Einweg – sinnvoll sind, denn je nach Verbrauchssituation können sowohl Mehrweg- als auch Einwegverpackungen praktisch und auch ökologisch sinnvoll sein. So werden bei Einweg mehr als 90 Prozent der Verpackungen recycelt. Wichtig ist, dass beide Systeme immer wieder optimiert werden. Rund 70 Prozent unserer Getränke werden in Mehrwegflaschen abgefüllt und verkauft. Generell spielt das Mehrweg-Geschäft für uns wirtschaftlich eine wichtige Rolle

Und wie kommt nun die Nachhaltigkeit ins Spiel?
Wir betrachten unsere Verpackungen nicht als Abfall, sondern als wertvolle Rohstoffe. Im Rahmen unserer langfristigen Nachhaltigkeitsstrategie „Lebe die Zukunft“ arbeiten wir an möglichst geschlossenen Verpackungskreisläufen mit Mehrwegflaschen und Recycling. Ein Beispiel: Die neuen Mehrwegkästen von Apollinaris in Deutschland enthalten 50 Prozent Recycling-Anteil. Insgesamt wurden 2009 bei der Produktion aller unserer Kästen zu 51,4 Prozent Recycling- und 48,6 Prozent Neumaterial eingesetzt. In Zukunft werden wir den Recyclinganteil bei PET-Einwegflaschen von heute typischerweise 25 Prozent auf 50 Prozent ausbauen. Denn der CO2-Fußabdruck von recyceltem PET ist deutlich niedriger als der von Neumaterial.

Nachhaltige Verpackungskreisläufe erfordern ja auch eine umweltverträgliche Logistik. Woran arbeitet Coca-Cola hier?
Coca-Cola dürfte der nationale Getränkeanbieter sein, der mit aktuell 25 Produktionsbetrieben das dezentralste System hat. Dies ermöglicht kurze Lieferwege, die wir durch eine systematische Optimierung von Routen möglichst effizient gestalten. Außerdem erneuern wir kontinuierlich die Lkw-Flotte, bieten Fahrern Trainings für kraftstoffsparendes Fahren an. 2009 haben wir z. B. 137 neue Lkw beschafft. Bei neuen Lkw mit Euro-5-Motoren reduziert sich pro Fahrzeug der Stickstoffausstoß um 86 Prozent und die Emission von Rußpartikeln um 95 Prozent. Gleichzeitig verringert sich der Kraftstoffverbrauch um 10 bis 15 Prozent, was zu einer CO2-Reduzierung von 725 t pro Jahr führt.

Was ändert sich bei den Getränke-Verpackungen?
Wir haben seit 2006 das Gewicht der 0,5 Liter PET-Einwegflasche um durchschnittlich 25 Prozent reduziert. Allein 2009 haben wir das Gewicht der PET-Einwegflaschen zwischen 1,5 und 2,5 g reduziert, dadurch sparen wir pro Jahr künftig rund 1.000 t PET ein. Im Zuge der Optimierung der Flaschenhälse bei PET-Einweg konnte gleichzeitig bei den Verschlüssen Material eingespart werden. Die Verschlüsse aus Polyethylen und Polypropylen wurden um 21 bzw. 10 Prozent leichter.

Ihr Unternehmen will den Recycling-Anteil bei PET ausbauen: Gibt es dafür überhaupt genügend Kapazitäten in Deutschland?
Ja: In Deutschland hat die Recyclingwirtschaft eine führende Rolle in der lebensmittelgerechten Aufbereitung von gebrauchten PET-Flaschen eingenommen. Kapazitäten werden aufgrund der Nachfrage laufend erweitert und neue Verfahren entwickelt. Wir haben vor zwei Jahren zum Beispiel die Recycling-Firmen mit den PET-Herstellern zusammengebracht, die dann neue Wege gefunden haben, um gebrauchtes PET in den Herstellerstrom für neues PET einzufügen. Mit diesen eigens geschaffenen Strukturen können wir auf ausreichende Kapazitäten zurückgreifen. Nach unseren Erfahrungen ist der Recyclat-Einsatz von bis zu 50 Prozent heute kein Problem.

Gibt es Projekte in Ihrem Haus für Flaschen aus nachwachsenden Rohstoffen?
Wir haben die PlantBottle entwickelt, eine PET-Flasche, die zu 30 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird. Sie ist bereits in Dänemark sowie in ausgewählten Märkten im Westen der USA erhältlich. Wir wollen die Erfahrungen auf diesen beiden Testmärkten abwarten und die PlantBottle danach gegebenenfalls in weiteren Märkten einführen. Unsere Vision: Wir wollen eine Flasche entwickeln, die zu 100 Prozent aus pflanzlichen Abfallstoffen bzw. Recyclat gemacht ist und die gleichzeitig vollständig recycelbar ist.

Die Dose kehrt in den LEH zurück. Warum setzt Coca-Cola auch auf ein Gebinde, das für viele so gar nichts mit Nachhaltigkeit zu tun hat?
Gerade die Dose ist ein gutes Beispiel für funktionierende Kreislaufwirtschaft, denn die von uns genutzten Weißblechdosen können immer wieder recycelt werden. Stahl- und damit auch Getränkedosenrecycling werden seit Jahrzehnten in Deutschland erfolgreich praktiziert. Gleichzeitig wurde die Dose immer wieder optimiert. Sie ist eine der effizientesten Verpackungen, denn das Verhältnis von Produkt- und Verpackungsgewicht ist bei hervorragendem Produktschutz sehr gut. Schutz vor Licht und die hohe Dichtigkeit führen zu langen Haltbarkeiten, das ist positiv für die Gesamt-Ökobilanz eines Produktes. Zudem sind Metalle und somit Dosen in allen Strömen der Abfallverwertung gut zu erfassen und damit dem Recycling zuzuführen.

Dr. Klaus Peter Stadler, Director Commercialization & Stewardship Coca-Cola GmbH

{tab=Zur Person}

Name: Dr. Klaus Peter Stadler 
Alter: 51
Job Der studierte Chemiker ist seit Juni 2007 als Director Environmental & Water Resources Coca-Cola Europe und Director Commercialization & Stewardship bei der Coca-Cola GmbH. Dr. Stadler begann 1997 bei der Coca-Cola GmbH als Head of Quality Management, später war er als Technical Director tätig. Von 2002 bis 2004 war er Vorstandsmitglied bei der Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG (zuständig für Produktion, Einkauf, Logistik). 2007 wechselte er wieder zu Coca-Cola GmbH.
Coca-Cola 2009 setzte hier zu Lande 3,4 Mrd. l alkoholfreie Getränke ab. Das entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von 42 l im Jahr.