Interview mit Markus Buntz Mit neuer Kraft

Der tief greifende Umbau bei Bünting ist beendet. Das ostfriesische Handelsunternehmen geht auf „eigenen Füßen“ die Zukunft an. Die Konzepte für die Combi- und Famila-Standorte werden ausgerollt. Für beide sollen auch eigene Online-Shops installiert werden.

Montag, 19. Februar 2018 - Management
Dieter Druck
Artikelbild Mit neuer Kraft
Elemente des neuen Konzepts werden auf andere Standorte übertragen.
Bildquelle: Nordwest Zeitung Jörg Schürmeyer, Bünting

Bünting is back! Nach mehreren Jahren in der Verlustzone, wurde unter Vorstandschef Markus Buntz bereits 2016 das operative Ergebnis der Unternehmensgruppe wieder ins Positive gedreht. Im laufenden Jahr will das Handelsunternehmen in Leer wieder einen Gewinn in der Gesamtbilanz ausweisen. Die Weichen für eine nachhaltige Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit sind gestellt, sagt Vorstand Markus Buntz.

Was war aus Ihrer Sicht der entscheidende Schritt in den vergangenen zwei Jahren?
Markus Buntz: Der entscheidende Punkt bei der Neuausrichtung war die Konzentration auf den Lebensmittel-Einzelhandel, verbunden mit der Trennung von nicht zukunftsfähigen Unternehmenssparten. In dieser Hinsicht haben wir alles richtig gemacht. Im Zentrum der Neuausrichtung steht die Mobilisierung des Kerngeschäfts mit unseren Kunden und den daraus resultierenden Umsatzzuwächsen. Ebenso wirken die auf Effizienzverbesserung, weitere Potenzialausschöpfung und Kostenoptimierung ausgerichteten Maßnahmen im Unternehmen und in den Märkten.

Wo steht Bünting aktuell?
Die Neuausrichtung ist kontrolliert und planmäßig abgelaufen. Nach weitgehender Konsolidierung befinden wir uns wieder in einer Investitions- und Expansionsphase. Das operative Ergebnis haben wir bereits im Jahr 2016 um 20 Millionen Euro verbessert und damit wieder ins Positive gedreht. Für 2018 erwarten wir in der Bilanz unterm Strich wieder schwarze Zahlen.

Wie hoch sind die Investitionen für die Neuausrichtung?
Wir sprechen hier über jährlich zweistellige Millionenbeträge, die in die Modernisierung und den Neubau von Standorten fließen werden.

Wie ist die Abgabe von zehn Standorten an Edeka zu deuten?
Der Wechsel dieser Märkte beruht auf Einzelstandortentscheidungen. Die zehn Märkte sind überwiegend angemietete, ehemalige Jibi- und Minipreis-Standorte, die für uns wirtschaftlich nicht sinnvoll waren und die am Rande unseres Vertriebsgebietes lagen. Gleichzeitig sind wir auch wieder an neuen Standorten dran.

Zum Unternehmen

Die Bünting-Unternehmensgruppe hat als mittelständisches Handelsunternehmen ihren Sitz seit mehr als 200 Jahren in Leer (Ostfriesland). Mit mehr als 14.000 Mitarbeitern und rund 800 Auszubildenden ist sie einer der größten Arbeitgeber und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Nordwesten Deutschlands. Zur Unternehmensgruppe gehören das Bünting Teehandelshaus sowie die Vertriebsgesellschaften J. Bünting Coloniale, Famila, Combi und Jibi mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten. Die Kernregionen der Vertriebsaktivitäten liegen zwischen der Nordseeküste und dem Münsterland, sie reichen von der holländischen Grenze im Westen bis nach Ostwestfalen. Durch das Großhandelsgeschäft sowie durch das E-Commerce- Geschäft ist man auf nationaler Ebene tätig. Außerdem vereinen sich unter dem Dach der Unternehmensgruppe die Bünting E-Commerce GmbH & Co. KG für das bundesweite Online- Geschäft, die Bünting Großhandel und Service GmbH & Co. KG als Partner im Großhandel sowie mehrere Dienstleistungsgesellschaften. Die Bünting Großhandel und Service GmbH & Co. KG beliefert nicht nur Großabnehmer aus dem Lebensmitteleinzel- und Großhandel, sie entwickelt auch Standortkonzepte für selbstständige Einzelhändler, die unter den Namen Markant, Nah & Frisch und Ihre Kette betrieben werden.

Hamburg war auch mal ein Expansionsziel für Combi. Liebäugeln Sie immer noch damit?
Hamburg ist keine festgeschriebene Expansionsrichtung und hat aktuell keine besondere Präferenz.

Was passiert im laufenden Jahr bei Bünting?
Aktuell hat der 2017 begonnene Rollout der neuen Combi- und Famila-Konzepte Vorrang. 40 Standorte haben wir seitdem umgestellt. Bei insgesamt rund 200 Combi- und 20 Famila-Märkten haben wir aber auch noch Einiges vor uns. Aber ich denke, dass wir im Laufe 2019 mit der Umstellung auf die neue Marktgeneration durch sind.

Welches sind die Kernelemente des erneuerten Konzepts bei den Combi-Standorten?
Ein wesentlicher Punkt ist die Zusammenführung der Ultrafrische am PoS, die Molkereiprodukte, Chilled Food, Fleisch sowie Obst- und Gemüse einbezieht. Gleichzeitig wurden die Sortimente überarbeitet und angepasst. Wir wollen den Kunden auf der Fläche nicht mit einer Riesenauswahl erschlagen, sondern ihm durch eine gewisse Vorauswahl eine Orientierung geben.


Welches sind die Unterscheidungsmerkmale, und wie steht es mit der Regionalität?
Zum Konzept der neuen Marktgeneration gehört beispielsweise die „Marktfleischerei“, unter der wir unsere Fleisch- und Wurstwarenbedientheken führen. Sie steht für Frische und Kompetenz in den Märkten. Das „Goldmarie“-Fleisch stammt aus bäuerlichen Familienbetrieben. Die Herkunft der dort aufgewachsenen Tiere ist umfassend gesichert, zertifiziert und lückenlos dokumentiert. Auch Milch und Käseprodukte stammen möglichst aus regionaler Produktion, ebenso die Eier aus regionalen oder lokalen Stallungen. Das ist Einkaufen wie auf dem Wochenmarkt. Und die Konzepte der neuen Marktgeneration werden gleichzeitig den gestiegenen Kundenansprüchen beim Lebensmitteleinkauf gerecht.

Sind Effekte in den umgestellten Combis bereits spürbar?
Alle umgestellten Märkte liegen im Zielkorridor und überzeugen durch eine positive Entwicklung. Die Maßnahmen schlagen sich in Mehrumsätzen nieder, die im Wesentlichen aus gestiegenen Kundenzahlen resultieren. Und diese bewegen sich mitunter durchaus im zweistelligen Bereich.

Die Großfläche hat es in Deutschland generell schwer. Ist Famila nach wie vor ein Expansionsformat?
Famila ist bei uns ein Expansionsfeld. Das untermauern wir unter anderem mit dem Konzeptmarkt in Vechta. Darüber hinaus haben wir bei den Famila-Verkaufsflächen eine Bandbreite zwischen 3.500 und 11.000 Quadratmetern. Also ist es nicht immer die klassische Großfläche. Wir bieten Kunden durch frisch zubereitetes Sushi und andere gastronomische Angebote mit der Produktion vor Ort, Weinberatung und so weiter ein besonderes Einkaufserlebnis, aber ebenso die Möglichkeit des verkürzten, schnellen Einkaufs.

Bünting bedient über den Großhandel auch rund 250 Markant-Kaufleute. Wie entwickelt sich diese Sparte und wie zukunftsträchtig ist sie?
Die Sparte entwickelt sich stabil. Sie ist eine für uns eine wichtige und zukunftsträchtige Geschäftseinheit. Hier stärken wir uns über die zusätzlichen Vertriebswege der selbstständigen Einzelhändler als Nahversorger, die unter den Vertriebsmarken Markant, nah & frisch und Ihre Kette firmieren und über die Bünting Großhandel und Service GmbH & Co. KG betreut und beliefert werden.

Der neue Famila

Den richtungsweisenden Famila-Konzept- Markt hat Bünting Ende 2016 in Vechta am alten Standort in der Falkenrotter Straße neu installiert. Breite, unverbaute Gänge und flache, nur 1,60 Meter hohe Regale vermitteln Offenheit und erleichtern dem Kunden die Orientierung. Sortiment und Warenpräsentation verbreiten eine angenehme Wochenmarktatmosphäre. Das Frischangebot wurde vergrößert. So wuchs beispielsweise die O-& G-Abteilung um 100 auf 350 Quadratmeter. Die Fronten der Bedienungstheken summieren sich jetzt auf 46 Meter. Bedienung und Frische sind hervorstechende Merkmale. Auf 5.600 Quadratmeter Verkaufsfläche werden etwa 70.000 Artikel angeboten, davon circa 32.000 im Foodbereich. Rund 60 neue Lieferanten wurden hier aufgeschaltet, die vor allem neue Frischeartikel, insbesondere Käse, Salate und frische Pasta, liefern. Das Bio-Angebot wurde generell ausgebaut. Gleichzeitig wurde innerhalb des Angebotes der regionale Bezug deutlich verstärkt. Ess-Bar und Schnippelküche stehen für Gastronomie, Snacking, Takeaway und Produktion vor Ort. Im Markt wird auch vor den Augen der Kunden Sushi zubereitet. Die Bake- Off-Station wurde neu aufgestellt. Bei identischer Größe befindet sie sich jetzt im Eingangsbereich und ist offen über Eck angelegt. Die Planung geht von Umsatzeffekten in Höhe von plus6 Prozent aus.

Kommen Ihnen nicht doch Zweifel beim Online-Geschäft, angesichts von Rückzugtendenzen beziehungsweise reduziertem Expansionstempo bei einigen der großen Wettbewerber in Deutschland?
Der Online-Handel ist für uns zukunftsgerichtet eine wichtige Komponente. Das Einkaufsverhalten wird sich auch in Deutschland verändern. Das Onlinegeschäft auch mit Lebensmittel hat großes Potenzial. Bünting ist vorbereitet und kann daran partizipieren, wenn es in die Phase der Neuverteilung geht.

Wie soll es online weitergehen?
Wir verfügen über eine mehrjährige Expertise im Online-Geschäft. In den zurückliegenden zwei Jahren haben wir auch dieses Geschäftsfeld deutlich optimiert. Dazu zählt auch, dass MyTime.de logistisch und administrativ in die zentralen Strukturen integriert wurde. Das Online-Geschäft sehen wir nicht ausschließlich als Pure-Player, sondern in Verbindung mit unseren stationären Märkten. Der Kunde kennt uns aus dem stationären Handel. Das ist eine gute Vertrauensbasis. Im Einklang von Kundenbedürfnissen und wirtschaftlicher Tragfähigkeit bieten wir aktuell neben der direkten Zustellung auch Pick-up-Lösungen an 6.000 DPD-Stationen an. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit Click-&-Collect-Lösungen. Dafür planen wir Online-Plattformen für Combi und Famila möglichst noch in diesem Jahr.

Trotz des Umkehrschubs bei Bünting, der Wettbewerb ist hart. Ist Bünting in der sich weiter verdichtenden deutschen Handelslandschaft ein Übernahmekandidat?
Das kann ich mit einem klaren Nein beantworten. Wir haben uns in den zurückliegenden zwei Jahren zukunftsfähig aufgestellt und können uns als regional fest verankertes Unternehmen im Nordwesten eigenständig behaupten.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Markus Buntz, Vorstand bei Bünting, will in der Gewinnzone bleiben.
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