International Laden der Zukunft

Alles verändert sich. Jedoch tönt es seit einiger Zeit besonders stark aus allen Ecken und Enden, dass die letzten fünf Jahre so viel Veränderung gebracht haben wie die vorhergegangenen 25. von Planet Retail.

Montag, 06. November 2017 - Management
Tatjana Wolff
Artikelbild Laden der Zukunft
Bildquelle: Alibaba

In der Tat, Läden stehen mehr denn je unter Druck, nicht zuletzt durch das Internet, sondern auch durch demographische, technologische und ökonomische Faktoren. Seit 2014 ist die Ladenwachstumsrate der großen Lebensmittelhändler weltweit rückläufig. Hinzu kommt, dass die Fläche pro Laden seit 2012 abnimmt. Ein Zeichen, dass Betreiber von Großflächen erkannt haben, dass die Zukunft in kleineren Läden in Wohngebieten liegt. Dies ist allerdings kein gutes Zeichen für Hersteller von kleineren Marken. Der Kampf um die Listung ist nun noch größer.

Aber die Veränderungen haben nicht nur eine Auswirkung auf großflächige Formate, die auch einen hohen Anteil an Nonfood haben; nein, auch der Lebensmittel-Einzelhandel verändert sich stark, und immer mehr Möglichkeiten, online Lebensmittel einzukaufen, treten aufs Parkett. Ja, die Auswirkungen des Lebensmitteleinkaufs im Internet sind noch überschaubar. Allerdings müssen Ladenkonzepte generell, und ganz besonders neue, nicht nur zu aktuellen Einkaufsmustern passen, sondern auch mittel- und langfristig kommenden Herausforderungen standhalten. Keine Sorge, auch in Zukunft werden Menschen in physischen Läden einkaufen – allerdings werden diese Läden anderen Anforderungen Genüge tragen müssen, als sie dies zum Großteil aktuell noch tun.

Die Autorin

Tatjana Wolff ist Analystin bei Planet Retail. Sie berichtet im Wechsel mit Boris Planer und Franziska Schmidt über Entwicklungen im internationalen Handel.

Traditionell sind physische Läden durch ihre Auswahl, den Preis sowie ihre Lage charakterisiert. In Zukunft müssen sich Läden (verstärkt) dahingehend entwickeln, dass sie den Kunden Erlebnisse bescheren. Hin zu einem Ort also, an dem Konsumenten sich inspirieren lassen und etwas lernen können, unter Leute kommen, vielleicht sogar Co-Working-Möglichkeiten erhalten oder ganz simpel mit neuen Produkten experimentieren können. Außerdem ist es wichtig, dass die Verzahnung zwischen der On- und Offlinewelt reibungslos geschieht. Das heißt zusammengefasst, dass Läden ein Erlebnis kreieren müssen, welches im Gedächtnis bleibt und welches sich vor allem nicht durch das hauptsächlich bequemlichkeitsgetriebene Shopping im Internet erzeugen lässt.

Schöne Beispiele
Auch wenn es aktuell eher wenig Läden gibt, die diese Charakteristika vollständig oder teilweise aufweisen, sind die großen Händler fleißig dabei, Konzepte zu entwickeln, die sich auf die veränderten Bedürfnisse der Kunden einstellen. Carrefour Urban Life eröffnete seinen ersten Laden in Mailand dieses Jahr. Der Laden, der nur 130 qm groß ist, richtet sich vor allem an Millennials und bietet ein Konferenzzimmer, einen Co-Working-Bereich sowie eine Lounge, in denen es allabendlich Happy-Hour-Veranstaltungen gibt. Verschiedene Bereiche mit bereits zubereitetem Essen und To-go-Produkte sind hierbei selbstverständlich.

Auch Whole-Foods‘-Kette „365 by Whole Foods“, die 2016 eröffnet wurde, bietet dem Kunden frisch zubereitetes Essen. Dieses kann während des Einkaufs digital geordert und nach dem Einkauf abgeholt (und gerne auch direkt verzehrt) werden.

Hema ist Alibabas stationäre Lebensmittelkette. Der chinesische digitale Marktplatzbetreiber fokussiert sich hierbei auf Frischeprodukte und bietet eine Vielzahl an unterschiedlichen kulinarischen Küchen an. Um zusätzliche Produktinformationen zu erhalten, können Kunden die Hema- Smartphone-App verwenden und Barcodes scannen. Das Zahlen ist ausschließlich über diese App via Alipay möglich. Ein cleverer Schachzug, der es dem Händler ermöglicht, weitere Kunden in sein Ökosystem zu bringen.

Des Weiteren ist zu erwähnen, dass physische Läden für Onlinehändler eine Möglichkeit darstellen, den Profit zu steigern, da der Internethandel vor allem durch die kostenintensive Auslieferung nach wie vor selten profitabel ist.

Auch Coop Italia’s ‚Store of the Future‘-Konzept ist ein gutes Beispiel, in dem die digitale und physische Welt erfolgsversprechend verzahnt werden. Eine personalisierte App hilft dem Kunden, sich im Laden zurecht zu finden. Außerdem weist der Laden zahlreiche digitale Bildschirme auf, welche teilweise mit Sensoren auf Kunden reagieren und Produktinformationen bereitstellen.

Letztendlich geht es mal wieder darum, wie Händler und Hersteller zusammenarbeiten. Hersteller mit ihrer eigenen ausgeprägten Expertise über ihre Kategorie(n) und ihrem Konsumentenwissen sind wichtige Partner für den Handel – nicht nur für diejenigen, die selbst keine (starken) Kundenkartensysteme besitzen. Allen Beteiligten muss klar sein, dass ein erlebnisorientiertes Angebot, welches die Bedürfnisse befriedigt, die weit über eine simple Lebensmittelbeschaffung hinausgehen nicht mehr nur ein „nice to have“, sondern ganz klar essenziell ist, um sich vom Internetangebot, aber auch seinen physischen Konkurrenten zu unterscheiden.