Energiemanagement Unter Beobachtung

Die fünf Edeka-Wehrmann-Märkte haben mit ihrem Dienstleister Archimedes ein Programm zur kontinuierlichen Kontrolle aller anfallenden Energiekosten geschaffen und können damit 10 bis 15 Prozent einsparen. Das gilt nicht nur in den neu gebauten Märkten, sondern auch im Bestandsmarkt in Enger. Ein Besuch bei Falk Langhof, dem dortigen Marktleiter, und seinem Energieberater Thomas Sundermann.

Dienstag, 07. November 2017 - Management
Andrea Kurtz
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Bildquelle: Insa Hagemann

Den ganzen Markt auf den Kopf gestellt hat er nicht, aber Thomas Sundermann, Energieberater bei Archimedes, und sein Team haben alle Verbräuche im knapp über 2.500 qm großen E-Center Wehrmann in Enger genauestens in Augenschein genommen und so die Grundlast in Sachen Energie deutlich reduziert. Das Herforder Unternehmen analysierte alle Kenndaten und filterte so die „Stromspitzen“, also die Ausreißer in den Verbrauchskurven der Abteilungen und Geräte, heraus. Das können Netzausfälle sein, die ein erneutes Hochfahren nötig machen oder auch eine Aktivität eines Sprinkleranlagentests. Aber auch Kleinigkeiten wie kontinuierliche Beleuchtung können beobachtet werden. „Uns geht es darum, diese Spitzen zu kontrollieren“, erklärt Falk Langhof, der Marktleiter des E-Centers Wehrmann in Enger. „Wir haben Benchmarks für alle Verbräuche erstellt und kontrollieren diese regelmäßig,“, ergänzt Thomas Sundermann. Archimedes erstellt genaue Übersichtslisten über den Stromverbrauch, die Jahreshöchstleistung, die Gesamtkosten und vergleicht dann diesen Verbrauch mit dem Verbrauch im Vorjahr und überschlägt die eingesparten Kosten. So schlug die Übernahme der Bäckerei in der Vorkassenzone von 2015 auf 2016 natürlich mit höheren Kosten zu Buche; auch dies ist genau aus der Übersicht ersichtlich. Der Stromverbrauch des Marktes in Enger belief sich vor der Kontrolle auf rund 420 Kilowattstunden (kWh) pro qm; dies konnte auf 340 bis 350 kWh gedrückt werden. Nach der Übernahme des Backshops ging der Verbrauch mit 390 kWh natürlich wieder leicht nach oben. Der Anteil des gesamten Energiebedarfs des Backshops liegt bei rund 15 Prozent.

Archimedes Bauen, Technik und Energie

Das sind die Schwerpunkte, die Archimedes in Herford als Facility- Management- Dienstleister und Systempartner im Gebäude- und Energiemanagement setzt. Seit 1998 ist das heutige Familienunternehmen Archimedes für Industrie und Handelsunternehmen vielfältig tätig. Das Unternehmen berät und hilft unter anderem in Sachen Energie, Energiebeschaffung und -management sowie in der Gebäudeoptimierung oder analysiert Energieerzeugungsanlagen. Infos: www.archimedes-technik.de.

Was sofort getan werden kann
Geht man von einem Leistungspreis von ca. 100 Euro pro Kilowattstunde aus, ist klar, dass ein höherer Verbrauch – wenn es etwa draußen heiß ist und die Kühlung mehr leisten muss – schnell in die Tausende geht. „Trotz dieser Expansion des Marktes ist durch unsere kontinuierliche Überwachung mit 10 bis 15 Prozent weniger Stromkosten zu rechnen“, sagt Sundermann.

Das E-Center hat nicht nur beim Backshop, sondern überall im Markt Maßnahmen eingeleitet, um energieeffizienter zu werden: Kleinere Aktionen wurde ebenso ergriffen wie größere Investitionen. In der Bäckerei hat die Anschaffung eines neuen Ofens und eines neues Tiefkühlhauses geholfen, um Energie zu sparen. Außerdem wurde eine neue Kälteanlage erworben.


Der Job des Energieberaters
Eine größere Veränderung erforderte das Kalk-Problem, dass der Warmwasserbereiter zu Tage förderte. Je wärmer das Wasser, desto schneller verkalkte das Gerät – mit der Gefahr eines Kurzschlusses. Seitdem wird auch hier regelmäßig auf die entsprechende Temperatur geachtet.

Der Einbau von Bewegungsmeldern in den Umkleiden und Toiletten beispielsweise hat schon kleinere Stromspitzen durch unnötig brennendes Licht abgestellt. Viele von diesen kleinen Tipps wie „Licht aus“ oder „Eisfach abtauen“ können auch zuhause umsetzt werden; das beeindruckt viele der Mitarbeiter ebenso.

Lichtsensoren beziehungsweise eine Zeitschaltuhr regelt die Beleuchtung auf dem Parkplatz je nach Bedarf; die komplette Deckenbeleuchtung wurde auf LED umgestellt. „Beim Einsatz von LED-Strahlern lohnt sich ein scharfer Preisvergleich“, empfiehlt Langhof.

Auch verstopfte Filter in den Lüftungskanälen verbrauchen mehr Strom und sollten daher häufig gereinigt werden, haben Langhof und sein Team erfahren. Gerade im Frühjahr, wenn starker Pollenflug ist, setzen sich diese Filter vom Dach her kommend zu. Thomas Sundermann empfiehlt außerdem den Einsatz von energieeffizienten Filtern in der entsprechenden Filterklasse.

Darüber hinaus wird auch der Stromlieferant regelmäßig unter die Lupe genommen. Wenn ein anderer Anbieter günstiger ist, werden neue Verträge mit diesem ausgehandelt, sodass immer der beste Preis, auch Edeka-unabhängig, genutzt werden kann. Der Kunde erhält die Auf-stellung des jeweils günstigsten Preises der Anbieter.

Die Hauptstromfresser, die TK-Truhen, wurden gesondert behandelt. „Wir haben gelernt: Diese Kennzahlen können wir direkt beeinflussen“, erklärt Langhof.

Photovoltaik

Lohnt sich der Einbau? Die REC Group (www. recgroup.com) hat in einer Studie zur Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen auch Handelsunternehmen in Hamburg, Bonn und Nürnberg untersucht. Ergebnis 1: Supermärkte können bis 84 Prozent des produzierten Stroms selbst konsumieren. Ergebnis 2: Sonnige Standorte bringen eine hohe Eigenkapitalrendite von fast 30, mindestens aber 20 Prozent. Ergebnis 3: Eine Photovoltaik- Anlage ist sinnvoll, wenn Steuern/ Abgaben hoch bleiben.

TK-Kosten im Griff
Die steckerfertigen TK-Truhen können jetzt auch einzeln, und zwar 24 Stunden am Tag, überwacht werden. Sie bekommen zusätzlich Deckel, bis auf die Aktionstruhen. Sukzessive werden die Truhenstränge ausgetauscht; auch deren Alter und Verbrauch kann nämlich von Archimedes überwacht werden. An den Großkampftagen wie vor Weihnachten, wenn viel Ware immer wieder nachgelegt werden muss, ging es gezielt darum, Isotainer einzusetzen, damit ein „Rolli rein, Rolli raus“ nicht zu viel Energie frisst. Sonja Tix, die Leiterin der kürzlich von der LP mit dem Tiefkühlstar 2017 ausgezeichneten Abteilung, hat einen regelmäßigen Abtauplan für die Kühltruhen ausgearbeitet, damit diese so effizient wie möglich arbeiten können. Samstags abends bis montags früh wird abgetaut, damit dann am Montagmorgen gleich wieder eingeräumt werden kann.

Mitarbeiter gezielt einbinden
In den E-Centern von Wehrmann gibt es außerdem ein stringentes Ideenmanagement. Alle Mitarbeiter können ihre Ideen für Einsparmaßnahmen aktiv einbringen. Dazu wird dann ein Monatsbericht inkl. Checkliste geführt, die auch regelmäßig überprüft wird. Auf dem Schwarzen Brett gibt es zusätzlich eine Nachhaltigkeitsecke mit News zu Energieeffizienz und Umweltmaßnahmen wie die zur Edeka-Aktion mit dem WWF-Pandabären, in der gezielt Tipps für Energiesparmaßnahmen in den Märkten gegeben oder Eigenmarkenprodukte, die ökologische Standards erfüllen, gekennzeichnet werden.

In Enger wurde viel durch die konsequente Energieüberwachung erreicht. Doch natürlich kann sich Marktleiter Langhof auch vorstellen, in einem Neubau zu wirtschaften, der z. B. eine Wärmerückgewinnung hat. Dort sei dann vielleicht auch Photovoltaik (PV) sinnvoll.


Neubauen wäre toll
Thomas Sundermann empfiehlt den Einsatz einer Solaranlage sehr, selbst auf dem Markt in Enger, denn bei einem Laden dieser Größe kann so in den Sommermonaten der hohe Bedarf an Kühlung unterstützt werden. In Kirchlengern, wo Wehrmanns kürzlich ein neues E-Center errichtet haben, gibt es u. a. Tageslicht, so- dass weniger Beleuchtung nötig ist.

Und was empfiehlt Berater Sundermann sonst noch: „Ich würde ein bis zwei Parkplätze mit E-Tankstellen ausrüsten, diese aber aus dem eigenen Kundennetz speisen“, meint er. Das sei nicht nur preislich attraktiver als wenn man eine Anlage von einem öffentlichen Anbieter nutze, sondern könne auch ein interessanter Weg der Kundenbindung sein. „Man könnte z. B. einen speziellen Rabatt anbieten, wenn ein Kunde an einer E-Station lädt und gleichzeitig für einen bestimmten Betrag einkauft“, schlägt Sundermann vor. Auch eine Kopplung mit E-Firmenfahrzeugen sei denkbar. Für Archimedes ist E-Mobilität die Zukunft: „In den nächsten ein bis anderthalb Jahren müssen wir uns darauf einstellen, das dies gängige Praxis wird.“

Die LP Checkliste: Schnelle Tipps und mögliche Fördertöpfe
  • Kühltruhen bzw. Schränke auf die richtige Temperatur einstellen; zusätzlich auf korrekte Abtauzeiten achten
  • Hydraulischen Abgleich des Leitungsnetzes durchführen.
  • Konventionelle Pumpen durch sog. Hocheffizienzpumpen ersetzen.
  • Beides kann bis zu 30 Prozent der Kosten einsparen.
  • Infos über Fördertöpfe unter: https://www.klimaprofimittelstand.de/effizienznavigator
  • Energieeffizienzberater engagieren: Der Tagessatz von 800 bis 1.000 Euro wird vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gefördert.
  • Das BAFA fördert außer der Energieberatung an sich u. a. Maßnahmen an Kälte- und Klimaanlagen oder Solarthermie.
  • Die KfW vergibt zinsgünstige Darlehen, wenn größere Investitionen, z. B. in Rolltreppen, anstehen.
Klimaprofis für den Mittelstand

60 Prozent der Verbundzentralen halten die Senkung des Energieverbrauchs für sehr wichtig, nur 4 Prozent erachten Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz als unwichtig, so eine Umfrage des Mittelstandsverbunds vor dem Start seiner Initiativen für mehr Energieeffizienz bei den Mitgliedern im Jahr 2014. Schon damals machten 57 Prozent der Kooperationen erste Unterstützungsangebote, 53 Prozent wollten ihre Investitionen weiter ausbauen. Zur Verstärkung und Unterstützung dieser Anstrengungen hatte der Mittelstandsverbund bis Ende 2015 das Beratungsprojekt „Mittelstand für Energieeffizienz“ für die 230.000 angeschlossenen mittelständischen Handels- und Handwerksunternehmen geschaffen – gefördert vom Bundesumweltministerium mit rund 2 Mio. Euro. Ziel: Der CO2-Ausstoß der 230.000 Unternehmen sollte um insgesamt 5,7 Mio. kg reduziert, die Energiekosten der Unternehmen um 30 Prozent gesenkt, Betriebe und Mitarbeiter für das Thema „Energie sparen” sensibilisiert werden. Im Fokus: Energieberater, die zunächst kostenlose Potenzialerhebungen durchführten. Dem folgten Energieeffizienzmuss beratungen, die über die Bundesanstalt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gefördert werden. Über 700 dieser Beratungen inklusive des Aufzeigens von Fördermöglichkeiten bei konkreten Einsparinvestitionen gab es im Zuge des Projektes vor Ort. Nachfolger dieses ersten Projekts ist nun das umfangreiche Maßnahmenpaket „Klimaprofi für den Mittelstand“. Die speziell geschulten Klimaprofis des Verbandes ermitteln seit Februar 2016 in Unternehmen aus den Branchen Bäcker- und Fleischerhandwerk, Apotheken, Friseure und Kfz- Werkstätten Verbesserungspotenzial. Ziel: Den CO2- Ausstoß der Unternehmen und die Energiekosten weiter zu senken. Eine Co2-Reduktion von 8,2 Mio. kg ist geplant. Im ersten Schritt ist eine rund vierstündige Beratung vorgesehen; daraus entsteht ein unternehmensindividueller Bericht, der bei einem zweiten Besuch bei dem jeweiligen Unternehmen vorgestellt und intensiv besprochen wird. Bei der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen, beim Beantragen von Fördergeldern oder bei der Prüfung von Angeboten zur Umsetzung helfen die Klimaprofis auch. Das Programm gilt bundesweit. Auf der Webseite erhalten Sie eine detaillierte Übersicht über Fördermöglichkeiten und -summen.