MLF Tagung Vertrauen hilft

Der digitale Wandel stellt den Lebensmittel-Einzelhandel vor viele Herausforderungen. Er bietet aber auch Chancen, vor allem für etablierte selbstständige Händler. Das ist ein Ergebnis der 158. MLF-Tagung bei Hit Sütterlin in Aachen. Ein anderes ist: Kunden belohnen den Mut, Neues zu testen.

Montag, 23. Oktober 2017 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Vertrauen hilft
Bildquelle: Reinhard Rosendahl

9 Mrd. Euro weniger Umsatz für den stationären Handel im Jahr 2025. Mit dieser Zahl weckte MLF-Präsident Friedhelm Dornseifer gleich zu Beginn der 158. Arbeitstagung des Vereins Mittelständischen Lebensmittel-Filialbetriebe (MLF) die 370 Teilnehmer in Aachen auf. Diese Lücke tue sich auf, wenn die Prognose stimme, dass 2025 dann 5 Prozent des Umsatzes im LEH online gemacht werde. Angesichts des digitalen Wandels suchten die Händler, getreu dem Tagungsmotto, nach Lösungen, wie der Handel in einer vernetzten Welt erfolgreich sein kann.

Der Gastgeberfamilie ist wegen der Veränderungen dennoch nicht bang. Herbert Sütterlin und seine experimentierfreudigen Söhne Maximilian und Benedikt nehmen lieber die Pionier-Rolle ein und agieren in ihren beiden Hit-Märkten in Aachen nach der Devise: probieren, probieren, probieren.

Das Trio bietet seinen Kunden nicht nur eine eigene App an, die Services wie einen Weinberater oder ein „Käse-ABC“ beinhaltet. Die Händler haben auch früh sogenannte Beacons getestet. Das sind kleine Funksender, die über Bluetooth Informationen an die App-Nutzer senden, z. B. einen Willkommensgruß, wenn ein Kunde den Markt betritt. Seit Frühjahr 2017 können sich Kunden auch aktuelle Angebote von Amazons Sprachassistenten Alexa aufsagen lassen. Bei all diesen Anwendungen steht für Maximilian Sütterlin, der sich um die digitalen Services kümmert, im Augenblick das Sammeln von Erfahrung im Vordergrund – und das Erfüllen der Kundenerwartungen. Diese wünschten sich zum Beispiel einen Lieferservice. Bei Hit Sütterlin können sie den Einkaufszettel auch per Whats-App schicken. Manche nehmen das gut an. „Wir haben Bons von 60 bis 70 Euro“, sagt Benedikt Sütterlin. „Wenn das Vertrauen und die Verbindung zum Händler vor Ort da ist, geht auch Frische online“, glaubt er.

Rewe-Händler Lutz Richrath war davon einst nicht überzeugt. Den Online-Shop, den Richraths 2008 begonnen haben, haben sie 2014 an die Rewe abgegeben. „Ich weiß nicht, ob ich das heute noch mal so machen würde“, räumt er ein. Heute hält er das Thema Belieferung, gerade in Innenstädten, für zukunftsfähig.

Hiebers gehen einen anderen Weg. Sie wollen Abholstationen in ihren Märkten installieren. „Das ist unserer Meinung nach der richtige Weg, denn es darf nicht passieren, dass der Kunde nicht mehr in die Läden kommt“, sagt Jörg Hieber. Auch einen bundesweiten Online-Shop mag er sich nicht vorstellen. „Der Kaufmann vor Ort hat das Vertrauen, dann muss er auch das Geschäft machen.“

Gert Schambach, geschäftsführender Gesellschafter der Dohle Handelsgruppe, ließ sich vom digitalen Wandel und dem Online-„Goliath“ Amazon – zumindest während seines Vortrags bei der MLF-Tagung – nicht aus der Ruhe bringen. Für ihn ist der digitale Wandel nur eine von vier Herausforderungen. Am wichtigsten erscheint ihm derzeit der Wettbewerb mit den wiedererstarkten Discountern und den Drogeriemärkten, die immer mehr zu Lebensmittelläden mutierten

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