Interview Schlüter - Edeka Minden-Hannover Kompetenz für Kaufleute

Er gilt als Urgestein in Minden: Dirk Schlüter, Chef der Edeka Minden-Hannover, über die Kompetenzen seiner Kaufleute und deren Fähigkeiten im Umgang mit der Großfläche: 31 von 51 Marktkauf-Häusern werden privatisiert.

Montag, 30. August 2010 - Management
Markus Oess

Herr Schlüter, kann ein Kaufmann die Großfläche beherrschen?
Dirk Schlüter: Keine Frage – die Tatsache, dass neben der Edeka Minden-Hannover-Gruppe auch der selbstständige Einzelhandel sein bestes Ergebnis überhaupt eingefahren hat, spricht erst einmal für sich. Bei uns zeigen 35 Kaufleute, die 45 Großflächen betreiben, dass sie die Großfläche beherrschen.

Edeka Wehrmann betreibt in Herford das neue E-Center. Ist das der künftige Weg?
Wir wollen möglichst viele Standorte privatisieren, auch Flächen mit bis zu 4.000 qm. Großflächen spielen bei unseren Privatisierungen eine immer größere Rolle. Unter den Märkten, die wir 2009 an selbstständige Einzelhändler übergeben haben, waren zwei E center und sieben E Reichelt-Märkte. 2010 wollen wir 25 Märkte privatisieren, darunter vier E center und zwölf E Reichelt-Märkte.

Was zeichnet Ihrer Meinung nach den Markt in Herford aus?
Emotionen sind das Thema der Zeit. Der Markt erzeugt eine großzügige Wohlfühlatmosphäre für den Kunden, er strahlt Kompetenz aus und man spürt geradezu die Frische und ein besonderes Service-Niveau. Dennoch bleibt der Aufbau funktional.

Wie läuft es in Ihrem Konzept-Marktkauf in Burg?
Wirklich hervorragend. Wir verzeichnen seit der Umstellung durchweg zweistellige Umsatzzuwächse. Besonders haben sich die Bedienungsinseln und das Kaufhausambiente im Nonfood-Sektor bewährt.

Das Marktkauf-Konzept steht also?
Natürlich passen wir jeden Markt auch den individuellen Rahmenbedingungen des jeweiligen Standortes an, aber das Grundkonzept steht.

Wie viele Häuser wollen Sie privatisieren?
Von den 51 übernommenen Häusern werden wir wohl gut 20 weiterhin unter Marktkauf in Regie führen. Die restlichen Märkte mit Flächen unterhalb 4.000 qm stehen unter E-Center grundsätzlich für selbstständige Einzelhändler zur Verfügung.

Es heißt, je größer der Markt umso größer der Nonfood-Anteil. Beherrscht Edeka das Nonfood-Sortiment?
Wir greifen hier auf die Dienste der Zentrale in Hamburg zurück und dort sitzen ja auch Leute, die über ihr Know-how nicht erst seit gestern verfügen. Auch wenn bei Nonfood die Deckungsbeiträge pro Quadratmeter niedriger sind als bei Food, gehören Nonfood-Artikel zu einem SB-Warenhaus.

Wird es Sonderprogramme bei der Privatisierung geben?
Es gelten die gleichen Privatisierungsregeln wie bei jeder anderen Privatisierung auch. Erst wenn die Regie-Praxis zeigt was möglich ist, wird der Markt an Kaufleute abgegeben. Dann wissen wir auch, welche Prognosen für die weitere Entwicklung des Standortes realistisch sind. Ausnahmen wie bei der Übertragung des Marktkauf-Hauses an Multi-Markt, Emden, wo bereits langjährige SB-Warenhauskompetenz besteht, bestätigen die Regel.


 Edeka-Reichelt wollen Sie komplett an den Mann bringen?
Wir haben 2009 acht Märkte privatisiert. Dieses Jahr werden es zwölf sein. Am Ende des Prozesses bleiben vielleicht acht, neun ungeeignete Standorte in der Regie.

Haben Sie denn in Berlin so viele Unternehmer?
Wir haben zunächst die Marktleiter und Vertriebsleiter im Fokus, an die wir 2009 und 2010 ausschließlich übertragen. Erst wenn dieses Potenzial erschöpft ist, bieten wir die Märkte Kaufleuten und dann Mehrbetriebsunternehmern an.

Wie läuft Ihr Discounter NP zurzeit, Sie wollen expandieren?
Wir haben im Nordwesten unseres Vertriebsgebietes und in Brandenburg noch einige weiße Flecken. Dort werden wir verdichten. Aktuell findet NP als integrierter, wohnortnaher Discounter mit Flächen von um die 800 qm großen Zuspruch. Im Mehrjahresvergleich der Umsatzentwicklung belegt NP in unserer Gruppe einen Spitzenplatz. Wir sind dabei, den Auftritt optisch und inhaltlich zu optimieren.

Wie sehen die Pläne für dieses Jahr aus, müssen Sie diese mit Blick auf die aktuelle Finanzkrise nach unten korrigieren?
Wir hatten ein sehr gutes erstes Quartal und haben überaus vorsichtig geplant. Ich bin mir sicher, dass wir den Planumsatz und auch das Vorjahresergebnis erreichen werden.

Sie gehen zum Jahresende in den Ruhestand. Was wird kommen?
Gemeinsam mit meiner Frau viel Zeit für Sport, Kultur, Spanisch lernen, Reisen, ein Ehrenamt, vor allem aber mehr Zeit für meine Familie. Meine Zeit bei Edeka war von Erfolgen begleitet, spannend und ausfüllend. Nächstes Jahr ist es aber Zeit für einen neuen Lebensabschnitt und darauf freue ich mich.

Zur Person

Dirk Schlüter ist seit 36 Jahren für die Edeka Minden-Hannover tätig. Bereits seine Eltern betrieben einen Edeka-Markt in Herford-Elverdissen, sein Vater war Aufsichtsratsmitglied der Mindener Genossenschaft. Zunächst als Assistent der Geschäftsführung arbeitete Schlüter in sämtlichen wichtigen Geschäftsbereichen des Unternehmens, ab Beginn der 80er-Jahre in verantwortlicher Position als Geschäftsbereichsleiter.
Seit 1991 gehört er der Geschäftsführung an. Seit 1995 ist er geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Edeka Minden e.G. Im Mai 2003 übernahm er das Amt des Sprechers der Geschäftsführung und des Vorstandes der Edeka Minden e.G. Zum Ende des Jahres 2010 beendet Schlüter (62) sein berufliches Wirken. Die Ressorts werden im verbliebenen Vorstand verteilt. Mark Rosenkranz wird Schlüters Nachfolger als Vorstands-Sprecher.

Zum Unternehmen

Edeka Minden-Hannover ist die größte von bundesweit sieben Regionalgesellschaften, das Absatzgebiet umfasst Ostwestfalen, fast ganz Niedersachsen sowie die Bundesländer Bremen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg.
Nach dem starken Wachstum arbeiten die Mindener an der Anpassung der Logistik-Strukturen. Rund 250 Mio. Euro sind hierfür vorgesehen. Insgesamt sind 2010 Investitionen von 380 Mio. Euro geplant.