Studie - Konsumentenverhalten Europa Europäischer Spagat

Welche Verkaufsförderungs-Maßnahme am PoS verspricht in Deutschland den größten Erfolg, und was geht in Italien gar nicht? Eine neue Studie nimmt das Konsumentenverhalten in Europa unter die Lupe.

Montag, 30. August 2010 - Management
Lebensmittel Praxis

Fast jedes dritte Produkt wird in Deutschland mit einer Verkaufsförderungs(VKF)-Maßnahme beworben. Auch das breite Instrumentarium aus Verkostungen und Vorführungen, In-/Onpacks, Mengenpromotions, Gewinnspielen, Sondereditionen, Couponing etc. wird hier zu Lande intensiv genutzt. Die Konsumgüterindustrie tut gut daran, mit solchen Maßnahmen Kaufanreize zu schaffen, denn die Entscheidungen der Konsumenten können so stark beeinflusst werden – 82 Prozent achten beim Einkauf auf Angebote, Werbemittel oder VKF-Aktionen. Den Erfolg der Maßnahmen stützen auch die hier zu Lande geringe Markentreue und der hohe Handelsmarkenanteil.

Dass diese Mechanik in zahlreichen europäischen Nachbarländern aber ganz anders funktioniert, belegt eine aktuelle Studie der TU München zur Bedeutung und zum Erfolg von VKF-Maßnahmen in Europa (mehr auf S. 23). Sie zeigt, wie groß die Unterschiede im Konsumentenverhalten in den insgesamt 16 untersuchten EU-Staaten nach wie vor sind – trotz freien Warenverkehrs und einer gemeinsamen Währung. Couponing beispielsweise wird nur in Belgien und Schweden häufig verwendet; die Ursache dafür ist historischer Natur. Besonders erfolgversprechend ist die Maßnahme dort bei Drogerieartikeln und zum Zweck der Abverkaufssteigerung. In-/Onpack-Promotions sind dagegen in fast allen untersuchten Ländern vorzufinden, am häufigsten werden sie in Griechenland praktiziert, in der Schweiz und Schweden werden sie fast gar nicht eingesetzt.

Eine hohe Häufigkeit tritt vor allem in Ländern mit konsumschwachen Bevölkerungen auf. Ähnliches gilt für die Mengenpromotions, die fast überall häufig anzutreffen sind, außergewöhnlich oft in England und Spanien. Hier werden die Gründe in besonders starken Auswirkungen der Finanzkrise auf die Konsumkraft der Verbraucher vermutet. Die intensive Nutzung dieser VKF-Maßnahme steht aber auch in Zusammenhang mit einem hohen Handelsmarkenanteil. In Deutschland haben Mengenpromotions eine nicht so starke Bedeutung, weil die Verbraucher relativ häufig einkaufen gehen und daher seltener auf Vorrat kaufen; Mengenpromotions bieten damit hier zu Lande keine hohen Kaufanreize.


Verkostungen und Vorführungen werden am häufigsten in Italien durchgeführt, sind aber auch in einigen osteuropäischen Ländern sowie Belgien geschätzt. Dass wiederum nord- und westeuropäische Länder diese Instrumente seltener anwenden, ist zum Teil durch die hohen Stundensätze der Promotoren in diesen Ländern begründet. Deutschland steht hier mit Personalkosten von 11 bis 14 Euro pro Stunde übrigens an Top-Position im europäischen Markt.Gesamteuropäisch bewerten die Experten Mengenpromotions und Verkostungen/Vorführungen jedoch in allen drei untersuchten Produktkategorien (Food, Getränke, Drogerieartikel) als am erfolgreichsten. Couponing und Sondereditionen erhalten dagegen durchgehend schlechte Noten. Gewinnspiele werden im Bereich Food und Drogerieartikel schlecht bewertet, erhalten jedoch bei Getränken großen Zuspruch. Gleiches gilt für Flyer-Sampling. In- und Onpacks sowie Kooperationspromotions wiederum versprechen bei Food und Drogerieartikeln großen Erfolg, aber nicht bei Getränken.

Allerdings, auch dies ein Ergebnis der Projektstudie: Couponing findet zwar in Deutschland bisher nur geringe Beachtung, was der noch jungen Historie seit dem Wegfall des Rabattgesetzes geschuldet ist. Aber während die Einlösequote vor zwei Jahren noch lediglich 60 Prozent erreichte, lösen heute bereits 95 Prozent aller Konsumenten, die einen Coupon erhalten haben, diesen auch ein. Folglich könnte Couponing noch zu einer festen Größe im deutschen Handel werden und die Häufigkeit der Anwendung deutlich steigen, glaubt Studien-Mitautorin Josephine Stempel von der TU München.

Insgesamt beobachten die Autoren europaweit Veränderungen in der Handhabung und Bedeutung von VKF-Maßnahmen:
Budgetkürzungen bedrohen die Qualität von personalgestützten Promotions; der Handel zeigt eine wachsende Abneigung gegen Promotions verschiedener Trademarketingagenturen in seinen Märkten; die Verkaufsförderung verlagert sich zunehmend weg vom PoS auf Marketingmaßnahmen im Internet. Die Kaufentscheidungen der Verbraucher fallen so nicht erst im Markt; spontane Käufe könnten damit seltener werden. Wer Kaufanreize schafft, der darf sich über Mehrumsatz freuen. Hier zu Lande nutzen immer mehr Konsumenten Couponing.