Fairtrade Die DNA der Fairness

Seit 25 Jahren sorgt die Organisation Transfair für fairere Bedingungen im Lebensmittelhandel mit Entwicklungsländern. Künftig soll es vermehrt auch um Textilien gehen.

Montag, 12. Juni 2017 - Management
Nicole Ritter
Artikelbild Die DNA der Fairness
Bildquelle: Carsten Hoppen

Mit den ersten gesiegelten Kaffee-Päckchen aus fairem Handel fing vor genau 25 Jahren bei Edeka Minden alles an – heute kann der damals gegründete Verein Transfair eine beachtliche Bilanz ziehen: Pünktlich zum Jubiläum durchbrachen 2016 die Umsätze von Produkten mit dem Fairtrade-Siegel die magische Grenze von 1 Mrd. Euro. Insgesamt kauften die deutschen Verbraucher voriges Jahr für 1,2 Mrd. Euro Produkte mit dem Güte-Siegel – das entspricht einem Wachstum von 18 Prozent. „Diese Zahl reiht sich ein in ein zwölfjähriges Wachstumsplus, das jeweils im zweistelligen Bereich lag“, sagt Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender des Vereins Transfair beim Vorstellen der Bilanz 2016. „Damit ist Fairtrade bei breiten Verbraucherschichten angekommen.“

Allein der Handel mit Kaffee als dem Start-Produkt der Initiative entwickelte sich kräftig: Seit dem Start von Transfair 1992 wurden davon insgesamt über 140.000 t verkauft. „Kaffee gehört gewissermaßen zur DNA des fairen Handels“, sagt Overath. Der Marktanteil fair gehandelten Kaffees liegt heute bei 3,8 Prozent. Allein 2016 stieg die Menge um ein Viertel auf 17.000 t.

Schrittweise konnte sich die Initiative in den vergangenen Jahrzehnten aber auch mit anderen Erzeugnissen auf einem stabilen Nischen-Markt etablieren: Inzwischen finden sich vor allem Lebensmittel mit dem blau-schwarz-grünen Label oder als Eigenmarken längst bei Handelsriesen wie Aldi, Lidl oder Rewe. Auch die Süßwarenhersteller Ferrero und Riegelein beziehen einen Teil ihrer Rohstoffe wie Kakao für Schokolade mittlerweile aus fairen Quellen. Seit April bietet zudem die Deutsche Bahn in ihren Zügen Fairtrade-Kaffee an.

So liegt die Zahl verfügbarer Waren mit dem Siegel heute bei etwa 7.000, in etwa 42.000 Märkten und Geschäften sind sie bundesweit im Angebot. Bananen gehören dabei genauso zum Sortiment wie Kakao oder Schnittrosen aus Afrika: Seit dem Bestehen von Transfair bis heute kauften Verbraucher in Deutschland gesiegelte Waren im Gesamtwert von 6 Mrd. Euro. Allerdings sieht Overath im Land durchaus noch Wachstumspotenzial. So gaben deutsche Verbraucher im vergangenen Jahr im Schnitt für fair gehandelte Waren 13 Euro aus – die Schweizer kauften dagegen Produkte für 69 Euro, Briten gaben 44 Euro und Österreicher 30 Euro aus. Dabei handelt Transfair nicht selbst, sondern setzt mit seinem Modell des Wandels durch Handel an einer anderen Stelle an. „Wir richten unseren Blick vor allem auf die erste Meile, dort wo die Waren produziert werden“, sagt Overath.

Die Produzenten, Kleinbauern und Kooperativen überwiegend in Lateinamerika und Afrika sind im Verbund Fairtrade International mit Organisationen aus 25 Ländern und drei kontinentalen Produzenten-Netzwerken verbunden. Zusätzlich zu den Verkaufserlösen für die Rohstoffe erhalten die lokalen Organisationen der Kleinbauern und Plantagen-Arbeiter etwa 21 Mio. Euro Prämie für Projekte, die das Leben der Menschen vor Ort verbessern sollen. Fairtrade ist eine Lebensart und nicht nur eine Wirtschaftsform, ist Dieter Overath übrzeugt. „Sie beruht auf drei Säulen der Nachhaltigkeit: Wirtschaftlich, sozial und ökologisch.“ Etwa 130 Inspektoren überprüfen regelmäßig vor Ort, ob diese Standards eingehalten werden, sagt Overath. „Wenn gegen die Kriterien verstoßen wird, mahnen wir ‚corrective action‘ an und die betreffende Kooperative muss nacharbeiten.“ Andererseits werden besonders gute Beispiele auch prämiert: So sind aktuell 482 Fairtrade-Towns, 347 entsprechende Schools und 10 Fairtrade-Universities ausgezeichnet.

Nach dem Erfolg auf dem Food-Markt möchte Transfair nun auch die Textil-Branche stärker in die Pflicht nehmen. „Hier beobachten wir noch eine starke Zurückhaltung der Branche“, erklärt der Transfair-Aufsichtsratsvorsitzende Heinz Fuchs. Der Handel mit fairer Baumwolle oder Textilien ging 2016 sogar um 7 Prozent zurück. „Wir haben daher eine Reihe von Projekten angestoßen, um das zu ändern.“ Transfair erwarte von der Bundesregierung, sich im Zuge des Textilbündnisses konsequenter dafür einzusetzen, die Rahmenbedingungen dafür konkreter zu gestalten.