Chefs von morgen Bilderbuchkarrieren und zweite Chancen - Die Chefs von morgen

Eine Anleitung, wie man im Handel Karriere macht? Gibt es nicht. Der Handel bietet viele Möglichkeiten, ein- und aufzusteigen. Wir schildern den Weg von acht jungen Kandidaten, die auf dem besten Weg sind, Chef zu werden. Außerdem starten wir den Wettbewerb: „Ausbilder des Jahres 2017“.

Donnerstag, 27. April 2017 - Management
Heidrun Mittler
Artikelbild Bilderbuchkarrieren und zweite Chancen - Die Chefs von morgen
Bildquelle: Hans-Joachim Thienemann

Chefs von morgen

 
Harun Akgül

Aldi Süd, München

  • Verkäufer
  • Kaufmann im Einzelhandel
  • stellvertretender Filialleite

Den ganzen Tag über im Büro sitzen? Nein, das ist nichts für Harun Akgül. Nach der Schule hat der Münchner mit türkischen Wurzeln einen Beruf gesucht, bei dem er geistig und zugleich körperlich gefordert ist. Auf Empfehlung seiner damaligen Klassenlehrerin kam er so mit 16 Jahren zum Arbeitgeber Aldi Süd und startete eine Ausbildung zum Verkäufer. Die Arbeit machte ihm Spaß, die Noten stimmten, sodass er das dritte Ausbildungsjahr anhängen konnte. Als frisch gebackener Kaufmann im Einzelhandel arbeitete er ein Jahr als Drittkraft. „In der Zeit habe ich viel gelernt“, erzählt der jetzt 25-Jährige. Seine Filialleiterin erkannte, dass Potenzial in dem jungen Mann steckt, motivierte und förderte ihn. Der nächste Schritt: Akgül im Pool des „Filialführungsnachwuchses“, der auf die Stellvertretung einer Filiale vorbereitet.

„Nicht den ganzen Tag über im Büro sitzen!”

Dazu gehören zahlreiche Schulungen: z. B. Führungsaufgaben, Konfliktmanagement oder OTC. Außerdem ist ein Filialwechsel obligatorisch, Akgül tauschte die bayerische Metropole mit dem beschaulichen Raubling bei Rosenheim. Nach nur drei Jahren wurde er zum Stellvertretenden Leiter der Filiale in München-Unterhaching befördert. Diese wurde vergangenes Jahr im neuen Aldi-Design umgebaut. Nun hat der junge Mann in seinen Schichten Verantwortung für 14 Mitarbeiter, die auf den 1.050 qm Verkaufsfläche arbeiten. Der leidenschaftliche Fußballer hat bereits sein nächstes Ziel vor Augen: Filialleiter, dafür würde er sogar seinen Heimatort verlassen. Er ist weltoffen, schließlich ist der Münchner auch Fan des BVB Dortmund.

Patrick Kaufmann

Globus, Mühldorf

  • Mittelschule
  • bald Teamleiter
  • Weinfachberater

Patrick Kaufmann – mit diesem Namen muss man ja in den Handel gehen! Mit seinen 21 Jahren ist der Bayer schon ein Getränke-Spezialist. Ganz gleich, ob Kunden eine Empfehlung suchen oder seine Freunde nach Feierabend einen Tipp brauchen – er kennt sich bei Wein, Bier und Spirituosen bestens aus. Nach dem Abschluss der Mittelschule hat er mit 15 seine KiE-Ausbildung im Globus Warenhaus in Mühldorf begonnen, nun arbeitet er dort in der Getränkeabteilung. Während der Globus-internen Fortbildung für die Teamleiter-Ausbildung (GLAP) hat er sich zehn Monate lang mit Kollegen aus anderen Warenhäusern intensiv ausgetauscht. „Es war wichtig, in Projekten mitzuwirken“, sagt er rückblickend, „und zu lernen, wie es ist, vor einer Gruppe zu stehen und zu referieren“. 2016 hat er die Zusatzausbildung zum IHK-Weinfachberater absolviert. Seit vergangenem Herbst nimmt er am „GLUP 1“ teil, wie die Fortbildung zum Teamleiter intern heißt.

„Im Team gemeinsam etwas erreichen.“

Er trainiert noch bis April 2018 zum Beispiel Führungverantwortung und den Durchblick bei den Kennzahlen. Kaufmann hofft auf eine Teamleiterposition in Mühldorf, was realistisch ist, da sein jetziger Chef bald in den Ruhestand gehen möchte. Was er toll an seinem Beruf findet? „Die Freude, dass ich gemeinsam mit meinem Team etwas erreichen kann“, antwortet Kaufmann. Außerdem gefällt ihm, dass er viel Gestaltungs- und Entscheidungs-Spielraum bei Globus hat. So hat er den Chef einer regionalen Brauerei motiviert, speziell für Globus Mühldorf eine trübe Zitronenlimonade herzustellen. Den Kunden gefällt‘s, meint Kaufmann, „Abwechslung ist immer gut“.

Nadine Köhler

Lidl, Sontra

  • Realschule
  • Ungelernte Kraft
  • Filialleiterin

„Jeder, der sich für den Handel entscheidet, hat die Möglichkeit, viel aus sich zu machen“, meint Nadine Köhler. „Bei Lidl ist alles möglich“, sagt die 39-jährige, „ich selbst bin das beste Beispiel dafür.“ Nach dem Realschulabschluss hat sie in verschiedenen Jobs gearbeitet, beispielsweise in Hotels. Nach einem Umzug suchte sie etwas Neues, deshalb hat sie sich vor 16 Jahren bei Lidl beworben: als ungelernte Kraft, mit 80 Stunden pro Monat. Kurz darauf wurde sie Zweitvertretung der Filialleitung, dann arbeitete sie zehn Jahre lang als Erstvertretung. Ihre Aufgaben? Alles, was in der Filiale anfällt, von Personalplanung über Bestellungen bis hin zur Kennzahlenkontrolle.

„Ich habe immer Eigeninitiative gezeigt.”

„Ich habe immer Eigeninitiative gezeigt“, meint Nadine Köhler rückblickend. Ihre damalige Chefin und der Verkaufsleiter haben ihr Engagement gesehen und die junge Frau zu internen Fortbildungen motiviert. Vor gut sechs Jahren bekam sie die Chance, eine neu gebaute, eigene Filiale zu führen (1.000 qm Verkaufsfläche, 16 Mitarbeiter). „Anfangs eine Herausforderung“, sagt sie, die Mannschaft wurde ja neu zusammengestellt. Aber schnell ist es ihr gelungen, ein Team zu bilden. „Das Arbeitsklima muss stimmen“, sagt sie. Es fällt ihr leicht, mit Menschen umzugehen und Mitarbeiter zu integrieren.

Auf der Verkaufsfläche ist die Filialleiterin „am liebsten in Action“, Kassieren ist nicht so ihr Ding. Zum Ausgleich verbringt sie Zeit mit ihrem Partner und Freunden. In der Freizeit geht sie gern ins Kino und erfreut sich an ihren beiden Graupapageien.

Jessica May

Edeka Hammes

  • Bankkauffrau
  • Studium Wirtschaftspädagogik
  • Führungskraft Handel

Manche Ereignisse stellen das ganze Leben auf den Kopf. Bei Jessica May war es der plötzliche Tod des Vaters, der ihr Leben in eine neue Bahn lenkte. Bis zu diesem Zeitpunkt im Jahr 2010 studierte die gelernte Bankkauffrau Wirtschaftspädagogik und strebte eine Lehrtätigkeit in einer Berufsschule an.

Die junge Frau unterbrach ihr Studium nach dem Tod des Vaters und unterstützte die Mutter, die plötzlich alleinige Betreiberin eines 1.500 qm großen Edeka-Marktes war und Verantwortung für 42 Mitarbeiter trug.

„Ich will auf jeden Fall weiter selbstständig bleiben.“

Mittlerweile ist Jessica May ins Unternehmen hineingewachsen. Sie hat nicht nur ihr Studium abgeschlossen, sondern auch die Edeka-spezifische Fortbildung zur Führungskraft Handel als Beste der Region Südwest absolviert. „Ein klasse Programm“, sagt sie, bei dem sie viele konkrete Lösungen auf ihre beruflichen Fragen erhalten habe. Gemeinsam mit ihrem Mann, ebenfalls ursprünglich Bankkaufmann, bereitet sie sich darauf vor, die Geschäftsführung von ihrer Mutter zu übernehmen. Es soll ein „fließender Übergang“ werden, hat die Familie beschlossen, 2019 will sich Mutter Petra aus dem Alltagsgeschäft allmählich zurückziehen.

Wo sich Jessica May in fünf Jahren sieht? „Auf jeden Fall weiter in der Selbstständigkeit“, einen zweiten Markt schließt sie auch nicht aus. Aber zuvor will sie noch mehrere Investitionen in den aktuellen Markt tätigen, modernisieren und vielleicht vergrößern. Mit der Finanzierung kennt sie sich das Ehepaar May ja bestens aus.

Alessandro Russo

Rewe, Maintal

  • Fachabitur
  • Jahrespraktikum bei der Rewe Rosbach
  • Marktleiter-Vertretung mit 19 Jahren

Bank oder Versicherung? Das kam für Alessandro Russo nie in Frage. „Meine Familie lebt den Handel“, erklärt er. Sein Vater betreibt einen eigenen Getränkemarkt, schon als Jugendlicher hat Alessandro ihn nach Kräften unterstützt. Nach der Realschule hat er sein Fachabitur gemacht. Damit verbunden war ein Jahrespraktikum, das er in der Zentrale der Rewe Mitte in Rosbach absolvieren konnte, im Vertriebs- und Personalbüro sowie der Personalentwicklung.

Die Kontakte, die der junge Mann in diesem Jahr aufgebaut hat, sind heute für ihn als Marktmanager unbezahlbar: Wenn er einmal ein Problem hat, weiß er genau, wen er anrufen kann. Russo hat seine bisherige Laufbahn in Siebenmeilen-Stiefeln zurückgelegt: erst Abiturientenausbildung, danach konnte er sich vertretungsweise als Marktmanager beweisen, weil ein Kollege länger erkrankt war.

„Meine Familie lebt den Handel.”

Seit Januar 2016 – im Alter von nur 19 Jahren – führt er offiziell „seinen“ Rewe-Markt in Maintal-Hochstadt (1.100 qm Verkaufsfläche, 35 Mitarbeiter). Das läuft rund, auch, weil er auf dem kurzen Dienstweg immer einen ehemaligen Bezirksmanager ansprechen kann, der ihn tatkräftig unterstützt. Mittlerweile hat Russo auch den Abschluss Fachwirt Vertrieb von der Food Akademie in Neuwied in der Tasche.

Und schon strebt der junge Mann das nächste Ziel an: die Selbstständigkeit. Anfang nächsten Jahres hofft er, als Partner starten zu können – zu den vorbereitenden Kursen der Rewe Mitte ist er bereits eingetragen.

Diana Schwuchow

Kaufland, Plauen

  • Bachelor für Maschinenbau
  • Duales Studium bei Kaufland
  • Turniertänzerin

Diana Schwuchow war 21, als sie ihren Bachelor für Maschinenbau mit einem guten Abschluss in der Tasche hatte. Doch im Berufsleben bei ihrem ersten Arbeitgeber fühlte sie sich nicht wohl. „Es war nicht meine Erfüllung“, sagt sie heute. Bei Kaufland war die Situation anders: Gleich nach dem Abitur hat sie als Aushilfe in der Drogerieabteilung angefangen und dann nach und nach die anderen Abteilungen kennengelernt. Ihr gefällt der Teamgeist: „Bei Obst und Gemüse beispielsweise packen alle Mitarbeiter morgens früh mit an.“ Als ihr damaliger Chef vorschlug, sie könne dual bei Kaufland studieren, hat sie nicht lange gezögert. Schon während des Handelsstudiums hatte sie Führungsverantwortung. Jetzt arbeitet sie im zehnten Jahr bei Kaufland, aktuell als Hausleiterin der Filiale in Plauen-Haselbrunn (6.700 qm Verkaufsfläche, 100 Mitarbeiter).

„Ich konnte mich in jeder Filiale weiterentwickeln.”

In dieser Zeit hat sie verschiedene Standorte kennengelernt, Urlaubsvertretungen übernommen und sich „in jeder Filiale persönlich weiter entwickelt“. Ihr nächstes Ziel heißt: Verkaufsleiterin. Dann würde sie in der Anfangszeit sechs bis neun Filialen betreuen und in erster Linie mit den Führungskräften vor Ort arbeiten. „Eine spannende Sache“, sie ist schon für das entsprechende Förderprogramm eingetragen. Schade findet sie, dass ihr Hobby derzeit auf Eis liegt: Tanzen. Mit ihrem Bruder Dominic ist Diana Schwuchow mehrfache Landesmeisterin im Turniertanz (Latein). Die Auszeit liegt weniger an ihr als an ihrem Bruder: Er absolviert ebenfalls ein Duales Studium bei Kaufland, derzeit ist sein Standort allerdings Heilbronn.

Serkan Vural

Real, Weilheim

  • Realschulabschluss
  • Erste Ausbildung
    abgebrochen
  • Heute Teamleiter

Oh je, die Pubertät ! Heute, im Alter von 25 Jahren, spricht Serkan Vurkal offen darüber: „Mit 16 waren Freunde oder Fußball interessant für mich. Schule nicht.“ Mit dem Realschulabschluss in der Tasche machte er eine Ausbildung zum Maler und Lackierer, „eine Notlösung“, wie er rückblickend kommentiert. Als der junge Mann mit türkischen Wurzeln dann bei schlechtem Wetter frierend auf einer Baustelle stand, fasste er den Entschluss, Gas zu geben. Nach zwei früheren Schulpraktika im Handel war er sich sicher: Handel ist genau mein Ding. Er bewarb sich bei Real in Weilheim (5.800 qm Verkaufsfläche, 90 Mitarbeiter). „Seinem Real-Markt“, wie Vural sagt, denn auf der Wiese nebenan spielte er mit seinen Freunden seit seiner Kindheit Fußball.

„Von der Nonfoodabteilung in die Frische? Man muss flexibel sein!”

Dabei startete er in der Nonfood-Abteilung, auch nach seiner KiE-Prüfung blieb er dort, mit einem Abstecher in die TK-Abteilung. Letztes Jahr konnte Vural das Teamleiter-Programm absolvieren, gleichzeitig musste er zwei Führungskräfte vertreten, die länger ausgefallen sind. Also hieß sein neues Betätigungsfeld „Frische“, alles außer Fleisch und Fisch (Obst, Molkerei, Hausbäckerei), abends hat er Warenkunde-Bücher durchgearbeitet. Mittlerweile kennt er sich beim Obst schon ganz gut aus, er lernt aber noch jeden Tag dazu. „Man muss flexibel sein“, sagt er, und nicht nur, weil er in ein paar Jahren Geschäftsleiter werden möchte, „ist der Frische-Bereich enorm wichtig“. Serkan Vural hat Freude an der Arbeit im Handel. Und er ist seinem damaligen und jetzigen Chef Kami Azghandi dankbar, der ihn als „jungen Wilden“ akzeptiert und begleitet hat.

Johannes Ziegler

Tegut, Fulda

  • Groß- und Außenhandels-
    Kaufmann
  • Engagiert in der JAV
  • Duales Studium

„Nach der Realschule wollte ich eigenes Geld verdienen“, erzählt Johannes Ziegler. Mehrere Ausbildungsbetriebe wollten ihn haben, er hat sich für die Tegut-Zentrale in Fulda entschieden und dort Groß- und Außenhandelskaufmann gelernt. Dabei kam er gegen Ende der Ausbildung in den Filialeinsatz. Das hat dem 21-Jährigen so gut gefallen, dass er auf der Fläche weiterarbeiten wollte. „Ich habe das Aktive für mich entdeckt“, sagt er, „die körperliche Arbeit, das Laufen, die Action, das macht mir Spaß“. Seit Sommer 2016 absolviert er das „Tegut-Studium“, wie die duale Fortbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt intern genannt wird. Ziegler besucht eine private Handelsschule in Fulda, für seinen Praxiseinsatz ist er in der Filiale Emaillierwerk beschäftigt (2.620 qm Verkaufsfläche, 25 festangestellte Mitarbeiter).

„Freundlich, Kommunikati und immer gut gelaunt.”

Schon seit seiner Lehre engagiert sich Johannes Ziegler in der Jugend- und Auszubildendenvertretung im Unternehmen. Damit verbunden, besucht er regelmäßig die Vorbereitungskurse der „Lernenden“, wie die Azubis bei Tegut heißen. Er informiert dort über rechtliche Regelungen und steht als Ansprechpartner bei Problemen zur Verfügung. Ihm persönlich ist es wichtig, dass Gemeinschaft in einem Team gelebt wird.

Er bezeichnet Freundlichkeit als „wichtiges Gut“, das als Türöffner dient. „Auch wenn man persönlich einmal keinen guten Tag hat“ bleibe er höflich und kommunikativ.

Wo er sich in fünf Jahren sieht? Gerne als Geschäftsführer einer Filiale, dann könne er auch seine Führungsqualitäten unter Beweis stellen.

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