Markttest Das knackt

Diese Abteilung sorgt für Stimmung: Sie ist das Entree eines modernen Ladens, hat häufig Marktplatzcharakter, sorgt für Entschleunigung und weckt Kauflust. Aber nur, wenn alles stimmt. Welche Obstabteilung überzeugt mit Präsentation, Übersichtlichkeit, Attraktivität, Service, Frische und verkaufsstarkem Personal? Die LP macht den Test.

Montag, 17. April 2017 - Management
Silvia Schulz
Artikelbild Das knackt
Immer frisch: Feiner Sprühnebel sorgt hier dafür, dass empfindliche Gemüse wie Brokkoli knackig bleiben.
Bildquelle: Mirco Moskopp, Getty Images

Warum die Obstabteilung? Die Obstabteilung befindet sich üblicherweise am Beginn des Kundenlaufs. Sie ist das Aushängeschild des Marktes, das Appetithäppchen. Vergleichbar mit dem Amuse-Gueule im Restaurant. Im Supermarkt ist sie der Gruß des Händlers an den Kunden. Schmeckt er, wird der Kunde den Markt betreten und kaufen. Hier verbringt der Kunden also die entscheidende Zeit, in der er die „Sympathiepunkte“ vergibt.

Unser Test besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil steht die Präsentation der Obst- und Gemüseabteilung im Fokus. Im zweiten Teil geht es um die Königsklasse: den Kundenkontakt. Für den besseren Überblick haben wir vier Rubriken definiert: „Auf einen Blick“ (Kriterien wie Zugänglichkeit, Übersichtlichkeit, Ordnung, Sauberkeit kommen hier zum Tragen), „Im Detail“ (Raumaufteilung, Warenanordnung, Verpackungsmittel, Informationen, ...), „Im Kontakt“ (persönlicher Kontakt und Beratung) und „Im Einklang“ (Mitarbeiterauftritt, Organisiertheit).

Damit nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden, beschränkte sich der Test auf die Großfläche in den drei Großstädten Berlin, Hamburg und Köln. Unter die Lupe genommen wurden das Edeka-Center in der Hamburger Rindermarkthalle, das Rewe-Center unweit des Altonaer Bahnhofs, Kaufland in Berlin-Köpenick, Real in Berlin-Wedding, Globus in Köln-Marsdorf und Hit in Köln-Braunsfeld. Also Einkaufsstätten, die vermuten lassen, ähnlich groß und sortiert zu sein und deren Kunden Städter sind. Wie immer ist auch dieser Test nur eine Momentaufnahme. Aber genau diesen Moment erlebt der ganz normale Kunde bei seinem Einkauf. Statistisch gesehen ist ein Test wie ein Bikini: Er zeigt viel, aber nicht alles, ist deshalb nur ein Mittelwert. Und der Mittelwert kann an einem Ort Schnee und Matsch und an einem anderen viele Frühlingsblüher bedeuten.

Was Kunden erwarten ...
  • ... hat Thomas H. Jachens in seinem Buch „Professionelles Verkaufen“ beschrieben:
  • vom Verkäufer ernst genommen zu werden
  • anerkannt zu werden
  • Komfort zu haben
  • Aufmerksamkeit zu haben
  • gut gelaunte und freundliche Verkäufer zu haben und
  • willkommen zu sein.
  • Produktkenntnisse und Kompetenz setzt der Kunde selbstverständlich voraus. Aber die Entscheidung, genau diesen Markt zu besuchen und einzukaufen,diese Entscheidung fällen Kunden aus den oben genannten Gründen.

Auf einen Blick
Der erste Eindruck entscheidet über Einkauf oder Nicht-Einkauf. Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Er beeinflusst alles Weitere. Der erste Eindruck ist nicht immer der stimmende, aber immer der bestimmende. Auf den Test bezogen heißt das: Lädt die Abteilung zum Kaufen ein? Ist alles überschaubar? Ruft die Ware: Kauf mich?

In zwei der besuchten Märkte (Real und Globus) hatten es die Tester schwer. Denn hier befindet sich die Obst- und Gemüseabteilung an der Stirnseite des Marktes. Sozusagen am anderen Ende der Warenwelt, ist sie den Bedientheken vorgelagert. Für den Kunden werden Obst und Gemüse, Fleisch, Wurst und Käse sowie Fisch und Backwaren kompakt angeboten. Gut so, möchte man sagen. Aber der Kunde, auf dessen Einkaufszettel nur Obst und Gemüse steht, ist frustriert. Denn zuerst muss er den Nonfood-und Food-‧Bereich inklusive Angeboten passieren. Was oft einem Hindernislauf gleicht, denn auch auf der Hauptachse werden Waren über Waren (Real) platziert. Und auch wenn es so geordnet zugeht wie im Globus: Der Weg zu den Frischebereichen ist weit. Das beeinflusst den Kunden, ob er will oder nicht. Denn wie aus dem Neuromarketing bekannt, wirkt alles, was der Kunde sieht, hört und erlebt auf ihn. Nicht auf alle gleich und nicht immer sofort, aber es hinterlässt Spuren.

Sieht man von Kaufland einmal ab, so ergab der Test in dieser Rubrik ein ziemlich homogenes Bild. Der Durchschnitt: 80 Prozent. Spitzenreiter war Rewe. Auf den Plätzen folgten Hit, Edeka, Real und Globus. Bei Kaufland konnte von „Alles auf einen Blick“ nicht die Rede sein, denn die Mittelregale waren – ohne Maßband – und ohne Ware gewiss 1,40 m hoch. Da haben es kleinere Kunden schwer. Atmosphäre, die zum Schauen, Verweilen und Kaufen einlädt: bei Kaufland Fehlanzeige.

Salatbars sind nahezu Standard. Allerdings haben nicht alle Salatbars ihren Platz in der Obstabteilung. Bei Edeka hätten die Tester nicht erwartet, die Salatbar mit den frischen Salaten aus der Schnibbelküche viele Regalreihen später zufällig zu entdecken, zumal für die Saftpresse in der Obstabteilung Platz war. Die Testkunden wären für einen Hinweis auf die an hinterer Stelle platzierten frischen Salate dankbar gewesen. Globus überraschte die Tester mit einer präsenten und appetitlichen Salatbar. So geht Kundenverführung. Nur bei Kaufland suchten die Tester nach vor Ort frisch hergestellten ‧Salaten vergeblich.

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Bild öffnen Immer frisch: Feiner Sprühnebel sorgt hier dafür, dass empfindliche Gemüse wie Brokkoli knackig bleiben.
Bild öffnen Mittagessen to go: Die Salatbar ist schon fast ein Muss – allerdings ein pflegeintensives.
Bild öffnen Exoten im Sortiment? Sie verlangen nachInszenierung und Erklärung.