Interview mit Manfred und Jens Gebauer Instinkt und Intelligenz - Interview mit Manfred und Jens Gebauer: Teil 3

Es gibt Eigenschaften, die im Prinzip jedem, besonders aber Kaufleuten zum Erfolg verhelfen können. Sehen kann man das am Beispiel von Edeka Gebauer mit derzeit sieben Standorten und Sitz in Göppingen.

Dienstag, 14. März 2017 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild Instinkt und Intelligenz - Interview mit Manfred und Jens Gebauer: Teil 3
Bildquelle: Viktor Smidt

Haben Sie noch eine Anekdote aus dem wirklichen Leben?
Manfred Gebauer: 1986 hatten wir im Sommer heftiges Hochwasser. Der Heubach an der Dieselstraße in Göppingen war zum großen Fluss geworden, das Wasser floss auch in den Keller unserer Filiale. Dummerweise lagerten dort gerade 20 Paletten mit Wegwerf-Windeln mit Auslaufschutz. Da konnte man sehen, wie die funktionieren (grinst). Heute lache ich, aber damals war mir nicht zum Lachen. Jedes Paket wog nämlich nach der „Beladung“ so 50 bis 60 Kilo. Das war kein Spaß. Und was so ein Wasserschaden bedeutet, muss ich ja auch nicht erklären. Aber man lernt und baut dann anders.

Wie sehen Sie die Zukunft? Ant-worten Sie einfach auf Stichworte. Erstens: Standorte.
Jens Gebauer: … müssen sich rechnen. Langfristig. Selten verdienst Du vom Start an Geld. Das hängt mit Standort- und Betreiberqualität zusammen.

Eigenmarke.
Manfred Gebauer: Wir haben da keine Wahl. Damit differenzieren wir uns. Und damit meine ich unsere Eigenmarke „Gebauer’s“. Das sind 300 qualitativ hochwertige Produkte, 50 davon absolut top. Wir machen bereits 1 Mio. Euro Umsatz damit. Die gute Eigenmarke wird weiter gewinnen.

Marke.
Jens Gebauer: Unverzichtbar. Aber Marken bei Aldi und Lidl nehmen uns Umsatz weg. Das müssen wir kompensieren. Mehr Nischenanbieter bekommen ihre Chance. Markenanbieter, die zur Zweitmarke werden, graben sich das eigene Grab. Dennoch: Verbraucher, die Prestige und Image kaufen und genießen, sorgen auch für die Zukunft der Marke.

Online.
Jens Gebauer: Man könnte natürlich sagen: Wer braucht das bei der Ladendichte in Deutschland? Aber es wird kommen. Interessant wird es da, wo es nicht um 5 Euro geht, hochpreisige Ware, sperrige Ware, große Gebinde.

Amazon.
Jens Gebauer: Die brauchen mit Lebensmitteln kein Geld zu verdienen. Die denken ganzheitlich. Wie wäre es, wenn Rewe und Edeka auch so denken würden?

Discount.
Manfred Gebauer: Wird immer mehr zum Supermarkt.

Globalisierung.
Jens Gebauer: Dass Edeka nur in Deutschland im Vertrieb aktiv ist, ist ein Manko. Beim Einkauf ist die Globalisierung ja auch längst eine Selbstverständlichkeit.

Manfred Gebauer ist 74 Jahre alt, das Loslassen vom Geschäft fällt ihm nicht leicht, aber er geht es heute schon ruhiger an. Der neue Standort Salach beschäftigt ihn noch sehr. Aber seinen Vorlieben Garten, Mallorca, Boot fahren oder Angeln („Fliegenfischen“) will er jetzt doch öfter mal frönen. Auf eins will er aber nicht verzichten:

den täglichen „Briegel“ – ein großes Brötchen mit Fleischkäse und Gurke. Isst er seit 50 Jahren.

Und was wird beim 60-jährigen gefeiert?
Manfred Gebauer: Der gelungene Generationenwechsel. Funktionierende Konzepte auf der Großfläche. Gute, anständig behandelte und bezahlte Mitarbeiter.

Jens Gebauer: 120 Mio. Euro Umsatz. Die Einheit von Gastronomie und Handel. Einen weniger harten Wettbewerb, Spreu trennt sich vom Weizen. Und dass wir im Online-Handel mitreden (lacht).

Manfred Gebauer: Komm, erzähl von Deiner Vision …

Jens Gebauer: Na gut. Wir werden als Vollsortimenter ein Rund-um-Sorglos-Paket bieten. Jede Dienstleistung im Kontext Lebensmittel ist denkbar. Wir beraten in Lebensfragen, kontrollieren Blutwerte, versorgen mit Vitaminen, geben Tipps für die Ernährung, bieten an. Und verkaufen frische, regionale, nationale und internationale Produkte auf höchstem Niveau. Und das autonom fahrende „Google“-Auto wird immer öfter vom Kunden zum „Einkaufen“ an eine unserer „abholen.de“-Stationen geschickt