EuroShop Show der Visionen

Die Welt des Handels ist im Umbruch. Im Lebensmittel-Einzelhandel sind die Veränderungen jedoch noch weniger spürbar. Aber auch hier wird die Bedeutung des E-Commerce zunehmen. Die Messe Euroshop zeigt, mit welchen Technologien und Investitionen sich der stationäre Handel darauf vorbereiten kann.

Donnerstag, 16. Februar 2017 - Management
Martin Heiermann
Artikelbild Show der Visionen
Bildquelle: Carsten Hoppen, Messe Duesseldorf / ctillmann

Sie ist ein wichtiger Gradmesser dafür, wie sich der Handel künftig weltweit entwickeln wird: die Internationale Leitmesse für den Einzelhandel, die Euroshop. In diesem Jahr sind die Messehallen in Düsseldorf vom 5. bis zum 9. März Treffpunkt.

Natürlich wird es dort um die Themen der Zukunft gehen. Wie wird der Einzelhandel, insbesondere der Lebensmittel-Einzelhandel, in fünf oder in zehn Jahren aussehen? Die Düsseldorfer Euroshop ist ein Indikator dafür.

Inhaltlich wird es um neue Handelstechnologien, um die Digitalisierung, aber auch um Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gehen, denn diese Fragen beeinflussen die Investitionsentscheidungen von Handelsunternehmen in erheblichem Maße. In Zusammenhang damit stehen beispielsweise Kälte-, Klima-, Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen. Oder auch, ob das Internet der Dinge Einzug in die Filialen hält. Und wie sieht es aus mit Smart Services für das Retail-Facility-Management?

Gegliedert ist die Euroshop in sieben sogenannte Erlebnis-Dimensionen. Alle Aussteller sind einem dieser Bereich zugeordnet. Die sieben Bereiche stehen unter den Überschriften: POP Marketing, Expo & Event Marketing, Retail Technology, Lighting, Visual Merchandising, Shop Fitting & Store Design sowie Food Tech & Energy Management. Ergänzt wird das Angebot durch Vortrags- und Diskussionsforen zu diesen Themenfeldern.

Wohlbefinden

Thomas Köpper hat in der Kassenzone seines Edeka-Marktes ein Lichtkonzept mit biologisch wirksamer Beleuchtung installiert, Human Centric Lighting (HCL) genannt. Eine neue Studie, die Oktalite Lichttechnik bei der EuroShop vorstellt, zeigt die Ergebnisse. Sie liegt der LP in Teilen exklusiv vor: Mitarbeiter an der Kasse – im Vergleich zu denen im Referenzmarkt mit LED-Beleuchtung – zeigen eine reduzierte Müdigkeit am Tage während der Schicht und eine erhöhte Entspannung am Abend. Das so gesteigerte Wohlbefinden der Mitarbeiter wirkt sich laut Studie unmittelbar auf die Servicequalität aus.

Doch im Vordergrund stehen für die Besucher in erster Linie die Aussteller selbst und das, was sie auf die Euroshop mitgebracht haben. In den Messehallen zu finden sind beispielsweise die Ladenbauer Aichinger und Umdasch.

Unter das Motto „Food on Stage“ hat Aichinger seinen Auftritt gestellt. Er soll den Anspruch des Unternehmens an die eigenen Einrichtungslösungen beschreiben. Mit technisch, hygienisch und ergonomisch durchdachte Produkten soll das Einkaufen zum Erlebnis werden. Neben Designlösungen präsentiert der Ladenbauer Produktneuheiten wie etwa das Kühlthekenmodul Set-Point. Mit niedrigem Glasaufsatz gleicht es optisch einer Schmuckvitrine. Des Weiteren wurde die Kühltheke Sirius3 durch neue Features ergänzt. Auch die SB-Salatbar Fresh-Maxx wurde einem Refresh unterzogen. Neu im Aichinger-Programm sind eigens hergestellte Klimavitrinen. Als Neuheit für den Gastronomie-Bereich zeigt der Hersteller seinen Rollengrill Roll’n’Grill, kurz: ROG.

Drei kompakte Turm-Skulpturen präsentiert Umdasch : Der Food- Tower beschäftigt sich vor allem mit den Themen Marktplatz, Getränke und Regionalität. Der zweite Turm des Trios zeigt das neue modulare Tischprogramm, genannt Vari-Table. Der Care- oder auch Wellness-Turm beschäftigt sich mit den Schwerpunkten Gesundheit und Schönheit. Auch hier werden in einem „Tower-Shop“-Format Inhalte auf verschiedenen Regalsystemen präsentiert. Ergänzt wird das Angebot durch die Themenfelder Premium Retail und Digital Retail, die am Messestand ausführlich abgebildet werden.

Erstmalig wird auch der Ladenbauer Kramer 2017 auf der internationalen Fachmesse präsent sein. Gezeigt werden die Kerngeschäftsbereiche Ladenbau Food und Kühlraumbau mit dem Spezialbereich addhome. Eine der Innovationen zur Euroshop wird die „Theke 2020“ sein.

Als Anbieter von Kühltechnik ist KMW mit dabei. Gemeinsam mit dem Partner Skill Software hat der Hersteller einen Prototypen im Bereich Predictive Maintenance entwickelt: Ein smartes Kühlmöbel, das vorbeugend Wartungsmeldungen an Verantwortliche kommunizieren kann. Auf diese Weise können mögliche Defekte am Gerät erkannt werden, bevor sie eintreten. Weitere Innovationen sind gekühlte Schließfächer als Kundenservice, energieeffizientere Tiefkühlmöbel und eine sparsamere steckerfertige Kühlmöbelserie für die flexible Kühlung.

Präsenz zeigt auch Pan-Dur . Auf dem Messestand ist erneut die Kühlmöbel-Designlinie Pure Cool zu sehen. Das Besondere daran: Die Verbindung von Sicherheits-Isolierglas mit energiesparender LED-Beleuchtung. Darüber hinaus zu sehen: Kühlmöbel integriert in Ladenbauelemente, abgestimmt auf konkrete Themenbereiche. Es gibt sie als Individual-Anfertigungen und als Serienkonzepte. Ein komplett neuentwickelter Produkt-Konfigurator ermöglicht eine optisch Darstellung der späteren Laden-Einrichtung bereits in der Planungsphase.


Angenehmes Raumklima
Um ein gut austariertes Klima nicht nur in der Kühltheke, sondern im gesamten Laden geht es Daikin . Energieeffiziente HLK-Geräte werden im stationären Handel immer mehr zur Basis für ein angenehmes Raumklima und die angenehme Kühlung. Ein entscheidender Faktor für Energie- und Kosteneinsparung ist jedoch der richtige Umgang mit dien Geräten. Auch das will Daikin leisten.

Um das Gebäudeklima und das dahinterstehende Energiemanagement kümmert sich Danfoss . Anlässlich der Euroshop lädt der Aussteller dazu ein, den sogenannten Smart Store zu betreten. Hier geht es um die Verbundtechnologien, wie etwa die mehrstufige Wärmerückgewinnung, Drehzahlregelung von Antrieben und über die innovative CO²-Ejektor-Technologie. Erlebbar wird auch, wie der Supermarkt mit einer Wärmerückgewinnungseinheit und einer Anbindung an lokale Smart Grids vom Energieverbraucher zum Energieerzeuger wird.

Wenn es um Energie geht, spielt selbstverständlich auch die Beleuchtung einen Rolle. In diesem Segment ist Bäro einer der wichtigsten Player. Eine Produktneuheit des Herstellers ist die Leuchtenserie XR. Die Strahler, Halbeinbau- und Pendelleuchten sind kompakt, verfügen über viele neue technische Merkmale, wie zum Beispiel die Hybrid-LED-Optiken mit Silikonlinse und Reflektor. Als weitere Innovation wird die Pendel-Flächenleuchte der TX-Serie präsentiert, die mit unterschiedlichen Lichtverteilungen arbeitet. Insgesamt stehen am Messestand die Themen Lichtfarben und eigenfarboptimierte Warenbeleuchtung im Fokus.

Um Licht und Atmosphäre auf der Verkaufsfläche geht es auch bei den beiden Partnern Ansorg und Vitra . Die Plaza der kleinen Stadt „The Village“ führt in fünf Shops, darunter ein Lebensmittelgeschäft. In jedem Laden spielt ein neues Produkt von Vitra eine Hauptrolle, Ansorg hat unterschiedliche, passende Lichtkonzepte entworfen. Die Läden sollen außerdem die Herausforderungen, die Retailer zurzeit beschäftigen, widerspiegeln. Es geht um Flexibilität oder die Verbindung von Serviceleistungen in der realen und der virtuellen Welt.

Vernetzte Waagen
„From farm to fork in a digital world“ – so lautet das Dachthema von Bizerba in Düsseldorf. Die Digitalisierung, so der Hersteller, erfordere das intelligente Zusammenspiel und die Vernetzung verschiedener Hardware- und Softwarekomponenten. Bizerba zeigt etwa die Schnittstellen-Software Retail Connect, die für die Integration von ERP-Systemen, Waagen und Auszeichnungsgeräten sorgt. Im Rahmen des Angebots „My Bizerba“ erwirbt der Kunde des Unternehmens künftig keine Hard- oder Software, sondern die Möglichkeit deren Nutzung. Dazu kann der Einzelhändler sich sein eigenes Portfolio aus Verfügbarkeit, Wartung und auch Lifecycle-Management selbst kombinieren.

Analyse in Echtzeit

Mit Implexis Analytics- Lösungen können Händler die Datenflut auswerten. Sie ermöglicht, aus den Echtzeit- Reportings verkaufs - fördernde Maßnahmen abzuleiten.

Und natürlich geht es während der Messe auch um Entwicklungen zum Thema Payment. Speziell für die Verarbeitung von größeren Bargeldvolumina zeigt Glory Neuzugänge der Cashinfinity-Produktfamilie. Mit dieser Lösung sollen die Bargeldprozesse des Handels weiter vereinfacht und nach individuellen Ansprüchen und Wünschen gestaltet werden können, sodass sich letztendlich die Wertschöpfung erhöht.

An ähnlichen Thema arbeiten beispielsweise Cardprocess und Verifone . Insbesondere für kontaktloses Bezahlen mit der Girocard und für das Online-Bezahlverfahren Paydirekt gilt Cardprocess als Pionier im Markt. Die Bezahlvariante basiert auf der drahtlosen NFC-Technologie. Auch die Technologie H5000 von Verifone ist nun bundesweit einsetzbar. Mit dem Hybridterminal haben Händler deutschlandweit die Möglichkeit, Zahlungen über Near Field Communication (NFC) mit der Girocard, dem meistgenutzten Zahlungssystem Deutschlands, zu akzeptieren. Die Freigabe durch die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) ist erfolgt. Nicht nur den Bezahlvorgang im Shop bildet Tcpos bei seinem Messeauftritt ab, sondern die gesamte Customer Journey. Sie startet bei der Einkaufsvorbereitung mit dem elektronischen Einkaufzettel, erstellt per App oder Tablet. Diese machen dem Anwender Vorschläge für weitere Artikel. Der nächste Kontakt passiert beim Eintreffen in der Filiale. Die Reise des Kunden endet erst mit dem vollständigen Abschluss seines Einkaufs.

Auch Fujitsus Market Place for Grocery bietet in Düsseldorf einen ganzheitlichen Blick auf den Kunden und sein Einkaufsverhalten. Die Omni-Channel-Anwendung für den Lebensmittelhandel ist für stationäre, mobile und Selbstbedienungskassen geeignet. Doch Fujitsu ist selbstverständlich nicht der einzige Technologie-Anbieter der Euroshop. Beispielsweise haben auch Wanzl, Bütema, Implexis oder Lancom den gesamten Kunden im Blick und begleiten ihn zusammen mit den Retailern auf seiner Customer Journey in die Zukunft des Einzelhandels.

Einfach in die Cloud

Mit der Management Cloud von Lancom können Netzwerke jeder Größenordnung zentral eingerichtet, verwaltet und überwacht werden – und das komplett automatisiert. Bislang aufwändige Prozesse, werden vereinfacht.


Gegen das Bauchgefühl

Lebensmittelhändler wollen keine Regallücken, aber auch möglichst wenig Abschriften haben. Zuweilen ein schmaler Grad. Abhilfe versprechen auf künstlicher Intelligenz basierende Lösungen.

Das mit den Vorhersagen ist so eine Sache. Meistens kommt dann die Realität dazwischen und macht Prognosen vollkommen zunichte. Das kann im Lebensmittelhandel zum Beispiel eine unerwartete Wetteränderung oder der plötzliche Ansturm auf einen bestimmten Artikel sein, oder die Intuition des Händlers, die ihn fälschlicherweise veranlasst hat, zu viel oder zu wenig Ware zu bestellen. Die Folge: Es entstehen plötzlich Regallücken oder hohe Abschriften, was sich negativ auf die ohnehin schon schmalen Margen im LEH auswirkt.

Im Spannungsfeld zwischen Aldi und Amazon können sich Supermarktbetreiber solche Fehlkalkulationen nicht mehr leisten, davon ist Michael Feindt, Gründer von Blue Yonder, überzeugt. Das Unternehmen hat Algorithmen entwickelt, mit denen u. a. die Warendisposition und die Preisgestaltung im LEH automatisiert und optimiert werden können. „Unsere Machine-Learning-Technologie ist in der Lage, aus historischen internen Daten wie Abverkäufen, Lagerbeständen und Preisen sowie externen Daten wie Wetter, Feiertagskonstellationen oder den Preisen der Wettbewerber Vorhersagen über den Absatz zu machen, in Form einer Wahrscheinlichkeitsverteilung“, erklärt Feindt. Das Bauchgefühl, nach dem laut einer Umfrage von Blue Yonder immerhin 52 Prozent der Führungskräfte im deutschen LEH noch disponieren, funktioniere einfach nicht mehr. Ebenso wenig wie das manuelle Festlegen der Preise, das noch 34 Prozent praktizieren.

Bei Tests mit der Blue-Yonder-Technologie bei der Disposition von Frischwaren in deutschen Handelsunternehmen sind nach Aussage von Feindt „die Abschriften um die Hälfte und Out-of-Stock-Situationen um den Faktor zehn reduziert“ worden.

Ralph Dausch, Mitglied der Geschäftsleitung bei Kaufland und dort für die Prozesskette Frischfleisch zuständig, lobt die Zusammenarbeit mit Blue Yonder. Die Prozesse seien „signifikant“ optimiert worden. „Im Ergebnis haben wir höhere Frische bei niedrigeren Abschriften – unter Beibehaltung guter Warenverfügbarkeit.“

Kaufland steuere in einem modernen Fleischwerk die Fleischdisposition, in dem aufgrund der Blue-Yonder-Prognosen auf Abruf geschlachtet wird. So brauche Kaufland dort kein Zwischenlager mehr, und es sei eine um einen Tag längere Haltbarkeit erreicht worden, erläutert Feindt, der am 22. Februar beim Deutschen Fleischkongress der Lebensmittel Praxis über automatisierte Fleisch-Disposition spricht. Eines ist für ihn klar: „In Zukunft werden Machine-Learning-Algorithmen die Gewinner von den Verlierern im LEH trennen.“ Schlechte Zeiten also für diejenigen, die noch auf ihr Bauchgefühl vertrauen.

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Bild öffnen Tcpos zeigt auf der Messe die ganze Customer Journey.
Bild öffnen Die Kühlmöbellinie Pure Cool von Pan-Dur setzt auf Design.
Bild öffnen Abschriften um die Hälfte, Outof- Stock um Faktor zehn reduzieren: Das können Händler mit Machine- Learning- Algorithmen laut Blue-Yonder- Gründer Michael Feindt erreichen.