Parken Platz da!

Stressfrei parken macht glücklich, sagen Experten, und Supermarktbetreiber wissen: Der Parkplatz ist ihre Visitenkarte. Dennoch gibt es angesichts der zunehmenden Zahl von Autos und Pendlern vor allem in Großstädten Konfliktpotenzial, dem mit Fingerspitzengefühl zu begegnen ist.

Montag, 07. November 2016 - Management
Nicole Ritter
Artikelbild Platz da!

Als unsere Redaktionskollegin im vergangenen Jahr die beeindruckend langen Theken im neu eröffneten Rewe-Markt von Ingo Istas in Köln-Rodenkirchen besuchte, wollte ihr der Kaufmann erst einmal das Parkhaus erklären. „Stimmt“, sagt Marktleiter Thibault Freytag, „wir haben vor drei Jahren viel in das Parkhaus investiert.“ Unter anderem wurde für gute Beleuchtung gesorgt, und dafür, dass die Kunden auf allen Parkplätzen auch von der Seite bequem mit dem Einkaufswagen an ihr Auto kommen.

Für selbstständige Kaufleute wie Istas ist die Fläche vor dem Laden ihre erste Visitenkarte: „Der Parkplatz als erster Eindruck des Marktes und als wesentlicher Faktor für einen stressfreien Einkauf hat für die Kundenzufriedenheit hohe Bedeutung“, bestätigt Andreas Prechtl, Edeka-Kaufmann mit drei Filialen in Oberbayern. Auch er hat sich vor der Erweiterung seines Marktes in Raubling viele Gedanken gemacht: „Wir haben die Parkbuchten im Eingangsbereich auf 2,80 m und in den entfernteren Reihen auf 2,60 m erweitert.“ Standardbreite ist – je nach Bauverordnung – üblicherweise 2,30 m. „Das ist aus unserer Sicht zu schmal“, sagt Prechtl. Die neueren Automodelle würden länger und breiter, die Kunden älter – bei 2,60 m haben sie es bequem. Komfort und Service für seinen Kunden: Darauf achtet auch Prechtls Edeka-Kollege Dirk Goerzen in Koblenz sehr genau. Er hat extra breite Sonderparkplätze für Behinderte, Familien und E-Autos farblich gekennzeichnet. Und der Platz ist für ihn nicht nur zum Parken da. Goerzen nutzt ihn auch für Aktionen wie ein Sommerfest oder Verkaufsaktionen. „Wir betreiben mittlerweile einen eigenen Stand mit regionalen Produkten wie Beeren, Kartoffeln und Spargel. Da kann man zu Saisonhöhepunkten bis zu 1.000 Euro Umsatz am Tag machen“, berichtet Goerzen. „Allerdings muss man in den Stand und die Mitarbeiter auch ständig investieren.“ Manchmal allerdings ist auch für Goerzen der Parkplatz ein Sorgenfeld, deshalb gibt es eine Kamera-Überwachung: „Das dient unserer Sicherheit, und wir wollen sehen, in welches Auto Diebe steigen.“ Das helfe auch der Polizei bei ihren Ermittlungen. „Außerdem haben wir fast wöchentlich einen Unfall auf dem Parkplatz.“

Eine hohe Wettbewerbsdichte, aber auch die zunehmende Zahl von Autos und Pendlern insgesamt führt zu einem Phänomen, das viele Einzelhändler beklagen: das Fremdparken. Manche gehen damit so gelassen um wie Andreas Prechtl: „Manchmal ist das ärgerlich, von einer Kontrolle parkender Autos nehmen wir aber Abstand.“ Andere machen Fotos, um Dauerparker zu entlarven. „Wenn es sich um Nachbarn handelt, kriegen die dann eine Nachricht von mir“, berichtet Dirk Goerzen. Fingerspitzengefühl ist auf jeden Fall hilfreich: „Unsere Erfahrung ist: Je umsichtiger wir in den Dialog gehen, desto nachsichtiger reagieren die Fremdparker auch“, berichtet Imke Sturm, Pressesprecherin der Berliner Bio Company. In der Großstadt mit ohnehin wenigen (oder oft gar keinen) Parkplätzen an den Filialen, sollen „die wertvollen Stellplätze für unsere Kunden zur Verfügung stehen“, dafür werbe man für Verstädnis und setze einen Dienstleister ein: die Fair Parken GmbH, die bundesweit etwa 200 Parkplätze bewirtschaftet.


Verständlicherweise nicht immer zur Freude von Kunden. „Eigentlich sollten ein Supermarkt-Parkplatz, ein Parkhaus oder eine Parkgarage immer kostenfrei für die Kunden sein“, findet der Berliner Rechtsanwalt Thomas Hollweck. Als Verbraucherschützer argumentiert er, der Kunde sei normalerweise gewohnt, dass ein Supermarkt-Parkplatz kostenfrei ist. „Da es sich um die Regel handelt, müssen Ausnahmen deutlich gekennzeichnet sein.“ Möchte der Einzelhändler also eine Parkplatzgebühr erheben, genüge ein verstecktes Schild, womöglich irgendwo hinter dem Gebüsch oder versteckt am Eingang, nicht. Seine Warnung an die Einzelhändler: „In vielen Fällen kommt es zu keinem Vertragsabschluss zwischen Kunde und privater Parkplatzkontrolle. Das liegt daran, dass die Schilder an der Einfahrt zum Parkplatz fast immer zu klein und unscheinbar sind, als dass sie der Autofahrer wahrnehmen kann.“ Er empfiehlt daher farbige Schilder rechts und links der Einfahrt, mindestens 1 m breit und 1,5 m hoch. „Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kommt es zum Vertrag mit der privaten Kontrollfirma.“ Und nur wenn auf die Nutzungsbedingungen (etwa das Auslegen einer Parkscheibe) deutlich hingewiesen wurde, darf auch eine Vertragsstrafe verlangt werden – in angemessener Höhe. Die beschreibt Anwalt Hollweck als „nicht mehr als maximal das Doppelte der städtischen Gebühr“.

Sahnehaube E-Tankstelle

10.000 Euro hat Edeka-Kaufmann Dirk Goerzen aus Koblenz in eineE-Tankstelle investiert: „Einer muss mit einer Veränderung ja anfangen“, sagtder Händler, der seit 2010 E-Autos in seinem Fuhrpark hat. Der Kaufmann aus Koblenz zählt damit zu denjenigen, die an die E-Zukunft glauben. Ähnlich das Fuldaer Unternehmen Tegut, das im Mai 2015 die erste Stromtankstelle in Marburg- Cappel eröffnete und kontinuierlich am Ausbau arbeitet. Und auch die Rewe prüft, wo E-Tankstellen sinnvoll in die Supermarktkonzepte zu integrieren sind.

Auch vor dem Abschleppen schreckt mancher Filialist nicht zurück. So heißt es aus dem Hause Kaufland streng: Fremd- und Dauerparker werden kostenpflichtig abgeschleppt. Bleibt noch die Frage: Wie wird man der „Parksünder“ auf dem eigenen Parkplatz überhaupt gewahr? Uli Vietor, heute Geschäftsführer des Spezialisten für Magnetfeld-Sensorik Mobilisis, erinnert sich noch an seine Studentenzeit: „Da haben wir noch Kreidestriche an die Autoreifen gemalt, um zu sehen, welche Autos in einer bestimmten Zeit nicht bewegt wurden“, erzählt er. Auch das „Gassenzählen“ durch den Azubi sei immer noch ein beliebtes Instrument, um sich einen Überblick über notorische Langzeitparker zu verschaffen. Als Spezialist für smarte Technologie hat er mit seinem Start-up-Unternehmen ein einfach zu installierendes System entwickelt, das es auch dem geplagten Einzelhändler ermöglicht, Dauerparker zu identifizieren. „Ein paar Schnitte im Asphalt, die mit Bitumen wieder verschlossen werden, Kabel und Sensoren verlegen“ – und dann digital den Parkplatz über einen Computer-Monitor, Tablet oder das Handy smart überblicken. „Jeder einzelne Parkplatz wird erfasst, das System zeigt auch an, wie lange ein Fahrzeug dort schon steht.“

Parkraum für die Dauer des Einkaufs frei zu überlassen, ab einer gewissen Dauer aber Gebühren zu verlangen, ist eine gängige Praxis vieler Filialisten. Rewe-Sprecher Andreas Krämer nennt es die „Ultima Ratio“, wenn dem Thema Langzeit- bzw. Fremdparkern nicht anders beizukommen sei. An den wenigen Standorten, wo sich die Rewe Group dazu entschlossen habe, werde dies von den Kunden positiv bewertet. Und auch Edeka-Mann Goerzen ist nicht abgeneigt, mit „seinem Parkplatz“ ein wenig Geld dazu zu verdienen. Allerdings nicht mit seinen täglichen Kunden. Er möchte vielmehr einige Parkplätze fest an fremde Unternehmen vermietet.

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