Round Table: Ausbildung So bilden wir besser aus! - Round-Table: Ausbildung Teil 2

Die geplante Neuordnung der Berufe stößt auf große Zustimmung im Lebensmittelhandel. Bei einem Round-Table-Gespräch der Lebensmittel Praxis wurde allerdings auch deutlich, wo derzeit Schwachpunkte in der Ausbildung liegen.

Freitag, 06. November 2015 - Management
Heidrun Mittler
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Bildquelle: Eilers

Auf einen Blick: Die geplante Neuordnung
Über zehn Jahre ist sie alt, die Verordnung, nach der die meisten Auszubildenden im Lebensmittelhandel ausgebildet werden. Wer als Berufsziel Verkäufer bzw. Verkäuferin oder Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel (KiE) hat, muss bestimmte Lerninhalte meistern und sich vorgeschriebenen Prüfungen stellen. Was gefordert wird, steht in der Ausbildungs-Verordnung. Genauer gesagt, handelte es sich zumindest in zwei Punkten bislang um eine Erprobungs-Verordnung, sie war also in der Testphase. Zehn Jahre sind eine lange Zeit, in der sich neue Trends entwickelt haben, man denke nur an den Online-Handel oder neue Sortimente wie vegane Produkte. Deshalb gehört die Verordnung auf den Prüfstand, damit man sie den aktuellen Entwicklungen anpassen kann. Genau das passiert gerade.

An einer solchen Änderung sind mehrere Interessengruppen beteiligt, angefangen vom Bundeswirtschaftsministerium über den Handelsverband bis zu den Gewerkschaften. Zunächst hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) eine Untersuchung durchgeführt und nachgefragt, wo der Schuh drückt. Dabei kamen Betriebe, Lehrer der Berufsschule, Industrie- und Handelskammern und nicht zuletzt Prüflinge zu Wort. Das Resultat, auf einen Nenner gebracht: Die Verordnung funktioniert gut, aber einige Punkte sollten verbessert werden.

Diese Verbesserungsideen werden in verschiedenen Gremien bearbeitet, federführend ist dabei der Handelsverband Deutschland (HDE). Wilfried Malcher, der im HDE die Neuordnung koordiniert und vorantreibt, hofft, dass alle Beratungen bis Mitte 2016 abgeschlossen sein werden. Dann kann die neue Verordnung zum 1. August 2017 in Kraft treten.

Was sind die wichtigsten geplanten Änderungen?
Die gestreckte Abschlussprüfung (GAP) wird nach ihrer Erprobung fest in die Verordnung des dreijährigen Berufsbilds Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel geschrieben. Konkret: Bei der gestreckten Abschlussprüfung für die Kaufleute gibt es keine klassische Zwischenprüfung mehr; die Ergebnisse von Teil 1 der schriftlichen Prüfung fließen unmittelbar in die Abschlussnote und das Prüfungszeugnis ein. Die schriftlichen Prüfungsbereiche von Teil 1 sind identisch mit jenen aus der Verkäuferprüfung.

Das hat Konsequenzen: KiE-Auszubildende, die im ersten Teil unter der geforderten 50-Prozent-Marke bleiben, können die Prüfung trotzdem bestehen, wenn sie im zweiten Teil die Noten ausgleichen. Und Prüflinge, die nach dem Verkäufer noch den Kaufmann machen wollen, legen keine Prüfung mehr doppelt ab.

Die Ausbildungsinhalte im zweijährigen Verkäuferberuf sind identisch mit den Inhalten der ersten beiden Ausbildungsjahre der Kaufleuteausbildung. Das macht es möglich, dass Verkäufer-Azubis mit guten Leistungen und ausreichender Motivation ein drittes Ausbildungsjahr absolvieren und dann die Kaufleute-Prüfung meistern. In diesem Fall, der häufig vorkommt, spricht man vom „Durchstieg“.

Geregelt wird auch der umgekehrte Fall, der „Rückstieg“. Er betrifft Auszubildende mit einem KiE-Vertrag, die aber wegen privater Gründe nur die Verkäuferprüfung absolvieren. Das betrifft nach Schätzungen 3 bis 4 Prozent aller Prüflinge.

Zu den Inhalten, die während der Ausbildung vermittelt werden: Die Untersuchung des BiBB hat ergeben, dass die Wahlqualifikationen grundsätzlich gut angenommen werden und den Bedarf decken. Eine Ausnahme macht die Qualifikation: „Grundlagen unternehmerischer Selbstständigkeit“, die von einem Großteil der befragten Betriebe nicht genutzt wird. Allerdings ist sie für die Azubis, die eventuell eine Selbstständigkeit anstreben, wichtig und unverzichtbar, daher bleibt es bei der Wahlqualifikation.

Anpassungen wird es bei der Wahlqualifikation „IT-Anwendungen“ geben. Sie wird geändert in das Wahlhandlungsfeld „E-Commerce anwenden“. Bei den Inhalten geht es insbesondere um das Online-Geschäft und Fragen der Digitalisierung. Sie soll unter anderem Azubis ansprechen, die auf der Fläche arbeiten, aber zudem auch Online-Bestellungen bearbeiten. Darüber hinaus arbeiten die Gremien an einem komplett neuen Berufsbild, dem Aus- und Fortbildungsberuf E-Commerce.

Die Formulierungen in den Ausbildungsrahmenplänen werden sich ändern. Bislang enthalten sie Lernziele. In der neuen Verordnung geht es um Kompetenzen, welche die Azubis im Lauf ihrer Ausbildung erwerben sollen. Dadurch kann man die Inhalte stärker an der Praxis orientieren.

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Bild öffnen „Es wäre wünschenswert, wenn die Auszubildenden Waren- und Verkaufskenntnisse besser verknüpfen könnten.“

Dr. Silvia Annen, BiBB
Bild öffnen „Die Anforderungen an Betriebe und für Prüfungen sollten klarer und stringenter formuliert werden.“

Wilfried Malcher, HDE
Bild öffnen „Mir ist es viel lieber, dass Azubis den Kohlrabi vom Radieschen unterscheiden können, als dass sie mir die Funktion der Lohnsteuerklasse 6 erläutern können!“

Olaf Stieper, Edeka Bildungswesen
Bild öffnen „E-Commerce ist ein wichtiger Punkt, auch fürs Image des Handels.“

Hannelie Bohnes, Real Personalentwicklung