Gastkommentar Einkauf kann Spaß machen – gern mit digitaler Unterstützung

Noch werden den Kunden im Lebensmittelhandel viele Hürden in den Weg zum Einkauf gelegt. Das kann sich ändern. Gastbeitrag von Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen.

Freitag, 25. September 2015 - Management
Hendrik Schröder

Melanie Mertens ist 36 Jahre alt und hat mit ihrem Partner zwei Kinder, 10 und 12 Jahre alt. Lebensmittel kauft sie an mehreren Tagen in der Woche, meist geht sie in zwei Supermärkte, einen Verbrauchermarkt, einen Discounter und einen Drogeriemarkt sowie in einige Fachgeschäfte. Melanie Mertens kauft nicht gerne Lebensmittel ein, sie muss planen und Einkaufszettel schreiben, die sie schon auch mal vergisst. Sie weiß nicht, ob sie alle Produkte dort bekommt, wo sie sie gern einkaufen möchte. Und da sind die vielen Sonderangebote, die es auch noch zu beachten gilt. Einkaufen macht ihr nicht Spaß, sondern kostet sie viel Zeit, Kraft und Nerven.

Dabei könnte doch alles ganz anders sein. Melanie Mertens kauft viele Produkte regelmäßig, meist dieselbe Marke, meist das gleiche Produkt. Es wäre schön, eine elektronische Liste all dieser Produkte zu haben, bei der sie für die nächste Woche nur anzuklicken braucht, was sie gern kaufen möchte. Und wenn sie dann noch zu Hause eine automatische Bestandsführung ihrer Produkte hätte, würde ihr mitgeteilt, welches Produkt sie wann nachkaufen muss. Melanie möchte aber auch Abwechslung haben, neue Produkte und neue Gerichte ausprobieren. Wenn sie zu Hause solche Vorschläge erhält, wäre es gut zu wissen, in welchem Geschäft sie welche Produkte erhalten kann.

Jetzt macht sich Melanie Mertens auf den Weg. Heute geht es erst in den Verbrauchermarkt, dann in den Discounter und zum Schluss zum Metzger. Die meiste Zeit wird sie im Verbrauchermarkt verbringen. Obwohl sie dort häufig einkauft, muss sie oft nach Produkten suchen, wenn mal wieder umgeräumt worden ist. Das kostet sie viel Zeit. Auch das Anstehen an der Käse- und Wursttheke dauert lange, wie auch das Warten an der Kasse. Meist gibt es in der Schlange, in der sie steht, ein Problem. Und wenn Melanie Mertens das Geschäft verlässt, mit vollbepacktem Einkaufswagen, dessen Inhalt sie in den Kofferraum ihres Autos umlädt, dann fragt sie sich, warum ihr eigentlich keiner hilft.


Alles, was sich Melanie Mertens und viele anderen Kunden wünschen, ist schon möglich, viele Techniken auch in der Praxis erprobt, wie z. B. in den Future Stores der Metro in Rheinberg (2003) und Tönisvorst (2008). Informationstechniken, wie RFID, NFC und Bluetooth, erlauben Erfassung und Austausch von Daten und machen Gegenstände zu intelligenten Dingen, zum Internet der Dinge. Was immer sich messen lässt, wie das Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums und das Unterschreiten von Mindestbeständen , kann Frau Mertens als Information erhalten und in ihr Kaufen aufnehmen. Informationen über die Händler, wie z. B. Produkte, Preise und Aktionen, fließen in Vorschläge ein, wo Frau Mertens welche Produkte kaufen kann. Sie kann als Randbedingungen angeben, welche Händler sie bei welchen Warengruppen bevorzugt und bei welchen Händlern sie bestimmte Warengruppen auf keinen Fall kaufen möchte. Sie kann Wochentage und Tageszeiten festlegen und sich einen Tourenplan entwickeln lassen, bei dem sie unter Berücksichtigung des Verkehrsaufkommens und des Kundenaufkommens in den Geschäften wenig Zeit verbraucht.

Die Wegeleitung setzt sich in den Geschäften fort. Ihr Smartphone führt Melanie Mertens auf den kürzesten Wegen zu den geplanten Artikeln. Sollte sie ein Produkt nicht im Regal finden, weil es ausverkauft ist, erhält sie die Information, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie diese Ware in einem weiteren Geschäft erhält, in das sie noch auf ihrer Einkaufstour gehen wird. In der Kassenzone braucht Melanie Mertens die Produkte nicht aus dem Einkaufswagen zu nehmen. Die in die RFID-Chips der Produkte eingegebenen Preise werden ausgelesen, die Rechnung kann sie kontaktlos bezahlen. Melanie Mertens hat noch zwei weiteren Möglichkeiten, die ihr das Einkaufen erleichtern können: Die eine heißt Click & Collect, die andere Online-Bestellung und Anlieferung. Es gibt mittlerweile viele Lebensmittelhändler, die diese Lösungen anbieten.

Programmiertes Einkaufen und Optimierung der Wegeführung – wo bleiben da die Spontankäufe? Folgende These: Wenn Melanie Mertens merkt, dass der Pflichtteil ihres Einkaufs deutlich entlastet wird, dann gewinnt sie Zeit und Kraft für die Kür, sie ist entspannter und offener für Neues und Abwechslung. Dann kann auch der Einkauf von Lebensmitteln Spaß bereiten.

Technik kann Menschen nur unzureichend ersetzen - aber beim Einkauf kann sie sehr gut unterstützen.

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