Interview mit Hannelie Bohnes Soziale Kompetenz und sensible Antennen - Teilzeit-Ausbildungen für junge Mütter

Wie kann man junge Frauen auf die Karriereschiene setzen? Hannelie Bohnes weiß aus eigener Erfahrung, wie man als Mutter von drei Kindern im Beruf erfolgreich sein kann. Ihre Ansichten zu Recruiting, Inklusion und Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Montag, 13. April 2015 - Management
Heidrun Mittler
Artikelbild Soziale Kompetenz und sensible Antennen - Teilzeit-Ausbildungen für junge Mütter
Bildquelle: Belz

Seit mehreren Jahren bieten Sie Teilzeit-Ausbildungen für junge Mütter an. Wie funktioniert das?
Gut, dass der Gesetzgeber die Möglichkeiten dazu verbessert hat. Wir können bei einer jungen Mutter mit Kind die Stundenzahl verringern. Die Arbeitszeiten können flexibel angepasst werden, so dass sie mit den Öffnungszeiten der Kitas vereinbar sind. Das bedarf der genauen Abstimmung zwischen der jungen Mutter und dem Geschäftsleiter und dem Ausbildungspartner, ist also wirklich individuell.

Ist die Teilzeit-Ausbildung ein Erfolgsmodell?
Auf jeden Fall! Selbstverständlich muss das Modell, wie schon gesagt, individuell mit der Auszubildenden und dem Ausbilder abgestimmt werden. Was die Mütter oft unterschätzen, ist, dass die Kinder natürlich älter werden und die Betreuung nicht weniger intensiv sein wird. Es ist nicht leicht für beide Seiten, Azubi und Ausbilder, diesen dynamischen Prozess mit einer strukturierten Ausbildung zu vereinbaren.

In den Schulen wird heftig über Inklusion gestritten. Sie beschäftigen seit Jahren junge Menschen mit Lernbehinderungen. Kann der Handel, kann Real Vorreiter beim Thema Inklusion sein?
Wir haben Azubis und etliche Mitarbeiter mit leichten Behinderungen. Bei der Einstellung handeln wir nach dem Motto: Passt die Person zu uns und ins Team? Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann sie bei uns eine Ausbildung machen, egal ob mit einer Lernbehinderung oder ohne.

Aber die Menschen mit Handicap brauchen doch besondere Betreuung…
Das ist keine Frage, es gibt u. a. das Modell der „assistierten Ausbildung“, die Integrationsämter unterstützen uns dabei. Wir wollen die Menschen dort einsetzen, wo ihre Stärken liegen. So kann beispielsweise eine Person mit einer körperlichen Beeinträchtigung vielleicht nicht im Lager arbeiten, aber doch sehr wohl einen super Service im Markt anbieten und die Kunden von Produkten überzeugen.

Sprechen wir über die Karriere speziell von Frauen. Wie viele Mädchen fangen eine Ausbildung bei Real an, im Verhältnis zu jungen Männern?
Die Quote beträgt etwa 60 zu 40 (Frauen zu Männern). Bei den Abiturienten liegt sie zurzeit sogar bei 80 zu 20.

Setzt sich dieser Trend bei den Förderprogrammen fort?
Bei den Teamleiter-Entwicklungsprogrammen sind noch viele Frauen vertreten. Aber bei den Programmen für angehende Geschäftsleiter sind Frauen unterrepräsentiert.

Was können Sie tun, damit mehr Frauen die Karriereleiter erklimmen?
Was wir schon abgeschafft haben, ist die Frage nach der unbegrenzten Mobilität. Wobei das auch für Männer wichtig ist, die eine Familie haben oder gründen wollen – wir achten darauf, dass Beruf und Familie miteinander vereinbar sind, indem beispielsweise ein Geschäftsleiter nur innerhalb der Region versetzt wird. Bei manchen jungen Frauen habe ich den Eindruck, dass ihnen oft der Mut fehlt, den nächsten Karriereschritt einzufordern. Junge Männer sind da direkter aufgestellt. Sie stellen sich erst gar nicht die Frage, ob sie den neuen Job „können“. Frauen hingegen möchten bereits zu 100 Prozent die Fähigkeiten haben, ehe sie eine neue Position antreten.

Dann bleibt noch das Thema Kinder und Kinder bekommen…
Eines der großen gesellschaftlichen Themen: Wie integriert man Frauen, wenn sie aus der Erziehungszeit zurückkommen? Sieht man die Erziehungszeit als verlorene Zeit an, oder als Kompetenzerweiterung in anderen Bereichen? Hinzu kommt: Ist es möglich, in einer Führungsposition Elternzeit zu nehmen? Einerseits sollen die Führungskräfte jung sein, um die Position zu übernehmen, andererseits ist Jungsein aber auch die Zeit zum Kinderkriegen. Es müssen Wege und Mittel gefunden werden, damit nicht nur Männer in den Führungsetagen Platz nehmen. Wenn der Vorgesetzte für dieses Thema keine Antenne hat, wird es schwierig.