Beacons Die neuen Leuchtfeuer am PoS zünden noch nicht

Sie werden als neues Wundermittel der Kommunikation am PoS gepriesen, sind im Vergleich zu anderen Technologien spottbillig – und kommen trotzdem nicht recht vom Fleck: die Beacons. Es gibt aber erste Projekte, auch im Lebensmittelhandel, die das Potenzial veranschaulichen.

Donnerstag, 12. Februar 2015 - Management
Susanne Klopsch
Artikelbild Die neuen Leuchtfeuer am PoS zünden noch nicht
Barcoo bietet mit „Barcoo Beacons“ einen Service an, bei dem Kunden u. a. unmittelbar vor dem Betreten des Geschäfts Rabattangebote erhalten können.
Bildquelle: Shutterstock, Barcoo, Online AG

Beacons (engl.: Leuchtfeuer) sind kleine Sender, die, im Laden verteilt, Kontakt mit dem Smartphone des Kunden aufnehmen und dann eine ganze Reihe von mehr oder weniger nützlichen Aktivitäten auslösen können. Sie werden unter anderem eingesetzt, um orts- und produktbezogene Werbebotschaften, Rabatt- und Couponing-Aktionen oder auch Produktinformationen aller Art, wie sie etwa Barcoo mit seiner App zur Verfügung stellt, auf Smartphones zu senden. Kunden können direkt am Regal Produktinformationen erhalten oder per In-Store-Navigation zum gewünschten Produkt gelotst werden. Händler können ihre Kunden beim Betreten des Geschäfts begrüßen und ihnen persönlich adressierte Informationen zustellen.

Hat ein Kunde die entsprechende App auf sein Handy geladen, dann registriert ihn die Software anhand einer vom Beacon gesendeten Kennung beim Vorbeigehen automatisch als Nutzer und aktiviert die Funktionen auf dem Handy.

Die Übertragung erfolgt über Kurzstrecken-Bluetooth, das sogenannte Bluetooth-Low-Energy (BLE). Vorteil für Konsumenten und Händler: Für die Informationsübermittlung ist keine Internetverbindung notwendig, nur ein Smartphone mit aktivierter BLE-Funktion und entsprechender App. Während Ende 2010 rund 14 Mio. Deutsche ein solches Gerät besaßen, waren es 2013 schon fast dreimal so viele – Tendenz steigend. Etwas mehr als 13 Prozent der Zielgruppe im Alter zwischen 20 und 65 Jahren haben ein Beacon-fähiges Betriebssystem auf ihrem Gerät installiert. Bei 1.000 angenommenen Besuchern pro Filiale und Tag sowie einer Laufzeit von 325 Tagen pro Beacon können in diesem Zeitraum circa 40.000 Kontakte in der Filiale erreicht werden, rechnet die Unternehmensberatung Mücke, Sturm & Company vor. Zudem kann das Ladengeschäft relativ preisgünstig mit Beacons bestückt werden. 5.000 Euro reichen aus, um ein mittelgroßes Kaufhaus auszustatten. Heruntergerechnet auf die Personen, die mit Beacons erreicht werden können, ergibt sich somit ein Kontaktpreis von etwa 12 Cent. „Aufgrund des geringen Preises pro Kontakt sowie einer Vielzahl von nützlichen Features für Händler wird sich die Beacon-Technologie in nächster Zeit rasch weiter im deutschen Handel verbreiten“, glaubt Achim Himmelreich, Partner bei Mücke, Sturm & Company.

Pionierarbeit im deutschen Lebensmittelhandel leistet die Aachener Familie Sütterlin. Mit der Eröffnung des Hit-Sütterlin-Marktes im März 2014 am Aachener Tivoli wurden die Kunden via Beacon-Technologie auf ihren Smartphones willkommen geheißen – wenn sie zuvor die kostenlose Hit-Sütterlin-App installiert hatten. „Wir haben viel Herzblut in den neuen Markt gesteckt und ihn nach neuesten Konzepten eingerichtet. Da will man natürlich auch in der Kundenkommunikation nicht hinterher hinken“, sagte Maximilian Sütterlin, der zusammen mit Vater Herbert und Bruder Benedikt das Unternehmen führt, bei der Eröffnung. Seitdem ergänzen die Beacons die vorhandenen Kommunikationsmittel wie Handzettel und Wochenwerbung. Die Beacon-Botschaften werden einmal pro Woche aktualisiert. Dabei legt Sütterlin Wert darauf, dass sie dem Kunden einen echten Mehrwert bieten. Schwerpunkte bilden denn auch Aktionen wie „Einen Kasten Cola kaufen, 2 Flaschen Zero gratis (plus Pfand)“ oder „Sparen mit Couponing bei Hit“ mit direkter Anzeige aktueller Angebote auf dem Smartphone.


Im November 2014 berichtete Maximilian Sütterlin während der Technologie-Tage des EHI in Köln über seine ersten Erfahrungen mit den Beacons. Zwar befinde man sich noch in der Testphase, sagte Sütterlin, aber es hätten sich vier interessante Vorteile der Beacon-Anwendungen herauskristallisiert. Der Händler kann den Nutzer direkt vor der Kaufentscheidung lokal ansprechen. Die eingesetzte Technik ist Standard, also ohne großen Aufwand zu betreiben. Der Inhalt der Botschaften kann schnell und einfach aktualisiert werden. Beacons funktionieren auch für den Kunden einfach und erfordern im Gegensatz zu QR-Codes (Scannen) keine eigenen Aktivitäten  „Finden Sie innovative Botschaften, die zu Ihrem Business passen, beispielsweise Nachhaltigkeit, gesunde Ernährung oder Gratisaktionen“, rät Sütterlin seinen Händlerkollegen. „Starten Sie mit einem kleinen Piloten. Gehen Sie nicht mit der Masse, sondern optimieren Sie Ihre Lösung in einer individuellen Lern- und Anpassungsphase.“

Betrieben wird die App mit der Software Prestige Enterprise von der Online AG. Sie ermöglicht es Sütterlin, einfach auf die App-Inhalte zuzugreifen und Änderungen selbst durchzuführen. So lädt er in der Software wöchentlich den aktuellen Handzettel hoch und kann auch andere Informationen schnell selber ändern. Maximilian Sütterlin nutzt eine ganze Reihe von App-Bausteinen, die Zusatzinformationen zu Produkten bieten und inhaltlich vom Content-Dienstleister BrandLogistics.NET gepflegt werden.

Die Anwendung von Beacons im Handel steht noch ganz am Anfang. Gleichwohl entwickeln Systemanbieter und Marketingexperten bereits fleißig Szenarien einer breitgefächerten Nutzung, die weit in den Alltag der Verbraucher hinein reicht. „Stellen Sie sich vor, auf Ihrem Mobilgerät steht Ihnen eine gemeinsam nutzbare, interaktive Einkaufsliste bereit, und jedes Familienmitglied kann die Liste füttern, sodass Sie jederzeit wissen, was zu Hause benötigt wird“, heißt es bei der französischen Firma Phoceis. „Sobald Sie sich während Ihres Einkaufs im Supermarkt einem in der Liste vermerkten Artikel nähern, erscheint dieser automatisch auf dem Display ganz oben. Relevante Sonderangebote zu diesem oder einem ähnlichen Produkt werden ebenfalls eingeblendet.“ Der „Shopping Companion“ von Phoceis ist eine Lösung, die solche Szenarien Wirklichkeit werden lassen soll.

Auch Barcoo, nach eigenen Angaben größter Produktguide Europas, ist seit knapp einem Jahr mit einer eigenen Beacon-Anwendung im Markt aktiv. Der neue Service „Barcoo Beacons“ erweitert die bekannte Verbraucher-App Barcoo. Als erster Partner wurde 2014 der Mymuesli-Laden in München mit der Technologie ausgestattet, weitere folgten. Ladenbetreiber können mit Barcoo Beacons ihre Filialen für einen Festpreis pro Monat Beacon-fähig machen. Dabei übernimmt Barcoo neben der Installation der kleinen Sendegeräte den gesamten technischen und organisatorischen Aufwand. Barcoos Lösung funktioniert nicht nur mit der reichweitenstarken gleichnamigen App. Einzelhandelsunternehmen können den Service auch mit ihren eigenen Apps nutzen.

Inzwischen binden Markenartikler Beacons in ihr Marketing ein. Ein aktuelles Beispiel ist die Kampagne von Milford Tee im Januar und Februar. Dafür wurden die Eingangsbereiche von 100 Lebensmittelmärkten, an denen Milford Tee mit 18/1-Plakaten wirbt, mit jeweils ein bis drei Beacons ausgestattet. Über die Barcoo-App erhalten Kunden unmittelbar vor dem Betreten des Marktes eine Nachricht und können Probierpakete gewinnen. Entwickelt wurde diese Kampagne gemeinsam von der Hamburger Agentur Initiative Media GmbH, der Werbeagentur Scholz & Friends, Barcoo und dem Spezialmittler It Works. „Wir nutzen die Beacons-Technologie primär, um unsere Offline-Kommunikation digital zu verlängern und um unsere Kunden direkt am PoS ein Extra anbieten zu können“, sagt Marcus Bunar, Marketing Manager für Milford. „Wir erwarten vom Einsatz aufschlussreiche Informationen über die Besucher- und Frequenzströme am PoS und wollen als erste Marke in unserem Segment testen, was der Einsatz der Technologie bringt.“

Initiative Media hat im Herbst 2014 eine Befragung zum Thema Beacons initiiert, an der sich 53 Marketingentscheider aus allen Branchen in Deutschland beteiligt haben. Elementares Ergebnis der Studie: Der Einsatz von Beacons ist aufgrund des hohen Potenzials für die Markenkommunikation grundsätzlich interessant. Er muss aber im Einzelfall geprüft werden und den Konsumenten einen Mehrwert bieten.

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Bild öffnen Viele Händler sehen die Beacon-Technologie als
zukunftsweisend an
Bild öffnen Barcoo bietet mit „Barcoo Beacons“ einen Service an, bei dem Kunden u. a. unmittelbar vor dem Betreten des Geschäfts Rabattangebote erhalten können.
Bild öffnen Der Mymuesli-Laden in München wurde als erster mit der Beacon-Technologie von Barcoo ausgestattet.
Bild öffnen Im Hit Sütterlin in Aachen werden die Beacon-Botschaften einmal pro Woche aktualisiert. Sie sollen dem Kunden einen echten Mehrwert bieten.