Ausbilder des Jahres 2014 Wegweisende Projekte für die ganze Branche

Wer außergewöhnlich gut ausbilden will, braucht ausgefallene Ideen. Anregungen zum Nachmachen geben die diesjährigen Kreativ-Cups des „Ausbilder des Jahres“.

Freitag, 12. Dezember 2014 - Management
Heidrun Mittler
Artikelbild Wegweisende Projekte für die ganze Branche
Bildquelle: Peter Eilers

So unterschiedlich die diesjährigen Kreativ-Cups auch sind – eines haben sie alle gemeinsam: Es handelt sich um Herzensangelegenheiten, im Kleinen wie im Großen. Beim Branchenwettbewerb „Ausbilder des Jahres 2014“ hat die Jury wieder ausgefallene Aktivitäten nominiert, welche die Ausbildung im Handel nach vorne bringen.

Das Herz tritt beim Projekt von Jenny Esslinger im wahren Wortsinn in Erscheinung. Die junge Ausbilderin im Kaufland Bad Dürrheim hat für Obdachlose gekocht und ihre Auszubildenden mit der eigenen Hilfsbereitschaft „infiziert“. Die Tegut-Lernenden haben sich mit ihrem grünen Fußabdruck beschäftigt und voller Begeisterung Aktionen ausgeführt, die helfen, den CO2-Ausstoß zu verringern. Mit vollem Elan und Einsatz wirbt die Rewe Region Mitte um Nachwuchs beim „Karriere-Check“.

Mit Sonderpreisen hat die Jury zwei Einsendungen ausgezeichnet – Aktivitäten und Kampagnen, die wegweisend für die gesamte Branche sind und eine politische Dimension aufweisen. So gibt der neue Ausbildungsgang „Frische-Spezialist/-in“ der Edeka klar die Richtung an den Frische-Theken an. Das Team von Edeka Hieber zeigt, wie junge Menschen aus Spanien erfolgreich integriert werden.

Preisverleihung: 1 Die Macher des Frische-Spezialisten. 2 Tanja Heim und Dieter Göwel, Karriere-Checker der Rewe Mitte. 3 Eva-Maria Eckart und Bernhard Vey, Tegut. 4 Jenny Esslinger, Kaufland, (r.) und LP-Redakteurin Heidrun Mittler. 5 Carolin Pfau, Hieber’s Frische Center, und LP-Chefredakteur Reiner Mihr.

 

Ausbildungsgang Frische-Spezialist
Idee
: Die Edekaner haben – wie alle Handelsunternehmen – große Schwierigkeiten, Nachwuchs für die Frischetheken zu finden. Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk oder Fleischer sind für immer weniger Jugendliche ein erstrebenswerter Beruf. Neben anderen Faktoren spielt das Image der Berufe eine Rolle, das (zu unrecht) oft als „einfach gestrickt“ und „hölzern“ daherkommt. Auch die Arbeit an der Fischtheke stößt auf Vorbehalte, es ist nicht einfach, diesen Arbeitsplatz jungen Menschen „schmackhaft“ zu machen.

Konzept: Die Edeka hat einen Ausbildungsgang konzipiert, der auf den bestehenden „Kaufmann im Einzelhandel“ aufsattelt. Somit nutzt man das positive Image dieses Berufs, das in den Werbemaßnahmen nicht nur der Edeka an erster Stelle steht. Die ersten rund 100 Auszubildenden sind am Start, sie werden bei ausgesuchten Einzelhändlern im Bundesgebiet ausgebildet und auf gleich zwei Abschlüsse in einer Ausbildung vorbereitet.

Umsetzung: Innerhalb von drei Jahren absolvieren die angehenden Frische-Spezialisten eine Zusatzqualifikation, die anschließend von der IHK Köln zertifiziert wird. Sie profitieren von 120 zusätzlichen praxisorientierten Seminarstunden. Der Blockunterricht konzentriert sich auf folgende Themen: Vitales Essen, Party, Gourmet, Menü und Fingerfood, wobei jeweils verschiedene Warengruppen eingebunden sind. Der Schwerpunkt liegt auf Frischware, aber auch auf beratungsintensiven Warengruppen wie Wein. Lerninhalte sind zum Beispiel: Einkauf, Marketing, Warenpräsentation, Beratung, Bedienung, Umgang mit Kunden. Der Ausbildungsgang wurde von Personalentwicklern aller Edeka-Regionen konzipiert. Olivia Scholz, Bildungsreferentin in der Hamburger Zentrale, koordiniert die Aktivitäten und wurde mit einem Kreativ-Cup ausgezeichnet.

 

Willkommen, spanische Azubis!
Idee
: In vielen südeuropäischen Ländern wie Spanien oder Portugal herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig sucht der Handel händeringend nach geeigneten Auszubildenden insbesondere für die Bedienungstheken. Die Bundesregierung will Jugendlichen aus Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit den Weg nach Deutschland ebnen und hat unter anderem das Förderprogramm MobiPro-EU installiert. Die praktische Umsetzung dieses Programms bringt große Schwierigkeiten mit sich.

Konzept: Das Team der Personalentwicklung der Hieber’s Frische-Center (neun Märkte, drei Kleinflächen, derzeit 120 Azubis) hat sich zum Ziel gesetzt, 29 spanischen und drei französischen jungen Menschen eine Ausbildung in Deutschland zu ermöglichen. Ungezählte Mitarbeiter in den Hieber-Märkten haben mit großem persönlichem Einsatz dafür gesorgt, dass die Spanier und Franzosen in die Marktteams integriert wurden. Sie haben den Neuen nicht nur geholfen, die deutsche Bürokratie zu überwinden. Vielmehr kümmert sich das Team der Personalentwickler gezielt um die Menschen im persönlichen Umfeld, angefangen von der Wohnungssuche bis hin zu den Freizeitaktivitäten. Unterstützt werden die Hiebers unter anderem durch IDEA, ein Sprachlerninstitut in Barcelona, und die Kaufmännische Berufsschule Lörrach, die eine eigene Schulklasse eingerichtet hat.

Umsetzung: Personalentwicklerin Carolin Pfau und Geschäftsführer Karsten Pabst sind neben den Marktleitern Ansprechpartner für die südländischen Auszubildenden. Sie freuen sich, dass nach einem Jahr rund 65 Prozent dieser Auszubildenden noch im Unternehmen sind. Carolin Pfau listet in ihrer Bewerbung übrigens auch Punkte auf, die beim ersten Mal nicht optimal gelaufen sind, und bei der Wiederholung des Projektes verbessert werden sollen.


Praktische Hilfe für die Ärmsten
Idee: „Es gibt nicht Gutes, außer, man tut es“, das sagte schon Erich Kästner. Jenny Esslinger,Ausbilderin im Kaufland Bad Dürrheim, hat gemeinsam mit Hausleiter Dietmar Grießinger ein soziales Projekt ins Leben gerufen. Ausgangspunkt war die 30-Jahr-Feier des Kauflands, an der auch 20 Gastazubis aus andere Filialen mitwirkten. Frau Esslinger, die sechs eigene Azubis betreut, ist bei ihrer Recherche auf die Wärmestube der AWO in Villingen-Schwenningen gestoßen. Hier bekommen wohnungslose und bedürftige Menschen ein günstiges Essensangebot. Die Ausbilderin hat einige Tage selbst dort als Freiwillige gearbeitet.

Konzept: Die jungen Menschen sollten eine soziale Aktion durchführen, bei der sie etwas Besonderes lernen, das sie später im privaten Leben begleitet.

Umsetzung: An drei Tagen haben zwei Azubis geholfen, das Mittagessen bei der AWO zuzubereiten. Sie haben dazu Lebensmittelspenden von Kaufland mitgebracht. Die Nachwuchskräfte waren nicht nur betroffen vom Leid und der Hoffnungslosigkeit einiger Hilfesuchenden, sondern haben anschließend eine Spendenkasse gebastelt, die sie am Eingang des Marktes aufgestellt haben. Dort haben sie Kunden von ihren Erfahrungen in der Wärmestube berichtet und 200 Euro eingenommen. Der Hausleiter hat über eine weitere Spendenaktion die Sammlung aufgestockt (insgesamt 3.000 Euro). Auch der Geschäftsführer der Region, Stefan Hoppe, war vor Ort. Kaufland Dürrheim will einen „sozialen Tag“ einrichten, in der Mitarbeiter der Zentrale karitativ arbeiten. Zudem wird ein Azubi pro Monat in der Wärmestube mit mitgebrachten Lebensmitteln kochen. Die Maßnahme bewirkt zwei Lerneffekte: soziale Kompetenz erwerben und Achtung vor Lebensmitteln (man will keine Lebensmittel vernichten ).

 

Sensibilisieren für Umweltthemen
Idee
: Wie bekommt man Jugendliche dazu, sich intensiv und nachhaltig mit dem Thema Ökologie auseinanderzusetzen? Die Antwort lautet: Indem man sie selbst Projekte entwickeln lässt – nicht etwa, fertige Konzepte liefert. Eva-Maria Eckart (Bereichsleitung Ausbildung) und AusbildungsreferentBernhard Vey aus der Tegut-Zentrale haben ihre Nachwuchskräfte motiviert, Projekte zu entwickeln, die den ökologischen Fußabdruck verringern. Besonders beachtet wurden die Aspekte Abfall und Luftverschmutzung. Die Lernenden (so heißen die Auszubildenden bei Tegut) sollten sich nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch mit den Problemen beschäftigen.

Konzept: Die Jugendlichen wurden sensibilisiert für Umweltthemen. Zwei Aspekte wurden besonders beachtet: Abfall und Luftverschmutzung/CO2. Innerhalb der Projekte sollten sich die Azubis theoretisch und praktisch mit den Problemen beschäftigen.

Umsetzung: Hier sind nur einige der zahlreichen Aktionen aufgeführt. Das Problemfeld Abfall wurde mit einem Projekt zu Stiften (Kugelschreiber, Filzstifte etc.) bearbeitet. Die Lernenden sammelten ausgediente Stifte. Unbrauchbare Stifte werden recycelt, das Recyclingunternehmen TerraCycle spendet dann zwei Cent pro Stift, der Erlös wurde von Tegut an die SOS Kinderdorf weitergegeben (bislang 250 Euro, 11.000 Stifte). Im Zusammenhang mit der Vermeidung von Abfall beteiligten sich elf Lernende an der Kampagne „Sauberhaftes Hessen“, sammelten und entsorgten Abfall rund um die Tegut-Zentrale. Thema gute Luft: Eine Projektgruppe hat 55 Apfelbäume gepflanzt, in einem Neubaugebiet in Fulda. Dabei hatten sie Unterstützung von zwei Gärtnern der Stadt. Das Ganze war mit einem Theorieteil unterfüttert, in dem ein Referent des „Global Marshall Plans“ über die Umweltsituation referierte.

 

Karriere-Check bei der Rewe Mitte
Idee
: Aufgrund rückläufiger Bewerberzahlen hat die Rewe Markt GmbH in Rosbach einen „frischen“ Weg gesucht, um Azubis zu rekrutieren. Man will die jungen Menschen für eine Ausbildung begeistern – auf originelle Weise, mit einer Sprache und Maßnahmen, die tatsächlich die Zielgruppe erreichen.

Konzept: Die Personalentwickler der Rewe Mitte haben den richtigen Dreh gefunden: Schon zum dritten Mal haben sie eine Veranstaltung mit Namen Karriere-Check durchgeführt, zuletzt im Februar 2014. Als prominentes Gesicht tobte sich Detlef D! Soost (Moderator und Star-Choreograph) auf der Bühne aus. Genauso wichtig ist, dass zahlreiche Rewe-Auszubildende (2014 waren es 35) bei dieser Veranstaltung als Ansprechpartner für die potenziellen Neueinsteiger zur Verfügung stehen.

Umsetzung: Eine Besonderheit, die man erwähnen sollte: Direkt vor Ort werden Praktikums- und Ausbildungsverträge vergeben. Die Schüler, nehmen an handelsbezogenen Spielen teil (in der Sprache der Zielgruppe heißt das dann „Challenges“). Hier nur einige Beispiele aus dem letzten Karriere-Check: Schüler räumen ein Regal nach bestimmten Vorgaben ein, puzzeln Transportwege aus, probieren den Kassiervorgang oder setzen sich mit verschiedenen Sortimenten auseinander. Außerdem können sie sich selbst weiterentwickeln: Sie profitieren, wenn sie vor Ort einen Eignungstest machen oder Gespräche mit Verantwortlichen aus der Personalentwicklung führen. Nicht zuletzt steht ein Fotograf samt Studio zur Verfügung, damit man ansprechende Bewerbungsfotos schießen kann. Was der Karriere-Check bringt? Immer mehr Abschlüsse: Im Jahr 2014 allein 32 Ausbildungsverträge, 107 Praktikumsplätze, 30 Interessenten. Die Bewerberzahlen bei der Rewe Mitte steigen w ieder, wie Dieter Göwel, Leiter der Personalentwicklung, betont.

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