Warenverkaufskunde Bio-Wein

Bio-Wein entwächst langsam aber sicher dem Nischendasein. Für den aktuellen Jahrgang gilt zudem eine neue Kennzeichnungsregelung.

Sonntag, 06. Oktober 2013 - Warenkunden
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Bio-Wein
Bildquelle: Shutterstock, Ecovin, DWI

Bio hat in den vergangenen Jahren einen Siegeszug im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel erlebt. Das gilt nicht nur für Obst, Gemüse, Fleisch und Käse, sondern zunehmend auch für Wein. Die Anbauflächen im Öko-Weinbau haben sich von 2006 bis 2011 in Deutschland mehr als verdoppelt: 6.900 ha Weinberge wurden 2011 ökologisch bewirtschaftet, das entspricht einem Anteil von rund 7 Prozent der Gesamtrebfläche. Zum Vergleich: Laut EU-Kommission werden Bioweintrauben auf etwa 2 Prozent der europäischen Weinanbaufläche kultiviert. Öko-Wein ist also hierzulande aus seiner anfänglichen Nische herausgetreten. Wie groß das Interesse ist, zeigte sich auf der Prowein in diesem Jahr, eine internationale Fachmesse in Düsseldorf. Erstmals präsentierten sich 2012 deutsche und ausländische Branchenverbände sowie Unternehmen mit dem Schwerpunkt Bio-Wein mit einem gemeinsamen Auftritt. Doch was zeichnet biologischen Weinbau im Gegensatz zum konventionellen aus?

Laut Deutschem Weininstitut ist das vordergründige Ziel beim Öko-Weinanbau ein ausbalanciertes Ökosystem. Das heißt, dass die Belastung der Umwelt möglichst gering gehalten werden soll. Das beginnt bei der Düngung, wo keine Mineraldünger sondern nur Humus, Kompost oder andere organischen Nährstofflieferanten eingesetzt werden und setzt sich beim Pflanzenschutz fort. Mit Pflanzenstärkungsmitteln wird versucht, die Widerstandsfähigkeit der Reben zu erhöhen. Um das Bodenleben und die Artenvielfalt in den Weinbergen zu erhalten, werden die Flächen zwischen den Reben begrünt. Nicht erwünschte Unkräuter werden ausschließlich mechanisch entfernt und nicht mit chemischen Herbiziden.

Rechtliche Grundlage für die Herstellung von Bio-Wein ist die EG-Öko-Verordnung. Sie legt fest, wie Bio-Trauben erzeugt werden müssen. Laut dieser Verordnung sind im Öko-Weinbau folgende Substanzen und Produkte nicht zugelassen:

Außerdem müssen alle zugesetzten Stoffe im Wein, die landwirtschaftlichen Ursprungs sind, aus ökologischem Anbau stammen. Das betrifft zum Beispiel Zucker und Traubenmostkonzentrat.

Für die anstehende Weinlese gilt für Biowein in ganz Europa zudem eine neue, einheitliche Kennzeichnung. Wie die Europäische Kommission im Februar 2013 mitgeteilt hat, können die Weinbauer neben dem EU-Biosiegel (oder einem anderen Siegel der Anbauverbände) auch den Begriff „ökologischer Wein“ (oder „Bio-Wein“) verwenden.


Im Vorfeld gab es ein Tauziehen um gemeinsame europäische Standards für die Herstellungsmethoden. Bisher existierten lediglich einheitliche Regelungen für die Arbeit im Weinberg, nicht aber die Verarbeitung im Keller. Von der EU festgesetzt wurden beispielsweise die Grenzwerte für die maximalen Schwefelgehalte, die im Vergleich zu den konventionell hergestellten Weinen leicht gesenkt wurden. Daneben wird auf einige Weinbehandlungsstoffe verzichtet und auch der Verzicht auf jegliche Gentechnik, etwa bei den Hefen, ist vorgeschrieben.

Pilzkrankheiten wie der Falsche Mehltau und der Echte Mehltau zählen zu den größten Feinden im Öko-Weinbau. Sie können eine ganze Ernte vernichten. Sogenannte interspezifische Rebsorten können aufgrund erfolgreicher Züchtungen gegenüber schädlichen Rebkrankheiten weitgehend resistent überleben.

Generell müssen Öko-Winzer ihre Reben besonders sorgfältig pflegen. Dazu gehört eine schonende mechanische Bodenbearbeitung. Gedüngt wird nur mit organischem und leicht löslichem Dünger, damit Boden und Grundwasser geschont werden. Auch der fachmännische Rebschnitt macht die Reben widerstandsfähiger gegen Pilzerkrankungen. Sehr wichtig ist zudem eine artenreiche Begrünung der Rebflächen. Viele verschiedene Pflanzen sorgen nicht nur für einen fruchtbaren Boden, sondern sie locken auch zahlreiche Insekten an, die wiederum für die Bestäubung wichtig sind. Es gilt, die Nützlinge zu fördern, damit sie die Schädlinge auf natürliche Weise in Schach halten. Die EG-Öko-Verordnung lässt außerdem bestimmte Pflanzenstärkungsmittel wie Gesteinsmehle und Silikate zu. All diese Maßnahmen sollen die Reben stärken, damit im Weinberg möglichst erst keine Krankheiten und kein Schädlingsbefall auftreten. Doch ganz ohne Schwefel und Kupfer kommt man selbst im ökologischen Weinbau nicht aus. Gegen den Echten und Falschen Mehltau dürfen auch Öko-Winzer Kupfer bzw. Schwefelpräparate in bestimmten Höchstmengen einsetzen. Schädliche Insekten bekämpfen Öko-Winzer mit natürlichen Wirkstoffen. Den Traubenwickler verwirrt man zum Beispiel mit Pheromonen. Das sind Duftstoffe weiblicher Tiere, die auf eine Rebfläche ausgebracht werden. Sie verwirren die männlichen Tiere, da sie die Weibchen nicht finden. So wird eine Fortpflanzung verhindert. Auch im konventionellen Weinbau hat sich der Einsatz der Pheromone bewährt.

Bio-Wein ist in der Regel etwas teurer als ein entsprechender Wein aus konventionellem Anbau. Das hat mehrere Gründe: Bei diesem Wein ist das Risiko für Ernteverluste schließlich höher. Besteht ein hoher Infektionsdruck durch pilzliche Krankheiten, leidet die Qualität der Trauben und die Ernte fällt geringer aus. Außerdem ist die Erzeugung von Bio-Trauben aufwändiger, weil der Boden mechanisch bearbeitet wird und das Einbringen organischer Dünger einen höheren Aufwand verursacht.

Im Handel platziert man Bio-Wein am besten bei den anderen Weinen und sortiert nach Anbaugebieten. Eine separate Präsentation ist nur bei breiten Bio-Sortimenten sinnvoll. Wer Bio-Wein kauft, ist in der Regel anspruchsvoll: Gute Beratung ist hier sehr wichtig. Den Absatz können Händler zudem mit Flaschenanhängern oder Auslobung im Handzettel ankurbeln. Empfehlenswert sind Aktionswochen mit anderen Bio-Lebensmitteln, die die Verbraucher gerne zum Wein genießen. Dazu gehören Käse, Fleisch, Spargel und Brot.


Bio-Siegel

Die „Fachversammlung Wein“ wurde 1993 auf der Basis eines Kooperationsvertrages zwischen dem „Naturland Verband für ökologischen Landbau e.V.“ und dem „Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter e.V. (VDP)“ gegründet. Sie ist ein Zusammenschluss von nunmehr 29 ökologischen Weinbaubetrieben. Laut Verband wird eine Rebfläche von 247 ha bewirtschaftet.

Seit seiner Gründung 1985 will der größte Verband ökologisch arbeitender Weingüter für mehr als die Erzeugung guter Weine stehen: So identifizieren sich Ecovin-Mitglieder mit Artenvielfalt, dem Respekt vor der Natur, mit Sinnhaftigkeit und Ästhetik. Der Verband unterstützt aktiv die Forschung im Bereich Pflanzenschutz und Rebsortenzüchtung. Professionelle Fortbildung im Ökoweinbau soll u.a. Winzer sensibilisieren, um kontinuierlich neue Mitglieder zu gewinnen.

47 Weingüter gehören dem deutschen Demeter-Verband an, weltweit gibt es 616 Demeter-Weingüter. Sie dürfen mit dem Demeter-Markenzeichen auf die biodynamische Qualität hinweisen, denn sie sind mit ihren Betrieben einem strengen Zertifizierungsprozess unterworfen, der die Anforderungen an den Bio-Weinbau noch übersteigt.

Zum Bioland-Verband gehören 155 Winzer. Diese bewirtschaften in der Pfalz, in Rheinhessen, am Kaiserstuhl sowie in Württemberg, Franken und Südtirol rund 450 ha Rebfläche. Den größten Teil ihres Weines vermarkten Bioland-Winzer direkt. Die Erzeugnisse sollen sich durch Aromafülle und eine gute Bekömmlichkeit auszeichnen. Ihr breites Wein- und Sektangebot wird meist durch Traubensaft und Weinbrände ergänzt.

Wissenscheck

{tab=Fragen:}

  1. Nenne mindestens zwei Aspekte der EG-Öko-Verordnung für Bio-Wein! 
  2. Wie kann ökologisch produzierter Wein ab der Ernte 2012 auch genannt werden? 
  3. Wozu werden die so genannten Pheromone eingesetzt?

{tab=Antworten:}

  1. keine gentechnisch veränderten Reben, Organismen und Derivate, keine chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, leicht lösliche Düngemittel 
  2. „Bio-Wein“ 
  3. Sie dienen dazu, den Schädling Traubenwickler zu verwirren. Er kann sich nicht vermehren.
Die Warenverkaufskunde erscheint reglemäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis. Wir danken dem Deutschen Weininstitut für die zur Verfügung gestellten Informationen.

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